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Thema: Warum GFX?

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    DCC Admin Avatar von klein_Adlerauge
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    Hallo Rolf,

    schwierige Frage, die letztlich jede(r) für sich selbst beantworten muss. Daher hier ein paar meiner persönlichen Beweggründe, warum ich von meinen vorherigen Canon 5D Modellen zur GFX (100) gegangen bin. Wobei uns ja inzwischen die Neurowissenschaften erklären, dass die Gründe, die unser Gehirn findet, nur der Legitimation von Gefühlen dienen…

    Also Gefühl: Die Kamera ist geil. Die Bildergebnisse sind überwältigend. Es macht mir unendlich Freude, nach einem Fototag am Abend die Bilder auf dem großen Bildschirm zu betrachten, in die Details zu zoomen und immer wieder auf´s Neue begeistert zu sein. Das das so sein würde, dachte ich mir schon damals, als die Kamera vorgestellt wurde und erste hochauflösende Bilder im Netz anzusehen waren. 2019… biss ich mir aber auf die Zunge, weil ich nicht bereit war, für eine Kamera 10TEuro auszugeben.

    Nochmal Gefühl nachdem bei über die Jahre gefallenen Gebrauchtpreisen dann doch das Gerät in Besitz des Fotografen gelangt ist (oder ist es umgekehrt?): Haptik, Bedienung, Funktionalität. Das ist meine Kamera, so will ich fotografieren. Die GFX 100 ist zwar riesig und man kann mit ihr vermutlich notfalls einen Nagel in die Wand hauen. Aber sie liegt mir gut in der Hand. Dank der großen Gehäusefläche gibt es viele frei belegbare Funktionsknöpfe und -räder. Hier scheiden sich die Geistern aber ich liebe es. Es hat zwar sicher zwei Wochen gedauert, bis ich ein erstes Grundsetup konfiguriert habe. Und immer mal wieder ändere ich noch eine Funktion. Aber ich kann damit vieles quasi "blind" einstellen und so meine Art zu fotografieren optimal unterstützen. Hochformatgriff, zwei Batterien für genügend Power für einen Tag. Der Winkelsucher, um einfach(er) Bilder auf Brusthöhe oder niedriger schießen zu können. Überhaupt der EVF ist (bei der 100er) schon großes Kino… Das alles sehr durchdacht von Fuji. Man merkt: Ein Werkzeug, konzipiert für Profis. Der Anspruch ist offenbar, dass die Kamera Bilder liefern soll, die im Zweifel genau so bereits fertig zur Veröffentlichung sind. Und das gelingt auch. Mit den Einstellungen für Seitenverhältnis, WA-Shift, Tiefen-/Höhensteuerung, Chrome / Haut-Effekt und den Filmsimulationen lässt sich einiges Bewerkstelligen, ohne dazu an den Rechner zu müssen.

    Gefühl zum dritten, im retrospektiven Vergleich: Siehe da, die Bilder sind gut! Scharf bis ins Detail, kontrastreich, wie man es sich wünscht. Und das Eins ums Andere. Das war nicht immer so. Die alte 5D machte ebenfalls sehr scharfe Bilder, wenngleich mit aus heutiger Sicht mäßigen Auflösung. Die 5DII hatte immer so etwas "softes" in den Details, das war nie richtig knackig scharf. Ich nehme an, das wird dem Tiefpassfilter vor dem Sensor geschuldet sein. Und/oder dem Spiegelschlag, der dann später an der 5Dsr schon deutlich relevant war. Bei Altglas sicher auch Fokusproblemen durch die zwar auf stärker mattiert umgebaute Einstellscheiben, aber im Vergleich zu den Möglichkeiten einer spiegellosen Kamera alles eher mehr schlecht als recht. Heute mit Sucherlupe ein Kinderspiel. Und jetzt kommt noch der wirklich gute IBIS dazu, den ich unbedingt empfehle, wenn man sich die Möglichkeiten zum Arbeiten aus der Hand deutlich erweitern will. Kein Problem für dich als Sony A7 III Besitzer… aber für mich schon ein tolle Erfahrung, mehr bessere Bilder im Vergleich zu meinen früheren Kameras.

    Genug Gefühl, nun der Versuch rationale Gründe oder auch Nichtgründe zu finden, die für oder gegen die GFX sprechen. Zunächst möchte ich einräumen, wurde teils auch schon geschrieben:

