"Restauration" Tair 3 Grand Prix Brussels 300 mm f 4,5
Hallo, liebes Forum,
Ich lese hier schon seit einiger Zeit still mit und habe nun nach dem Kauf einer Altlinse Bedarf an guten Ratschlägen.
Da dies hier mein erster Post ist, bitte ich also um Gnade :-) .
Ich habe über Willhaben einigermaßen günstig die Grand Prix- Version des Tair 3 erstanden und musste nach einer leichten Adaptation an Canon EF- per M42-EF Adapter erkennen, dass das Objektiv wohl schon einmal "restauriert" wurde.
Aber zuvor zu dem Objektiv im Allgemeinen: Abgesehen von deutlicher Staubablagerung innerhalb der Linsenkonstruktion ist das Objektiv (S.n. 652345) in erstaunlich gutem Zustand: Der Lack ist quasi unberührt und die Frontlinse ist bis auf minimale Kratzer außerhalb des Zentrums unbeschädigt.
Die Mechanik läuft sehr gut und bedarf mMn keine Nachbesserung.
Die Testfotos, die ich damit geschossen habe sind deutlich schärfer als mein die meines Vergleichsobjektivs Canon EF 100-300 mm f 4,5-5,6 USM - deswegen wollte ich folgendes Problem lösen:
Wie es bei der Adaptierung von Altglas scheinbar öfters der Fall ist, kann ich das Objektiv an meiner Kamera (EOS 700D) nicht auf "unendliche" Distanz fokussieren.
Beim Folgen einer Anleitung (YT: <yt-formatted-string force-default-style="" class="style-scope ytd-video-primary-info-renderer" style="color: var(--ytd-video-primary-info-renderer-title-color, var(--yt-spec-text-primary)); font-family: Roboto, Arial, sans-serif; font-size: var(--ytd-video-primary-info-renderer-title-font-size, 1.8rem);">Tair 3 (Таир-3) 300mm 1966 m39 - Disassembly , Lubricate , Assembly , Refurb</yt-formatted-string>) zum Zerlegen der Linse entdeckte ich zuerst: einige der Mikroschrauben haben kaputte Köpfe, einige davon sind außerdem scheinbar durch Messingschrauben ersetzt worden.
Diese musste ich lösen, um den Sockel des Objektivs zu entfernen und schließlich musste ich mangels anderer Möglichkeiten mit einem Proxxon Schleifgerät (wie Dremel) mit Feinfräskopf neue Kopfprofile in die defekten Schrauben fräsen um sie herausschrauben zu können. Eine Schraube musst eich gänzlich zerfräsen, da sie sonst nicht zu lösen war.
Als das getan war, versuchte ich, den Sockel herauszuschrauben und scheiterte. Er sitzt zu fest - auch ein Maschinenschraubstock (fixiert am Sockel selbst) hat nicht dabei geholfen, ihn abzudrehen.
Ich habe den Sockel dann mit Fotos dieses Objektivs im Internet verglichen und erkannt, dass der Sockel entweder ein anderer M42-Sockel ist, der hinzugefügt wurde, oder der zugehörige Sockel ist, der aber einerseits abgeschliffen (blank metallen) ist und scheinbar nicht gänzlich eingedreht verklebt.
(Ich kann noch den Beginn eines Gewindes erkennen)
Nun meine Fragen: gibt es Erfahrungen mit diesem Problem an diesem Objektiv?
Meine Ideen zur Entfernung des Sockels sind/waren:
a)Schraubstock und fest anpacken (Alle optischen Komponenten sind im entfernten Haupttubus, es betseht keine Gefahr, die Funktion des Objektivs zu beeinträchtigen)
- Abgebrochen - ich habe den Lack direkt unterhalb des Sockels beschädigt und es nicht geschafft, den Sockel zu entfernen.
b)Nachdem ich vermute, dass das Sockelgewinde innen verklebt ist, könnte ich den Kleber lösen
b)1)mit Lösungsmitteln löse ich eher allen Lack im Bereich, als zum Kleber zu kommen
b)2)Ich könnte das Gewinde erhitzen und hoffen, dass der Kleber innen durch Hitze gelöst wird - Heißluftpistole (Gefahr für den Lack) oder Lötpistole (100W) (möglicherweise nicht genug Wärmeübertragung um das Ziel zu erreichen.
