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Thema: Eine Hochzeit fotografieren - schlechtes Wetter - Tipps (zur Ausrüstung, etc.)

Baum-Darstellung

  1. #18
    Spitzenkommentierer Avatar von Rob70
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    Nachdem ich so viele Tipps von Euch mit auf den Weg bekommen habe, nochmals einen herzlichen Dank dafür, möchte ich doch gern meine Erfahrungen berichten. Vielleicht sind sie für den einen oder anderen auch mal hilfreich.

    Also: Es war die Hochzeit einer guten Freundin meiner Schwester. Ich kenne die Braut auch seit dem Sandkasten. Wie das vermutlich alle hier kennen, kennt man jemanden, der jemanden kennt, der gern fotografiert und wenn das Geld nicht da ist oder die Lust für Fotos Geld auszugeben, fragt man eben da nach. Tatsächlich habe schließlich ich und der Mann meiner Schwester das Fotografieren übernommen. Der fotografiert auch gern und viel, ist aber besser ausgerüstet mit dem Neuesten und Besten, was Nikon zu bieten hat. Dafür ist er vielleicht nicht so fotoverrrückt, wie ich. Ich denke, wir haben uns ganz gut ergänzt. Der Deal war auch, dass ich um 18:00 Uhr weg musste, d.h. den Brauttanz und die Party, sogar das Essen habe ich verpasst.

    Für Braut und Bräutigam war es jeweils die zweite Ehe. Das ist einerseits gut, weil die Erwartungshaltung nicht ganz so hoch ist, andererseits kommen eine Menge Gäste, die nicht mehr allzu jugendlich aussehen, die lassen sich nicht mehr allzu gern fotografieren und sind sehr kritisch, was ihr eigenes Aussehen auf Fotos angeht (so kenne ich das aus der eigenen Familie jedenfalls). Ich habe mich z.B. bemüht, beim Sektempfang und der Gratulation samt Geschenkübergabe, die meisten zu erwischen (von hinten, also nicht das Brautpaar - mein Schwager hat von vorn fotografiert, das sollte sich also ergänzen). Leider fand dieser Empfang unter gelben Schirmen statt. Im Nachhinein habe ich die Wahl zwischen einem sehr ungesunden Gelbton auf der Haut oder kräftigem Lila im Hintergrund. Ich weiß aber auch nicht, ob hier das Wegblitzen schöne Bilder erzeugt hätte, wenn das mein Blitz überhaupt geschafft hätte.
    Außerdem war der Autofokus eine Kathastrophe. Entweder ist der in den gegebenen Lichtverhältnissen einfach überfordert (bedeckt, gelbe Schirme) oder ich habe nicht die richtigen Einstellungen gehabt oder die Sony ist einfach schwach. Der AF hat regelmäßig 2-3 Sekunden gesucht, bevor er scharf gestellt hat, dann kam das Bild, meist also war der "gute Moment" immer schon herum. Da ich mir angewöhnt habe, generell viele Bilder zu machen, habe ich trotzdem meist etwas Brauchbares dabei. Gut ist aber anders. Ich hoffe, mein Schwager hat da was Besseres zu bieten.

    Die kirchliche Trauung (Standesamt war schon zwei Wochen zuvor) fand zuvor unter einem langgezogenen Pavillion-Dach mit offenen Seiten statt, der wie in einer kleinen Kirche rechts und links Bankreihen unter sich vereinte. Braut und Bräutigam saßen ganz vorn unter freiem Himmel (da war das Licht also noch etwas besser). Rings herum: alles grün. Ich habe abwechselnd mit meinen drei Festbrennweiten (1.4/50, 1.4/35, 1.8/85) fotografiert. Auch hier hatte ich Probleme mit dem AF, vor allem mit dem Sony/Zeiss 1.4/50 ZA und dem Sigma Art ZE am MC11.
    Dadurch dass hier letztlich viel Zeit ist, habe ich einige gute Fotos hinbekommen. In zeitkritischen Momenten allerdings habe ich bzw. der AF versagt, ich habe z.B. kein schönes Bild vom Kuss (allerdings eines wo sich beide anschmachtend nähern - das ist zumindest auch gut). Ein Kussbild gibt es, aber da hat die Braut irgendwie den Mund auf, so dass es nicht gut aussieht. Ärgerlich. Ich hoffe auf meinen Schwager, der von der anderen Seite und etwas weiter hinten fotografiert hat.
    Was ich auch schwierig fand war, als der Pfarrer die beiden mit aufgelegter Hand gesegnet hat (gibt es eine Position, auf der man beide Gesichter und das des Pfarrers sieht? Ich glaube nicht). Immerhin habe ich es geschafft, die Gesichter des Brautpaares draufzubekommen.
    Was mir in dieser Phase auch aufgefallen ist, ist dass so eine Trauung eine relativ ernste Angelegenheit ist. Die Braut machte oft einen "konzentrierten" Gesichtsausdruck mit verkniffenem Mund, was aber auch generell ihrer Mimik entspricht. Ich denke mal, das fällt mir mehr auf als denen, die sie gut kennen.

