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Thema: Canon T90: Service-Tag

Hybrid-Darstellung

  1. #1
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    Standard Canon T90: Service-Tag

    Acht Exemplare der Canon T90 habe ich.

    Eine Familie, die regelmäßig Betreuung braucht.

    Denn es gibt über Zeit zwei Schwachstellen, die die Topkamera in Canons FD-System auf attraktivem Gebrauchtpreisniveau halten:

    1. Ein müde gewordener Anker in einem Relais (Elektromagnet). Die Kamera löst nicht aus, man hört nur ein leises Klicken und im Display blinkt ein Pfeil.
    2. Reste eines Dämpfers, der sich im Bereich des Verschlusses zersetzt, und die die Rollos des Copal-S(quare)-Verschlusses verkleben. Der gefürchtete Fehler „EEE“ erscheint auf dem Display.


    Aber das ist alles beherrschbar.

    Schauen wir, wie es den ersten beiden T90 heute beim Heimservice ergangen ist


    Der müde Anker

    Kandidatin Nr. 1

    Der Check beginnt mit einer Beschau des Batteriefachs. Der Illuminator leuchtet in der Tiefe des Schachts.

    Der Pfeil zeigt auf …

    Name:  T90_1.jpg
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    … noch flüssige Reste einer einst ausgelaufenen Batterie, die am Schachtboden schimmern.

    An dieser Stelle darüber:

    Ich versuche die Reinigung mit einem mit Wasser angefeuchteten Wattestäbchen.

    Die Spitze des Stäbchens wird abgezwickt …

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    … und auf eine gerade Sonde gesteckt.

    Das hält fast bombenfest und ich erreiche so die verschmutzte Stelle:

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    Einiger Schmutz wird hochgeholt:

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    Mit dem Blasebalg nachtrocknen:

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    Im zweiten Gang bringe ich Sonax-Elektronikreiniger auf die Kontakte.

    Die Sonde wird wieder bestückt:

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    Weiterer Schmutz kommt aus der Tiefe hoch:

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    Der Patient, mit einem Ministativ fixiert:

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    Ich leiste mir den Luxus, jede der acht T90 mit eingelegten Batterien zu halten.

    So können die Kameras regelmäßig direkt ausgelöst werden. Und die eingebaute Stützbatterie für die Einstellungen wird entlastet. Die Stützbatterien funktionieren bereits seit 36 Jahren. Unglaublich!

    Ein Check der Leerlaufspannung mit dem Multimeter gibt Aufschluss über den ungefähren Batteriezustand:

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    Selbstverständlich müssen die jeweils vier AA-Batterien auf mögliches Auslaufen kontrolliert werden.

    Auch die Kontakte im Batteriehalter werden auf Oxydation überprüft …

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    … und bei Bedarf mit Elektronikreiniger fitgemacht:

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    Verschlussüberprüfung

    Fall 1 - der müde Anker - ist eingetreten.

    Im Display blinkt der Pfeil, der die Filmtransportgeschwindigkeit anzeigt:

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    Um zum Relais zu kommen, muss die Rückwandverriegelung teilweise demontiert …

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    … und die vordere Gehäuseverkleidung abgenommen werden:

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    Der Pfeil zeigt auf das Relais:

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    Der Schraubendreher wird magnetisiert, …

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    … mit der Spitze auf das Relais gehalten und dabei leicht bewegt. Dabei bleibt der Auslöser der Kamera gedrückt.

    Das Relais ist ein Elektromagnet. Fließt Strom durch seine Spule, bildet sich ein Magnetfeld, dass den Anker bewegt. Ein Kontakt schließt oder öffnet sich dadurch. Verschmutzung kann diesen Ablauf hemmen. Die magnetisierte Schraubendreherspitze hilft nach.

    Nach ca. einer Minute sanften Herumstocherns löst der Verschluss plötzlich aus.

    Ein Schreckmoment ist immer dabei

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    Gleich noch ein paar Serienauslösungen hinterher, damit der Anker wach bleibt.

    Das war’s, jetzt die Kamera wieder schließen.


    Das war’s doch noch nicht

    Beim Aufsetzen der vorderen Gehäuseabdeckung bemerke ich, dass die Abblendtaste eingerastet ist. Sie kommt nicht mehr zurück.

    Also beschäftige ich mich mit dem Mechanismus und stelle fest, dass dort ein kleiner Hebel aus seiner Führung gesprungen ist und das Ganze hakt. Ich tippe auf Verschmutzung, einige mit der Sonde herausgeholte Krümel geben mir Recht.