Was denkt Ihr? Habt Ihr Ideen, wie ich das Problem lösen kann?
Liebe Grüße, L
P.S.: Ich würde Bilder posten, um das Problem zu illustrieren, habe aber noch nicht genug Posts verfasst, um das zu dürfen.
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"Problemfeld"
Hier 3 Bilder des Sockels. Er entspricht nicht dem auf anderen Exemplaren abgebildeten Sockel, der schwarz lackiert und seitlich geriffelt ist. Mittlerweile denke ich, dass ich das gleich hätte erkennen müssen, und damit wohl den Preis noch weiter hätte herunterhandeln können.
Der Kleber zwischen dem Innen- und Außengewinde muss hitzeunempfindlich und flexibel im ausgetrockneten Zustand sein, sonst wäre er durch die Heißluftpistole und das folgende Abschrecken gelöst worden oder brüchig geworden.
Die Mikroschrauben, davon speziell die, die aus Messing sind, werde ich teilweise ersetzen müssen.
Ich konnte auch einiges an Staub (sanft) aus dem Gehäuse entfernen. (Immer wieder überrascht mich, wie gering der Einfluss von Staub in Objektiven auf damit aufgenommene Bilder ist)
Derweil habe ich das Objektiv unverschraubt wieder zusammengefügt, damit ich morgen die 3D-gedruckten Adapter beurteilen kann.
LG
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hinnerker
Mit einer Drechselmaschine kommst Du da nicht weit... die ist für Holzbearbeitung.. :lol:
Bevor Du nun tatsächlich mit der Säge daran gehst, solltest Du eventuell doch mal nach einer feinmechanischen Werkstatt in Deiner Gegend gucken, die eine Drehbank haben.
Das Teil im Schraubstock einzuspannen, muss nämlich scheitern, weil Du nur von 2 Seiten Druck ausüben kannst mit den Schraubstock-Backen. Das bedeutet, Du verwindest den Tubus von einem Rund zu einem Oval mit der Folge, dass sich logischerweise nichts mehr drehen läßt.
In einer Werkstatt mit Drehbank kann man dieses Aluteil in ein Dreibackenfutter einspannen. Diese 3 Backen die dann im 120° Winkel zueinander stehen können mehr Druck auf das Werkstück ausüben, als die 2 Backen eines Schraubstocks. Ich würde erstmal diesen Weg gehen.
Sollte Dir das nicht gelingen, pack den Tubus ein, schick ihn her und leg das Rückporto bei. Eventuell auch gleich das Ganze Objektiv, dann kann man das alles sehr genau checken, da ich auch über einen digitalen Höhenmesser verfüge, mit dem man genau gucken kann, ob der Anschluss rundherum in gleichen Abständen sitzt.
LG
Henry
Drehbank also :-)
Danke für Dein Angebot, ich werde vorerst einmal aber warten, bis ich die Gewindelehre habe. Vielleicht kann ich auch in einer offenen Werkstätte in Wien eine Drehbank verwenden.
Ich kann innerhalb des Tubus das Gewinde vermessen, nachdem ein weiterer Tubus (querschnittsähnlich zur sensorseitigen Linse) im selben Gewinde wie das Aluteil verschraubt ist. Diesen kann ich, nachdem er nicht (!) verklebt ist leicht ausschrauben.
Bis jetzt hatte ich geplant, das Aluteil längs mit einer Bügelsäge 4-mal oder öfter einzuschneiden, um es dann mit einem Schraubstock zu falten. Evtl. würde ich die Schnitte mit einer Dreiecksquerschnittschlüsselfeile erweitern.
Die Sockelauflage hätte ich natürlich so geschnitten, dass sie zwischen den Faltpunkten keine zusätzliche Stabilität gäbe.
LG
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Lu3jKhy
Danke Dir für die genaue Anleitung; ich werde den Sockel so entfernen, insbesondere da ich glaube, dass er nicht ganz gerade sitzt.