    Noch einen Schritt in der Zeit zurück: Die Ankunft: Braut und Bräutigam kamen in einem Lastwagen (Zugmaschine ohne Anhänger - keine Ahnung, wieso, aber das haben sie sich eingebildet). Problem: Die Scheiben spiegeln, einen guten Winkel bekommt man nicht (in der Nachbearbeitung habe ich ein Bild, in dem ich ihr Gesicht hinter der Scheibe etwas besser sichtbar machen konnte.
    Beim Aussteigen sind alle etwas orientierungslos. Vielleicht hätte ich mich deutlicher bemerkbar machen müssen, aber zu mir haben sie nicht geschaut. Ich hab's eben dokumentiert. Allerdings war schon hier das Problem mit dem Autofokus. Erneut habe ich die obligatorische Kussszene nicht gescheit erwischt. Ich habe sonst ein gutes Timing bei so etwas, aber wenn die Kamera einen immer noch drei Sekunden warten lässt, ist der Moment vorbei. Das ging selbst damals mit der Canon 5D2 viel zuverlässiger und schneller (trotz Spot-Autofokus).
    Vielleicht hätte ich den Nebensatz von Daniel besser lesen sollen, der mit dem Sony/Zeiss 1.8/55 fotografiert hat, statt wie ich mit dem 1.4/50. Ersteres habe ich nämlich sogar auch noch (aber nur zuhause) gehabt. Die Bilder vom 1.4/50 sind andererseits magisch, wenn sie ins Ziel treffen.

    In der Zeit wieder nach hinten: Nach dem Empfang gab es eine Phase zur Entspannung und für gepflegte Konversation. Wir sind herumgegangen und haben "Candids" gemacht, also Bilder vom Rande der Veranstaltung, ohne dass die Personen sich immer des Fotografen bewusst waren. Ich liebe eigentlich solche Fotos, aber bin trotzdem sehr unzufrieden mit den Ergebnissen. Es ist etwas anderes, wenn man eine einzelne Person so fotografiert oder eine Gruppe. Meist schauen nämlich alle anderen Personen, auf die ich gerade nicht den buchstäblichen Fokus lege, ziemlich wenig fotogen drein. Wenn ich nochmal bei einer Hochzeit fotografiere, werde ich die Gruppen lieber doch bitten, für das Foto "anzutreten" bzw. sich in Position zu werfen. Das ist vielversprechender und man kann sie vielleicht auch an besseren Orten fotografieren als z.B. immer noch tw. unter den gelben Schirmen sitzend.

    Danach gab es Kaffee und Kuchen im Stadl. Dort war es sehr, sehr dunkel. Meine Bilder, meist ohne Blitz sind meist bei ISO 6400 oder sogar ISO 8000 entstanden. Suboptimal, aber dank des hervorragenden Sensors der A7R3 auch kein Beinbruch. Beim Anschneiden des Kuchens war mein Schwager dem Brautpaar gegenüber, also habe ich von hinten fotografiert. Das hätte ich mir sparen können. Obwohl ich die Kamera über den Kopf gehalten habe und von oben drauffotografiert habe, sind keine schönen Bilder entstanden.

    Nebenbei habe ich ein paar Ambiente-Bilder gemacht: Sektgläser mit viel Bokeh, Himbeeren und andere Zutaten, das leere, aber festlich geschmückte Stadl als Panoramabild, ... .

    Danach ging es relativ eng getaktet weiter. Der Trauzeuge hatte eine Brautentführung geplant, bei der die Braut vom Stadl ins Wirtshaus "verzogn" wurde. Der Bräutigam musste sie später auslösen, indem er mit Kleid, langhaariger Perücke, rosa Einhornhörnern geschmückt, nach der Braut zu suchen hatte. Nachdem er sie "gefunden" hatte, musste er über die Auslöse verhandeln (einiges ausgeben) und singen. Diese Phase habe ich umfangreich dokumentiert. Auch hier war schlechtes Licht wieder das Problem. Ich habe trotzdem ohne Blitz fotografiert.

