Festbrennweiten oder Zoom
Von diesem Thread abgetrennt: http://www.digicamclub.de/showthread.php?t=19265
Zitat:
Zitat von
ralf3
Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die an dieser Diskussion teilgenommen haben. Auch wenn offenbar niemand von persönlichen Erfahrungen mit den beiden Festbrennweiten berichten konnte, haben mich die Ideen und Anregungen doch ein Stück weiter gebracht!
Mein Résumé des Threads:
Ich habe festgestellt, dass es auch eine gesteigerte Form von romantisch nostalgischem Technik- und Materialfetischismus gibt.
Auch bei mir kenne ich Anflüge davon, die sich allerdings allmählich verflüchtigen. Schließlich geht es mir mittlerweile mehr um
das Ergebnis, und da ich ein Schnellschießer bin, kommen mir die Möglichkeiten eines Zomms sehr gelegen.
Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 3)
Zitat:
Zitat von
expat
Mein Résumé des Threads:
Ich habe festgestellt, dass es auch eine gesteigerte Form von romantisch nostalgischem Technik- und Materialfetischismus gibt.
Auch bei mir kenne ich Anflüge davon, die sich allerdings allmählich verflüchtigen. Schließlich geht es mir mittlerweile mehr um
das Ergebnis, und da ich ein Schnellschießer bin, kommen mir die Möglichkeiten eines Zomms sehr gelegen.
Zitat:
Zitat von
expat
Also nach dem Motto: Warum einfach, wenn es auch schwierig geht. Festbrennweiten habe ich benutzt, als die Zooms noch nicht genau so gut waren.
Wenn etwas schwieriger wird, soll das die Kreativität beflügeln?
Ich akzeptiere ja den Wunsch, altes und schweres Gerät herumzuschleppen, warum auch immer, aber wer ergebnisorientiert tätig ist, sollte sich nicht zusätzliche Hürden künstlich aufbauen.
Ich argumentiere nicht gegen das, was jemand aus Lust und Laune tut, aber ich argumentiere gegen die Begründung.
Da muss ich nun mal einhaken...
Gewicht hat noch nie die Kreativität beflügelt, höchstens bei Sumo - Ringern.
Erheblichen Einfluss aber haben Festbrennweiten auf die Kreativität sehr wohl und das ist auch gut so, wie das folgende Beispiel verdeutlichen mag.
---------------------------
Eine Tradition hier im Norden Deutschlands sind die "Ringreit-Turniere". Bei diesen geht es darum, einen auf einem Seil gespannten Ring vom Reiter eines Pferdes, der mit einer Lanze "bewaffnet" ist, in vollem Galopp zu treffen und abzuhängen. Gelingt dies, bringt es die entsprechenden Punkte bei den Punktrichtern. Wem dies - in mehreren Durchgängen am häufigsten gelingt - ist Sieger des Wettbewerbs.
Eine recht simple, wenngleich auch für den/die Reiter eine nicht ganz einfache Aufgabe in vollem Galopp einen kleinen Ring zu treffen, da ständig die Lanze den Pferdebewegungen angepasst werden muss, um das Ziel - den Ring - auch zu treffen.
Da ich gelegentlich auf solchen Veranstaltungen fotografiere und diese Veranstaltungen natürlich auch in der örtlichen Presse Erwähnung finden, toben da öfters auch Pressefotografen herum auf der Suche nach ihrem Veröffentlichungsbild.
Mit mehreren schweren Nikon High-End Kameras bewaffnet, war dann so ein Pressefotograf zugegen und baute sich neben mir auf mit seinem Gerödel, um ebenfalls zu fotografieren.
80-200mm Zoom Objektiv, Serienbild - "Dauerfeuer"... schon fast "kriegsähnliche Zustände" zumindest von der Geräuschkulisse her. Wechsel auf die zweite Kamera, wieder 10 Bilder pro Sekunde... Spiegelgeklapper ohne Ende, nervtötend.
Das ging eine ganze Weile so, bis ich dann irgendwann - völlig genervt, mich an ihn wandte und fragte, was dass denn solle und ob es nicht anders bei ihm ginge?
Mitleidige Blicke zu einem "unwissenden" und ja nur mit einer Kamera und einer Festbrennweite fotografierenden Amateur... ein kurzer Spruch, sinngemäß "das verstehst Du vielleicht irgendwann schon" und verschwand dann wieder. Gottseidank !