Das 3D-gedruckte Teil wollte ich nur verwenden, um die richtige Entfernung Sockel-Sensor zu ermitteln und so mit weniger Trial-and-Error einen Metall-Adapter zurechtschleifen zu können. (Drechselmaschine hat in meinem direkten Umfeld keiner)
LG
So sieht der Objektivanschluss im Original aus M39:
Anhang 97032
LG
Michael
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Zitat von
Lu3jKhy
Danke sehr, hast du vielleicht die Möglichkeit, das Tubusseitige Gewinde zu vermessen? Ich warte noch auf meine Gewindlehre ;-)
Kannst du erkennen, aus welchem Material die Schrauben, die die Gewinde fixieren sind?
LG
Also: die 1,5mm Madenschrauben sind wie gewöhnlich aus Stahl, der rausschraubbare Ring aus Messing ist 18mm hoch, eine seite M39x1 Gewinde 5mm hoch, andere Seite M42x1 9,5mm hoch (Gewinde deckt nur die oberen 5,5mm ab). Der Mittelsteg ist 3,2mm dick, Aussendurchmesser 48mm Innendurchmesser 36mm.
Anhang 97087
LG
Michael
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Zitat von
mhiller
Also: die 1,5mm Madenschrauben sind wie gewöhnlich aus Stahl, der rausschraubbare Ring aus Messing ist 18mm hoch, eine seite M39x1 Gewinde 5mm hoch, andere Seite M42x1 9,5mm hoch (Gewinde deckt nur die oberen 5,5mm ab). Der Mittelsteg ist 3,2mm dick, Aussendurchmesser 48mm Innendurchmesser 36mm.
LG
Michael
Vielen Dank für die genaue Messung :-)
Ich warte noch auf die Gewindelehre, denke aber aufgrund Deiner Messung, dass ich mit einem M39-M42-Stück gut unterwegs wäre.
Ich habe den Sockel jetzt entfernen können und es war einfacher als ursprünglich gedacht. Er war tatsächlich, wie anhand der Schrauben darin zu erkennen war, zweiteilig - ich habe also zuerst Segmente mit Schrauben abgeschnitten und dabei auch parallele Flächen für den Schraubstock erzeugt.
Anhang 97089
Der Kommentar von Hinnerker war genau richtig - zuvor habe ich das Aluteil durch den Schraubstock genug verbogen, dass das Gewinde nicht mehr drehbar war.
Durch die parallelen Flächen konnte ich den Sockel einspannen, ohne zu großen Druck auszuüben und den Tubus dadurch mit einiger Mühe abschrauben.
Beim Sägen habe ich mir es natürlich auch nicht nehmen lassen, einen kleinen Lackschaden am Tubus zu verursachen. Ich packe einmal meine Ölfarben und den Glanzlack aus.
LG
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Danke wiederum für die super Idee - Ich dachte gar nicht an eine andere Lösung als ein neues Gewindeteil. Zwei der drei Schraublöcher sind noch völlig intakt, eines werde ich abdecken müssen und dafür ein Neues bohren. Vielleicht vergrößere ich es aber auch nur, um eine größere Schraube einfügen zu können. (Das wäre jedenfalls einfacher)
Die Gewindelehre ist jedenfalls heute Nachmittag angekommen und zeigt für das Innengewinde (Durchmesser = 39 mm) 1 mm Steigung/Umlauf an.
Mein 3D-Druck ist ein Gewindeteil, mit dem ich dann hoffentlich sehr genau (durch schrittweise Abtragung) die richtige Bajonettposition ermitteln werde:
Anhang 97110
Dabei werde ich den je nach sichtbarem Punkt zwischen 2,5 und 5 km entfernten Wienerwald verwenden - (Guide https://richardhaw.com/2017/10/21/re...alibration-12/)
Wenn ich das Objektiv auch für Fotos vom Mond und Sternenhimmel verwenden möchte, muss ich dann quasi über das weiteste für mich erkennbare Element im Bild hinaus noch Spiel haben?
Ich kann das Teil am Donnerstag (an meiner FH) drucken und melde mich danach mit Ergebnissen zurück :-)
Anmerkung: 3D-gedruckte Gewindeteile funktionieren passabel, wenn sie präzise gedruckt werden, sind aber (v.a. bei lasttragenden Elementen) nicht von Dauer.