    Wo genau es nicht gleitet, kann ich nicht feststellen. Dazu müsste ich die Kamera zum Teil zerlegen.

    Das ist nichts für einen Freitag

    Und wie immer riskant.

    Den Hebel kann ich wieder in Position bringen.

    Über einen Zahnstocher lasse ich etwas Feuerzeugbenzin an die vermutete Problemstelle gleiten. Den Mechanismus länger bewegen, mit dem Blasebalg etwaige flüssige Benzinrückstände verpusten, danach noch ein kleines bißchen Öl dorthin und 40 mal hin und her.

    Ich glaube, es hat etwas gebracht.

    Nun noch die entsprungene Feder dort wieder aufspannen.

    Das kostet mich alles zusammen eine Stunde Tüftelei:

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    Um zu sehen, wie der Mechanismus im Sollzustand funktioniert, mache ich die zweite Servicekandidatin auf:

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    Wieder im Detail dazugelernt


    Beim Anbringen der Verkleidung muss ihr Rand genau eingepasst werden, dazu wird eine Kante eingeschoben.

    So passt es:

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    Erledigt



    „EEE!“

    Munter geht es mit der zweiten T90 weiter.

    Der hintere Verschlussvorhang ist verklebt.

    Der alte Dämpfer lässt grüßen.

    “EEE“ steht auf dem Display, die Kamera löst nicht aus.

    Nachdem ich die T90 ausgeschaltet und den Batteriehalter rein-/rausgeschoben habe, arbeitet sie wieder mit.

    Mit Feuerzeugbenzin und etlichen Wattestäbchen trage ich die schwarze Schmiere vorsichtig ab:

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    Zwischendurch lasse ich den Verschluss im Serienbetrieb arbeiten um mehr von dem Zeug hochzuholen.

    Eines Tages wird der Dämpfer so aufgearbeitet sein.

    Bis dahin lebe ich mit dem Problem.

    Allerdings ist ein zweites entstanden.

    Zwei kleine Dellen an einer Verschlusslamelle:

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    Ich war’s nicht!

    Vermutlich klebte die Lamelle fest und durch das Auslösen entstand der Schaden (?)

    Jedenfalls ist keine Funktionsbeeinträchtigung festzustellen.

    Zumindest nicht als sichtbarer Fehler.

    Ob der Verschluss noch richtig abläuft, kann ich nur mit Testaufnahmen sicher feststellen.

    Besser nicht zu viel fragen - schon gar nicht an einem Freitag


    Alle Arbeiten werden in die Datenbank eingetragen:

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    Ich bin geschafft.

    Die Wattestäbchen ebenfalls

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    Alle Hinweise selbstverständlich ohne Gewähr. Was in meinem Fall klappte, muss bei anderen nicht funktionieren. Bzw. gibt es sicher auch geeignetere Vorgangsweisen.
    Geändert von Ando (09.07.2022 um 08:14 Uhr)
    Gruß,

    Andreas

  2. 7 Benutzer sagen "Danke", Ando :


  3. #2
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    Die Delle(n) an der Lamelle macht mich unfroh.

    Hab ich beim Reinigen doch zu fest aufgedrückt?

    Aber die Lamellen sind doch flexibel, die müssen ja auch den Motorbetrieb aushalten.

    Warum gerade an dieser Stelle? Da war ich doch gar nicht?
    Gruß,

    Andreas

  4. #3
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    Beim Selbstwerken gewinne ich laufend neue - vernünftige - Einsichten.

    Nicht alles muss und kann perfekt sein.

    Mit Fehlern und Einschränkungen kann man leben, muss es auch.

    Die T90 zB hat eben die genannten Schwachstellen, da kommt man nicht aus.

    Ist die Kamera deshalb aufzugeben? Und mit ihr alle Freuden beim Einsatz?

    Sicher nicht.

    Dann muss man den Oldtimer eben warten. Also hier die Verschlussrollos regelmäßig reinigen und den müden Anker auf Trab halten.

    Selbst zur Sache gehen macht frei von Werkstatt und Kosten.

