Hi Peter,
die Linse hat bei der Herausarbeitung und Vorstellung des Biotar eigentlich auch nix zu suchen. War wohl auch nur ein Hinweis, das es eben noch weitere Linsen gibt, die diese Formel teilen. Sie hat ne ähnliche Formel, einen anderen Hersteller, kommt jahrzehnte später, hat eine Lichtstärke von 1.8 statt 1.5 und eine Brennweite von 85 statt 75mm.. kann auch Katzenaugen aus den Spitzlichtern machen und Peng.
Mein zweites Exemplar, das 1960 aus einer Charge von 200 Stück gebaut wurde (danke Urmelchen fürs nachsehen im Buch), hat eigentlich die gleiche Charakteristik wie mein 1954 gebautes Biotar.
Ich bekam dieses Objektiv in Einzelteilen von einem Mitglied eines anderen Forums in einem Tauschgeschäft. Es war gedacht als Ersatzteilspender für ein weiteres Biotar, das dieser Kanadier besitzt. Jedoch brachte er es nicht fertig, die Teile des ersten und zweiten Biotar so miteinander zu verbinden, das er aus den besterhaltenen Teilen ein neues zusammenbauen konnte.
Die Folge war, das er dieses Biotar nun auseinandergeschraubt hatte, es aber nicht wieder zusammen bekam und auch die Teile nicht an sein erstes.
So lag es also über ein Jahr lang sinnlos herum. Nun kam ihm die Idee, das Ding abzugeben an jemanden, der das versuchen will im Tausch gegen etwas, das ihn derzeit interessierte. Ich konnte genau das Objektiv liefern, das ihn interessierte und so kam es zu unserem Deal.
Deshalb hatte ich nun das ausgesprochene Vergnügen, ein zweites Biotar für mich sehr günstig mit allen Teilen (eine Stop - Schraube fehlte) zerlegt zu erhalten.
Ursprünglich hatte ich vor, dieses Objektiv sofort an Fotoservice Görlitz, Herrn Olbrich, weiter zu schicken, aber es juckte dann doch in den Fingern, als ich das Objektiv in völlig zerlegtem Zustand vor mir hatte.
Unten ein Bild vom Zustand bei Anlieferung...
Also hab ich mich daran gemacht, dieses 1.5/75mm Biotar von 1960 selbst wieder instand zu setzen.
Die Schwierigkeit bestand darin, den alten Schneckengang komplett zu waschen/reinigen, weil der Helicoid derart verharzt war, das die Teile bereits nach dem eindrehen von wenigen Millimetern stecken blieben und nix mehr ging. Daran ist wohl der Kanadier auch gescheitert. Es sieht zwar alles noch recht sauber aus im Gewinde, in Wahrheit aber ist die gesamte Kurve so "festgeharzt", das ein eindrehen nicht mehr funktioniert.
Linsen abgedichtet, Zahnbürste und Reinigungsbenzin im ersten Waschgang den gesamten Schneckengang gereinigt... Zweiter Gang, Spülmittel (Tensid)... dritter Gang nochmals Reinigungsbenzin, vierter Gang nochmals Spulmittel und immer kräftig "geschrubbt", bis das blanke Alu schimmerte.
Noch immer wollten die Teile nicht ineinander gleiten. Mit etwas Nähmaschinenöl (hauchzart) eingerieben.. ging schon besser.. dann etwas Kugellagerfett für Feinstkugellager aufgetragen.. und verteilen mit der Bürste in den Gewindegängen.. und siehe da, auf einmal, mit leichtem Druck den Einstieg ins Gewinde gefunden und bis zum Anschlag drehen können.
Wieder lösen und erneut.. einige Male und dann lief der Helicoid plötzlich "samtweich" nachdem sich das Fett langsam durch die Rille seinen Weg gebahnt hatte. Es braucht ein wenig Zeit und Geduld und stetes Drehen, aber dann geht es auf einmal ganz easy.
Es gleitet jetzt sogar besser, als das, was Herr Olbrich mit meinem ersten Biotar gemacht hat.
Der Rest bis zum vollständigen Wiederzusammenbau war eigentlich ein reparieren nach Bildern, da ich mein erstes Biotar zu diesem Zweck als Mustervorlage hatte und eigentlich nur den Sitz der Elemente zueinander bestimmen musste. Dabei stellte sich heraus, das eine Schraube fehlte, die den Preset-Blendenring begrenzt. Aber da ich massig alte Kameras zerlegt habe und einen nicht ganz unerheblichen Vorat an Schrauben, Feder und sonstigem Kleinkram daraus gewonnen habe, fand sich schnell ein Ersatz für das fehlende Teil. Eine reine Begrenzungsschraube, die dem Kanadier wohl abhanden gekommen war.
Das Biotar ist sowas von easy zusammengebaut, wenn man es einmal gemacht hat.
Hier nachträglich noch mal einen Link, der es zeigt. Es geht um den schwarzen Ring mit den "Schleifspuren".. dieser regelt den Antrieb der Linsengruppen.
Die abgenommene Bajonett-Kappe (der Teil, der an der Krokodilklemme hängt) hat ebenfalls ein Gewinde und muss gesäubert werden, damit der Gang wieder geschmeidig wird.
http://forum.mflenses.com/adjusting-...ht,biotar.html
Die Reparatur war erfolgreich und ich kann mich über dieses Geschäft nur freuen.
Klar wurde sofort nach Fertigstellung fotografiert damit, um zu sehen, ob das Biotar auch optisch mit dem bei Olbrich frisch überholten mithalten kann. ....
Seht selbst.. es kann.
Es hat die gleiche Grundcharakteristik wie mein erstes. Keine wirklichen Unterschiede erkennbar.. ich werde aber nochmal mit Lichterketten etc..
einiges genauer testen.
Eine gelungene Operation, an der Meister Olbrich leider wieder kein Geld verdient, ich aber um eine klasse Erfahrung reicher bin.
LG
Henry