    Vor der Brautentführung war noch eine Stunde Zeit. Ich habe diese genutzt und das Brautpaar überredet, dann die Paarfotos zu machen und im Anschluss das Gruppenfoto. Ich war morgens eine Stunde vorher da und hatte die nahe Umgebung nach ein paar Gelegenheiten für witzige und schöne Fotos abgesucht.
    Ich habe sogar das 85L eingesetzt, weil ich wusste, dass für die folgende Idee meine anderen Objektive eh versagt hätten: Brautpaar läuft auf mich zu (einen Schritt Anlauf, dann ein kleiner Sprung). Vorab auf die Zone scharf gestellt (bei f/1.2 - würde ich jetzt anders machen). Diese Bilder sind alles andere als scharf. Mir gefallen sie trotzdem. Auf etwas Entfernung sind sie scharf genug und sehr stimmungsvoll und "glowy".
    Weitere Bilder: Vor dem Lastwagen, auf der Schaukel, in einem Tunnel aus Blättern (ein Weg, der von der Gaststätte wegführte, rechts und links eng Laubbäume und Büsche, dunkel - Brautpaar am Anfang platziert, wo das Licht besser ist, grüner Tunnel als Hintergrund - macht sich gut), an einer Backsteinwand (entlang fotografiert) und noch einmal ähnlich an einer alten, dunklen Bretterwand. Hier haben wir einen Reflektor eingesetzt. Die ausgewählten Bilder habe ich noch lokal bearbeitet - Hautunreinheiten entfernt und digital gepudert, um glänzende Haut zu entfernen. Ab - und zu habe ich auch noch störende Objekte entfernt, was mit Photoshop im Allgemeinen ziemlich gut und einfach geht.
    Mit dem Paarshooting bin ich insgesamt sehr zufrieden. Ich finde diese Bilder am wichtigsten, weil sie vemutlich am ehesten mal aufgehängt oder in ein Album gesetzt werden. Das Paar hat gut mitgemacht und ich konnte einfach "mehr" Fotos machen, so dass trotz erneuter Autofokusprobleme immer ein paar Gute dabei waren. Somit fällt mein persönliches Fazit ganz gut aus, auch wenn ich zwischendrin allem anderen als professionellen Ansprüchen genügen konnte.

    Das Gruppenfoto war auch eine schwierige Geburt. Irgendwie hatte ich gehofft, dass das Brautpaar oder der Trauzeuge alle rausscheucht und das Ganze regelt. Tatsächlich klappte das aber nicht wirklich. Es hatten sich zwar alle hinausbegeben, aber von da ab musste ich das Kommando übernehmen, sie zu dem Platz dirigieren, wo ich das Foto machen wollte (hier gab's auch nichts Ideales, wie eine große Treppe) - nur eine kleine Erhöhung im Biergarten, also zwei Ebenen. Ich habe das Brautpaar vorn an eine Biergarnitur gesetzt (ein fester Tisch für 6 Personen mit festen Bänken). Einige Gäste haben sich darum herum gruppiert, bzw. dahinter an den Tisch gesetzt. Der Rest stand eine Stufe höher, die hinter dem Tisch begann. Ich stand erhöht auf einem weiteren Biertisch etwa 5m vor dem Brautpaar. Ich hatte mir vorgestellt, dass die Gäste sich enger drängeln, aber das wurde nichts, so dass die Tiefe des Bildes bestimmt 10m war. Ich habe f/9 gewählt und auf das Brautpaar vorn scharf gestellt. Die Gäste hinten sind zwar nicht ganz scharf aber in Ordnung. Ich habe mein UWW-Zoom (4/16-35) für dieses Bild genommen und musste leider auf 20mm runter gehen. Dabei habe ich darauf geachtet, dass neben den äußeren Personen noch Platz ist, damit die Verzerrung nicht zu gravierend ist - ich finde die Bilder in Ordnung, auch wenn die Äußeren schon ein wenig verzerrt wurden. Den Tipp mit "Augen zu" habe ich genutzt und quasi auf Kommando: 1 Augen schließen - 2 Augen öffnen, Lächeln anwerfen - 3 = Foto - mit dem Publikum geübt und dann insgesamt so (nur) 8 Bilder gemacht. Außerdem habe ich alle angewiesen, dafür zu sorgen, dass sie gut sehen, damit sie auch sichtbar sind. Leider haben sich nicht alle dran gehalten (was ich vorher dank der großen Gruppe - geschätzt 80 Personen nicht erfasst hatte). Die Allermeisten sieht man aber sehr gut. Ich bin zufrieden.

    Fazit: Wenn ich nochmal eine Hochzeit fotografiere, muss ich das mit dem AF noch besser entschlüsseln und/oder andere Objektive für die schwierigen "kurzen" Situationen wählen. Ich muss ferner ein gutes Blitzkonzept haben, evtl. mit einem Assistenten arbeiten. Ich muss die Gäste einzeln oder gestellt fotografieren. Ich muss, wie auch vorgestern, kreativ und spontan einfallsreich sein, um auf die Schnelle ein paar Lösungen zu finden, für unvorhergesehene Schwierigkeiten.

    Ich vermute, dass das Brautpaar insgesamt sehr zufrieden sein wird. Es war ja ein "Bruder-von-Freundin-schaftsdienst" und kostenlos, also rechne ich mit keiner allzu großen Erwartungshaltung.
    Geändert von Rob70 (06.08.2023 um 14:40 Uhr)


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