Man muss dabei etwa die Schrumpfung des Materials in Betracht ziehen und einzelne Bereiche abschleifen bzw. bei PLA mit Aceton glätten.
LG, Richard
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Letztlich meinst Du dann sowas z.B.
Anhang 97535
Das sind Endstücke, wie sie bei der Produktion meiner VNEX Teile übrigbleiben und die ich an meiner eigenen Drehbank nutze um hier und da mal irgendein Teil zu drehen... z.B. solche Steckhülsen. Das schwarze Teil auf dem Endstück ist ein Canon 52mm Umkehrring. Den könnte man dann in den umlaufenden Alu-Bund oben mitels 3 Schrauben mit dem Endstück verbinden, nachdem ihm vorher das 52mm Filtergewinde genommen wurde.
Dieses Metallteil sicherst Du dann einfach mit den Schrauben, die dafür vorgesehen waren im Objektiv (oder schneidest da noch was stabileres rein). Bohren und mit dem Windeisen ein passendes Gewinde schneiden, sollte jeder hinbekommen.
LG
Henry
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Und so sieht das nachher aus...
Anhang 97586
Anhang 97587
2 Komponenten Metallkleber bringt die Teile zusammen, nachdem der von seinem Filtergewinde befreite Umkehrring auf dem umlaufenden Bund des Stecktubus sitzt.
Der Stecktubus wurde mit seinem Bund auf der Drehbank so angepasst, dass er exakt in das "Loch" der Umkehrplatte passt und somit zentriert in der Platte sitzt.
Nun kann der Innenbereich noch mit Samt gegen vagabundierendes Streulicht beklebt werden, dann sollte das alles passen. Noch den hinteren Teil danach ebenfalls schwärzen!
Hier noch die Maße:
Anhang 97588
LG
Henry
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Leider erst eben "geschnallt", dass der Innenbereich des Tair 3 llt. mhillers Messung ein M39 Gewinde besitzt.... dann wäre bei intaktem Gewinde die Sache ganz einfach geworden... :lol:
VNEX Distanztubus für 80mm Objektiv, wie er jedem VNEX beiliegt hergenommen... und dieser mündet dann in einen M39 auf EOS Adapter "ohne Kragen".
Anhang 97596
Dann kann man "punktgenau" den U-Punkt justieren und den überstehenden Teil des Distanztubus, der dann hinten rausguckt, abschneiden/wegfeilen oder wie auch immer und danach Distanztubus und M39>EOS Adaptergewinde verkleben mit Loctite oder Cyanacrylat.
Aber da ich nicht weiß, in welchem Zustand das Innengewinde des Tairs nach der Schraubstock- und "Kraftaktion" nun ist, wird vermutlich die Variante mit dem Stecktubus - zumindest hier aus der Ferne betrachtet, die zielführende bleiben.
LG
Henry
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Bei M42 > M42 Wandlungen wären noch weitere Alternativen denkbar.
Anhang 97683
Im linken Teil des Bildes sind zwei M42 Anschlüsse miteinander verbunden, die ich seinerzeit für eine der Meostigmat 1.4/70mm Projektionsobjektivumbauten zur Verwendung am VNEX mal geschaffen hatte.
So könnte man halt bei Objektiven wie Deinem mit M42 Innengewinde auch eine Lösung realisieren. Diese Anschlüsse werden mittels 6 durchgeschraubten M2 Madenschrauben verbunden.
Oder im rechten Bildteil direkt in einem M42 > Canon EF Adapter eingepasst und durchgeschraubt.
Wie Du siehst, sind da viele Varianten denkbar.
LG
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Fertig!
So, ich bin jetzt endlich dazugekommen, das Objektiv zu adaptieren.
Vielen Dank an Hinnerker, der mir den Prototypen gedreht hat und sogar Stoff eingeklebt hat, um Innenreflexionen zu vermeiden.
Ich füge hier ein Bild vom Objektiv an der Kamera ein und ein Bild vom gestrigen Mond - gestackt mit Registax aus 100/~380 Bildern.
LG, Richard
Anhang 104555
Anhang 104556