(was mich als ehemaligem Pressefotograf ob seines Spruches mit ziemlich offenem Mund zurück ließ :lol:)
Nun bei diesem Beispiel zum Punkt der Kreativität.
Im Glauben, Zoomobjektive und Serienbildfunktion seiner Kamera werden schon für das "gute Bild sorgen", hatte jede Form der Auseinandersetzung mit dem, worum es beim Ringreiten überhaupt geht und was der "bildwichtige Moment" bei diesem Turnier ist, verloren und geopfert zugunsten seiner Ausrüstungsgläubigkeit aus Zoom und AF.
Beim Ringreiten geht es um genau solche Szenen von den Reitern... Ring getroffen oder nicht und dabei möglichst die Dramatik des Augenblicks für den Reiter zu zeigen.
Den späteren Sieger des Turniers einzufangen...
Hierbei verdichtet sich eigentlich das Wesentliche... Pferd, Reiter und der zu treffende Ring.
Anhang 35285
Anhang 35286
Anhang 35287
Worauf will ich damit hinaus?
Während ich mit meinem einen Objektiv vor der Kamera manuell vorfokussiert habe und eigentlich nur noch punktgenau den Auslöser - in diesem Moment wo Lanze, Reiter und Ring im Schärfebereich sind - betätigen musste, hatte der Pressefotograf mit seinen ratternden Nikon - Boliden den Reitweg in der Bahn von Start bis Auslauf von Pferd und Reiter im Dauerfeuer durchlaufen lassen (hätte eigentlich auch gleich einen Film drehen können:lol:).
Natürlich kann ich seinen Wunsch, das "richtige Bild" im Kasten zu haben, durchaus nachvollziehen, aber dieses Beispiel zeigt, wie wichtige Punkte in der Fotografie durch Zoom und Autofokus förmlich "kastriert" werden... nämlich sich einen Ablauf vorzustellen, zu wissen, worauf sich eine Szene verdichten wird und man sich als Fotograf allein durch vernünftige Brennweitenwahl, überlegte Vorfokussierung und einige andere Aspekte vorbereiten kann.
Gerade dieses Beispiel zeigt, dass der Pressefotograf nicht mehr in der Lage war, genau diese Überlegungen anzustellen, sondern im blinden Vertrauen auf Massen an produzierten Fotos und einem Autofokus zu hoffen, dass "das Verkaufsfoto" nun dabei sein wird, statt sich genau zu überlegen, wie er am Geschicktesten den dramaturgischen Höhepunkt verdichtet.
Insofern sehe ich da schon sowohl bei der bewußten Wahl einer Festbrennweite in Verbindung mit dem eigenen Vorstellungsvermögen in der Situation sehr wohl einen erheblich kreativeren Prozess, als blind ein Zoomobjektiv und eine Kamera mit hoher Serienbildfunktion im Dauerfeuer die Dinge erledigen zu lassen, die man mit ein wenig Überlegung und zielgerichtetem Handeln ebenso treffsicher (wenn nicht sicherer) in den Kasten bringen kann.
Soviel zum Thema "Schnell-Schießer" aus Deinem Statement.
Als Fazit kann ich nur sagen, dass die Nutzung von Einzelbrennweiten und Einzelauslösungen zumindest eines bewahrt, nämlich fotografische Techniken noch zu kennen und für seine fotografischen Arbeiten zielgerichtet zu nutzen, als sinnlos "draufzuhalten", das eigentlich wichtige aber - wie in diesem Falle nicht verstanden zu haben und der schieren Masse an Bildern einen Vorrang gegenüber bildgestalterischen Vorüberlegungen einzuräumen.
Insofern ist das arbeiten mit manuellen Objektiven und Festbrennweiten schon ein Prozess, der unbedingt die eigene Kreativität und das Vorstellungsvermögen schult, weil es eben auch dazu zwingt, sich mit den Gegebenheiten und Eigenheiten einer Sache viel näher auseinanderzusetzen, sich Lösungen zu überlegen, statt nur "draufzuhalten".
Just my 2 Cent aus meiner langen Erfahrungswelt.
Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 1)
Zitat:
Zitat von
Helge
...
P.S.: @Henry, Deine Beispiele und Erläuterungen finde ich sehr überzeugend, aber mit Verlaub, sie haben für mein Empfinden rein gar nichts mit der Frage Zoom/Festbrennweite zu tun, sondern ausschließlich mit AF/MF und Einzelbild/Serienfeuer. Die von Dir beschriebene Vorgehensweise kann man ganz genauso auch mit einem Zoomobjektiv durchführen.