    Und auch dort werden kleinere, nicht auffallende Fehler gemacht - nur, wer will die schon finden, wenn er selbst keinen Schraubendreher hat?
    Geändert von Ando (08.07.2022 um 17:29 Uhr)
    Gruß,

    Andreas

  5. Folgender Benutzer sagt "Danke", Ando :


  6. #4
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    Das Problem mit verklebten Verschlusslamellen bei frühen EOS-Kameras und eine (erweiterte) Reinigungsprozedur werden hier sehr gut beschrieben:

    „Manage Your EOS Camera’s Sticky Shutter“


    Da die T90 ja die letzte FD-Kamera vor dem Schwenk auf EF (EOS) ist und ebenfalls den Copal-S-Verschluss beherbergt, kommt man damit weiter.

    Allerdings schrecke ich vor der dort beschriebenen „Karton-Methode“ dann doch zurück

    Ich glaube, dass die Verklebungen den Verschlussablauf gestört haben und es diese eine Lamelle büßen musste.

    Dass ich mit dem „Benzin-Stäbchen“ so fest aufgedrückt habe, dass dort zwei kleine Dellen daran erinnern, ist ja gar nicht möglich. Wie soll das gehen, die Lamellen hängen ja frei übereinander, da wäre vorher wohl der Verschlussvorhang ausgebrochen.

    Aber was wäre die Alternative zum Reinigen gewesen?

    Lasse ich es, wie es ist, wird der Verschluss auf jeden Fall unbrauchbar.

    Wie immer gilt für einen Eingriff, dass er

    • nur dann erfolgt, wenn sonst nichts mehr hilft
    • (nach Erkennen der eigenen Grenzen) selbst vorgenommen wird
    • und ich nicht unglücklich bin, wenn es nicht (ganz) gelingt


    Eine harte Schule - aber besser als jede Illusion
    Gruß,

    Andreas

  7. #5
    Hardcore-Poster Avatar von waldbeutler
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    Hallo Andreas!
    Zitat Zitat von Ando Beitrag anzeigen
    Allerdings schrecke ich vor der dort beschriebenen „Karton-Methode“ dann doch zurück
    Ich glaube, dass die Verklebungen den Verschlussablauf gestört haben und es diese eine Lamelle büßen musste.
    Das glaube ich nicht.
    Vielmehr glaube ich, dass der "goo" (verflüssigter Schaumstoff) Sandkörnchen durch seine Klebekraft an einer Stelle festgehalten hat, an der die Lamelle durch diese Sandkörnchen eingebeult wurde.
    Die Karton-Methode ist da sehr wohl anzuraten.
    Gruß, Michael

  8. Folgender Benutzer sagt "Danke", waldbeutler :


  9. #6
    Spitzenkommentierer
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    Zitat Zitat von waldbeutler Beitrag anzeigen
    Hallo Andreas!

    Das glaube ich nicht.
    Vielmehr glaube ich, dass der "goo" (verflüssigter Schaumstoff) Sandkörnchen durch seine Klebekraft an einer Stelle festgehalten hat, an der die Lamelle durch diese Sandkörnchen eingebeult wurde.
    Die Karton-Methode ist da sehr wohl anzuraten.
    Der goo ist so etwas wie der Klabautermann der Schrauber

    Ich denke, der Verschluss ist noch ok, was meinst du aus der Entfernung?
    Gruß,

    Andreas

  10. #7
    Spitzenkommentierer
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    Zitat Zitat von waldbeutler Beitrag anzeigen
    Die Karton-Methode ist da sehr wohl anzuraten.
    Der Copal-S-Verschluss sollte eine Einheit sein, die man ausbauen kann.

    Die Frage ist, ob es machbar ist, den Verschluss so zu zerlegen, dass man an die Problemstelle herankommt. Und ihn dannach wieder funktionsfähig zusammenzusetzen inklusive Justierung.

    In der mir bekannten Literatur gilt dieser Verschluss als Modul, das man komplett austauscht aber nicht repariert. Eben, weil der Verschluss derart komplex ist.

    Hier das Repair Manual zum Copal-S:

    https://learncamerarepair.com/produc...=0&secondary=0


    Was es bedeutet, die T90 zu zerlegen, sieht man hier:

    https://aidilj.com/2017/05/canon-t90...g-the-shutter/


    Ohne darin geübt zu sein ein Himmelfahrtskommando, spätestens dann beim Zusammenbau.

    Die Lösung mit den Kartonstreifen zwischen den Lamellen - das kann ja auch schiefgehen, womöglich verteilt man damit „den Klabautermann“ noch mehr oder beschädigt durch das Ein- und Ausbringen die Verschlussrollos.

    Wie ich mich kenne, werde ich das wohl ausprobieren, aber nicht heute
    Gruß,

    Andreas

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