Zitat Zitat von LucisPictor Beitrag anzeigen
Ich kenne diese Argumentation - nicht nur von heute, sondern auch von früher, als ich für eine Zeitung gearbeitet habe.
Doch dort waren es zwei Lager: die einen argumentierten und lehnten kategorisch alles ab, was nicht den Namen Nikon trug, sogar Canon (nicht stabil genug!) und Leica (zu teuer!) waren unbeliebt, den anderen war es völlig egal, mit was sie fotografierten, hauptsache es funktionierte. ...

Eigentlich ist die erstere, geradezu elitäre Denkweise falsch. Denn ein kategorisches Ablehnen von Marken nur, weil es eben keine großen Marken sind, halte ich für regelrecht dumm. Niemand wird verneinen, dass die "großen Marken" exzellente Ware anbieten, doch auch die "kleinen" Marken oder gar die "Nonames" bieten gute Sachen an, die man verpasst, wenn man sie grundsätzlich ablehnt. Ich liebe es auch, mit meinen Leicas oder meinen Nikkoren zu fotografieren, doch auch mein MIR-24 oder meine Soligore bzw. Vivitare können mich begeistern - zumindest einige.

Gott sei Dank sind wir heute da offener. ....
Das hatte schon praktische Gründe... zum einen konnte man damals nicht so bequem über die Adapter alle möglichen Linsen an die Analoge Kamera bringen wie heute mit den Canon DSLR oder anderen.

Zudem hatten Leica Kameras und das deutsche Geraffel schon Jahrzehnte mechanisch ihren Dienst verrichtet und sich das Vertrauen erworben. Selbst heute kannst Du in vielen Fällen noch eine alte M Leica oder deren Vorgänger in die Hand nehmen und damit arbeiten, wenn der Vorhang nicht verrottet ist und das Teil pfleglich behandelt und gelagert wurde.

Die Japanischen Produkte mussten sich damals erst noch beweisen gegen die Vormachtstellung des deutschen Kamera und Optikbaus. Es war halt die Jahrzehntelange Vormachtstellung der deutschen Industrie, die letztlich dafür sorgte, dass auch in den Gesichtern der Fotografen mit den Leicas nur über diese Japanischen "Billig-Produkte" die mechanisch schlecht verarbeitet sein sollten, gelächelt wurde.

Als ich in der Agentur begann und mit einer Canon A1 und einer F1 auflief, erntete ich, mit stolzgeschwellter Brust mich vorstellend, nur ein müdes Lächeln und den Hinweis, ich möge mich der Kameras aus der Agentur bedienen und nur, wenn es mal nicht anders ginge, die Teile einsetzen... grhhh.

Ich brach innerlich fast zusammen, hatte ich doch lange auf das Canon Geraffel gespart und war stolz wie Oskar. Aber im Laufe der Zeit verstand ich es immer mehr. Spätestens als mir meine F1 in vollem Lauf vom Gurt abscherte, auf den Boden krachte und es vorbei war mit der Pracht. Danach kam dann die Leicaflex SL Mot und die hielt trotz stärkster Beanspruchung bis zum Wiederverkauf nach 4 Jahren und brachte noch gutes Geld.

Auch der Ansage meines Chefs, wir sollten die M- Leicas benutzen, die seien leise, unaufdringlich und von herausragender optischer Qualität mit ihren Objetiven schenkte ich erst keine Beachtung. Auch erst nach einiger Zeit verstand ich, wie wichtig dies in vielen Pressesituationen damals war. Schnelles fokussieren, fast unhörbares Auslösen hatte in Theaterräumen oder Konzerten, Dichterlesungen oder auch bei Vernissagen gegenüber dem Gerassel der SLR eben erhebliche Vorteile und war oft genug "Eintrittskarte" für besondere Veranstaltungen, bei denen Du sonst mit einer Spiegelreflex gar nicht erst auflaufen brauchtest.

Das alles hatte mit elitär wenig gemein, sondern war einfach eine Erfahrung der alten Fotografen, die mit den Dingern schon sehr lange gearbeitet hatten und eine sehr feines Gefühl/Gespür dafür besaßen, wie man am unauffälligsten zu seinen möglichst ungestellten Bildern kommt.

So war ich dann mit meinem Canon "Palazzo-Prozzo" System voll aufgelaufen. Die kleine Leica M3 hast Du in der Jackentasche mitgeführt und bei Bedarf Deine Fotos gemacht und im "Sack" gehabt.
Fotografieren war damals in diesen Kreisen eine Sache, die im Vorbeigehen passierte und nicht eine Veranstaltung wo tonnenweise Equipment vorgeführt wurde. Je weniger man von dem Mist sah, umso besser.

Klar, vieles geht mit dem M-System nicht, aber im Bereich People Fotografie und Schnappschüsse ungeschlagen. Deshalb war verbunden mit dem Jahrzehntelangen Einsatz und der Haltbarkeit dieser Systeme die Skepsis gegen die neuen Sachen aus Japan, die sich ja lange nur "Plagiate" schimpften, wohl auch angebracht. Vielleicht elitär, aber einerseits verständlich und andererseits notwendig, weil jeder Profi seinem Arbeitsgerät "vertrauen" können muss.

LG
Henry