Durchaus richtig, aber sie haben etwas mit der Frage der "Ergebnisorientiertheit" und den unterschiedlichen Wegen zu tun und schlussendlich auch, ob man hierbei überhaupt auf den Technikfetischismus abheben kann oder ob das Problem nicht eher im Verlust der Rückbesinnung auf fotografische Techniken liegt, und stattdesse eben diesem Technikfetischismus gefrönt wird.
Aus meiner Sicht ist dieses von mir geschilderte Beispiel und die Erläuterungen dazu in meinen Augen - noch weit vor der Frage ob Zoom oder FEstbrennweite zu stellen - und die eigentlich zu klärenden Aspekte... nämlich der schleichend damit einhergehende Verlust von Kreativität in der Auswahl der dem Fotografen zur Verfügung stehenden Mittel und Techniken. Diese sindi.d.R. nicht in den Bilderergebnissen sichtbar, aber es hat eben eine andere Qualität im Bewusstsein über die Möglichkeiten zu agieren.
Das es selbstverständlich auch Situationen gibt, wo der Streetfotograf mit einer 24er oder 35er Festbrennweite und anschließendem Crop die gleichen Motive nach Hause bringt, damit aber ganz andere Motivsituationen vor sich hat, steht ja auf einem anderen Blatt.
Nur - und dagegen wehre ich mich - ist die Nutzung eines Zooms nun nicht ziel- oder ergebnisorientierter, wie hier bislang von expat dargestellt.
Das es Aufnahme-Situationen gibt, bei denen ein Zoom Vorteile hat, steht wohl bei jedem Diskutanten ausser Frage. Keinesfalls aber ist die Nutzung eines Zooms "ergebnisorientierter", ebensowenig wie die Nutzung einer hohen Serienbildgeschwindigkeit.
Und bei "Street" brauchts nichtmal ein Zoom, wie das nachfolgende, mit einer 17mm Festbrennweite entstandene und gecroppte Bild verdeutlichen mag, das nur mit der am Arm seitlich neben dem Bein baumelnden EOS 5D MKII entstand... sogar gänzlich ohne überhaupt durch den Sucher zu schauen...
Anhang 35289
Sowas muss schnell und zielgerichtet sein... sonst kannst Du das Bild schon von vornherein vergessen, wenn da erst noch an irgendeinem Zoom hin und hergedreht werden muss..
Und das sind alte fotografische Techniken, bei denen es nun überhaupt keine Rolle spielt, ob Zoom oder Festbrennweite...
In diesem bewußten Umgang und der Kenntnis und Einübung dieser Möglichkeiten sehe ich vielmehr Sinn, als über ein Pro- oder Kontra Zoom oder Festbrennweite zu diskutieren.
Vertreter des einen Lagers, werden - genau wie der Pressefotograf - einfach irgendwann gar nix mehr von den Möglichkeiten wissen, die mit einer richtigen Festbrennweitenwahl einhergehen und deshalb das Zoom als Allheilmittel begreifen, wie der Pressefotograf das Serienbildfeuer seiner Nikon Boliden als "Wunderwaffe" begreift ohne zu merken, dass vieles auch ganz anders laufen kann.
Sowohl als auch - Zoom und Festbrennweite je nach Bedarf, Lust und Laune
Ich finde gerade bei nicht (so einfach) wiederholbaren Ereignissen (Sport, Taufe, Hochzeit, Feste, Urlaub) ein Zoom sehr empfehlenswert.
So sehr ich Festbrennweiten mag, ich habe in solchen Fällen immer ein Zoom an einer Kamera.
Ich unterscheide da zwischen manueller optischer Technophilie und der Freude am Fotografieren vergänglicher Momente, mit allen Hilfen, die da möglich sind, wie eben Zoom und AF.
Bei Motiven, die in meiner Nähe sind, probiere ich beides aus, aber wenn ich, so wie Peter (expat) unterwegs bin, dann ist mir ein Zoom schon lieber.
Es kommt natürlich auf die Motive an. Bei Reisen ist es oft Landschaft, Architektur, dafür ist ein Weitwinkelzoom ideal. Mit 35mm als Standard bekommt man nicht immer alles auf den Sensor.
Die Qualität der Zoomobjektive ist ja kein Thema mehr.
lg Peter
Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 1)
Im Grunde eines von vielen immer wiederkehrenden Anhang 35291- Themen in allen Foren...
LG
Henry