Moin, Ralf.
Absolut berechtigte Frage!!
Zu Beginn meines Objektivs-Wahnsinns habe ich unterschiedliche Sujet zum Test aufgenommen: z.B. eine Blumenvase für Nahaufnahmen und die Freistellung, Bokeh, dann unseren Garten (mit zahlreichen Bäumen), um die Schärfe bei Ferneinstellung und die Vignettierung im Himmel zu sehen, dann unser Nachbardorf (Blick aus unserem Garten) für "unendlich". Manchmal habe ich ein Bücherregal fotografiert, um zu sehen, wie gleichmäßig das Bild ist und ob es eine deutliche Bildfeldwölbung gibt - alles bei unterschiedlichen Blenden (offen, zwei Stufen abgeblendet und bei f/8). Wenn möglich habe ich ein Objektiv an verschiedenen Kameras "getestet".
Ganz ehrlich? Das hat meiner Meinung nach nicht wirklich aussagekräftige Ergebnisse gebracht. Meine Tests hätten wohl leicht von jemanden, der sich im Labor mit Objektivtests beschäftigt widerlegt werden können.
An dieser Stelle möchte ich aber unterstreichen:
Diese Äußerung bezieht sich auf meine persönlichen "Testreihen" und NICHT auf die Test, die andere auch hier gemacht haben. Da steckt zum Teil sehr viel Arbeit drin und dort stehen durchaus aussagekräftige Ergebnisse!
Ich kann keine Laborbedingungen schaffen und selbst, wenn ich nah dran kommen sollte, hat das nicht viel mit der Leistung des Objektiv in der "freien Wildbahn" zu tun. Was nützt eine Superlinse, die auf Stativ und optimalen Bedingungen exzellent ist, wenn es dir haptisch nicht passt und du dich nicht wohl damit fühlst? Dann werden die Ergebnisse nichts werden. Am Ende des Tages sind die meisten unserer Objektive so gut, dass der beschränkende Faktor hinter der Kamera steht.
Was mache ich heute? Ich führe ein neues Objektiv aus, nutze es in typischen Situationen und erkenne schnell, ob es mir "passt" oder nicht. Das ist wie bei einer Jeans. Entweder sie fühlt sich gut an oder nicht.
Zuhause schaue ich dann auf die Ergebnisse und bin entweder enttäuscht, überrascht oder bestätigt. Es gibt da vier Möglichkeiten:
1. Ich mag ein Objektiv nicht und nicht Fotos sind nicht gut. => Bestätigung.
2. Ich mag ein Objektiv und die Fotos sind klasse. => Bestätigung.
3. Ich mag ein Objektiv aber die Fotos sind nicht gut. => Enttäuschung.
4. Ich mag ein Objektiv nicht aber die Fotos sind richtig gut. => Überraschung! (Passiert aber eher selten.)
Im Fall 1 verkaufe oder verschenke ich das Objektiv oder ich bastele daran herum, je nachdem wie schlecht es ist.
Im Fall 2 habe ich einen "keeper" gefunden!
Im Fall 3 behalte ich die Linse noch und gebe ihr eine zweite Chance. (Lag ja vielleicht an meiner Tagesform.)
Im Fall 4 verkaufe ich das Objektiv wieder. Auch, wenn es tolle Foto produziert, wenn ich es nicht mag, dann werde ich es kaum nutzen.
So sehen meine "Tests" heute aus. Hin und wieder, vor allem wenn ich hier eine Linse vorstellen will, dann fotografiere ich nochmal eine Nahaufnahme und einmal auf unendlich - siehe meine C-Mount Berichte.
Von ausgedehnten Testreihen halte ich nichts mehr, obwohl ich sie früher auch sehr oft gemacht habe.
Im Laufe der Jahre habe ich von ein und demselben Objektivmodell derart unterschiedliche Tests gesehen, dass ich keiner verallgemeinerten Aussage mehr Glauben schenken kann.
Das lag an unterschiedlichen Testbedingungen, an verschiedenen Zustand der einzelnen Objektiven an den unterschiedlichen Fähigkeiten der Fotografen usw.
Wenn jemand sehr viel Erfahrung hat und schreibt, dass er ein Objektiv nicht mag, dann glaube ich ihm, dass sein Exemplar nicht gut ist.
Ebenso kann jemand, der schon mit vielen Objektiven fotografiert hat, einschätzen, ob eine Linse gut ist. Soweit kann man das sicher eingrenzen.
Von daher sind die Tests (ich nenne es ja lieber "Erfahrungsberichte"), die man z.B. hier im DCC findet, wertvoll zur Orientierung.



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