    1. Der Mittelformatlook ist ein Mythos. Was auch immer damit bezeichnet wird, es lässt sich bestimmt auch mit einer guten Kleinbildkamera und entsprechenden Objektiven herstellen.
    2. Hohe Bildauflösungen bei nicht sehr dynamisch bewegten Motiven (z.B. in der Landschaftsfotografie) lassen sich auch durch Mehrbildverfahren erzielen.
    3. Ein GFX System ist zwar nicht sehr viel, aber doch größer und schwerer als ein Kleinbildsystem (Fuji macht das ja ganz clever und bietet als leichte und mobile Systeme die sehr guten APS-C Kameras und Objektive an)
    4. Die GFX, auch über den nativen Objektivfuhrpark hinaus betrachtet, ist nicht ganz so universell wie aktuelle Kleinbildsysteme. Der AF(-C) ist nicht schnell genug und die Serienbildgeschwindigkeit… um nicht zu sagen unterirdisch. Für Sport, Action, schnelles Wildlife gibt es wirklich Besseres. Mit der GFX 100 II holt das System aber dort sukzessive auf.
    5. Viele vorhandene KB, vor allem Normal- und Weitwinkelobjektive, leuchten den 44x33 Sensor nicht komplett aus. Tun sie es doch, verändert sich oft die Bildanmutung und das (für mich) nicht zum Positiven. Fazit: Vieles, was vorher Freude am Kleinbild bereitet hat, bleibt nun im Schrank. Ausnahmen bestätigen die Regel.
    6. Daher braucht es vor allem im Normal- und Weitwinkelbereich ein / zwei Objektive aus dem System, was einkalkuliert werden muss (bei mir das GF 4/32-64mm). GF Objektive sind hervorragend, aber die meisten sind auch sehr teuer (im Vergleich für mein Empfinden etwas zu teuer, aber Fuji muss ja auch irgendwo noch Geld verdienen?)
    7. Die GFX 50s (hatte ich kurz zum Test der vorhandenen Canon L´s vor dem Systemwechsel) hat einen tollen Sensor und entsprechende Bildqualität. Sie hat auch die Möglichkeit, den EVF-Tilt Adapter zu verwenden und den Batteriegriff (den ich nicht nur wegen der "Mehrpower", sondern auch wegen der zusätzlich Knöpfe empfehle). Leider hat sie keinen IBIS, und das ist wirklich ein Verlust. Die GFX 50r hat das alles nicht, scheidet für mich aus… dafür ist sie klein und vergleichsweise unauffällig. Bliebe die 50s II, die hat wiederum den IBIS. Dafür keinen Batteriegriff oder EVF-Tilt Option. Will man alles, wird’s teuer (GFX 100 / II)
    8. Falls Autofokus-Objektive verwendet werden: Die 50er GFXen haben alle "nur" Kontrast AF. Erst die 100er haben den Phasen-AF, welcher deutlich schneller ist. Mich hat der Kontrast-AF der GFX 50s (kommend von der Canon 5Dsr) ehrlich gesagt, ziemlich genervt.
    9. Ein AF-Adapter mit OIS z.B. für Canon EF kostet ebenfalls viel Geld, wenn er vernünftig funktionieren soll.
    10. Wer braucht wirklich 50 oder gar 100 Megapixel? Nüchtern gesehen "braucht" die kaum jemand. OK, vielleicht zum croppen, falls der Bildausschnitt zu groß war. Dann bleibt noch ein passables "Restbild". Aber sonst? Die meisten Profis sind selten mit solchen Auflösungen an ihrem Tagwerk. Ich habe bereits mit weniger als 20 MP großformatige Prints gemacht, sehen toll aus.

    So, und nun aber auch ein paar Pro Argumente:

    1. Preis / Leistung: Man bekommt wohl derzeit mit keinem anderen, als einem (gut gebrauchten) GFX System eine solch überragende Bildqualität zu einem so niedrigen Preis. Auflösung, Dynamik und High-ISO-Performance (hier speziell die 50er).
    2. Die GFX ist im Vergleich zu anderen Kameras ihrer Klasse (Hasselblad / Phaseone) vielseitiger (AF-Felder, IBIS, Augenerkennung, etc.)
    3. Da der Sensor nicht sehr viel größer als ein Kleinbildsensor ist, gibt es vor allem im Telebereich gute Chancen, vorhandene Objektive zu nutzen. Für mich war das ganz entscheidend, dass vor allem meine Canon EF und Sigma Linsen weitgehend ohne Abstriche am vollen Sensor funktionieren. Inklusive gutem AF und OIS. Sonst wäre ich nicht in das System gegangen. Aber auch einiges Altglas funktioniert gut. Die schon genannten Projektionsobjektive, viele Minoltas konnte ich gut testen, längere Brennweiten aus dem OM System, natürlich native MF-Linsen vergangener Tage, etc. Außerdem: Wenn man nicht auf das 4:3 Seitenverhältnis festgelegt ist, sondern sowieso eher 1:1 oder 16:9 (etc.) komponiert, kann das ja direkt bei der Aufnahme einstellen. Dann fallen die "schlechten" Ecken bei so manchem Objektiv weg und siehe da: Das Objektiv kommt doch mit und bleibt nicht im Schrank.
    4. Die GFX ist eine gute, durchdachte Kamera (auch für Altglas) und ich finde kaum Kritikpunkte an Konzept und Umsetzung. Das, was an Technik eingebaut ist, funktioniert größtenteils wie es soll und lässt sich einfach im fotografischen Workflow nutzbar machen. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Ist es aber wohl nicht, wie ich (früher) z.B. von Sony hörte. Daher kann man das als Argument anführen.

    Mein Fazit: Die GFX kann zwar ein paar vernünftige Argumente für sich sammeln, aber insgesamt hat das System, zumal für uns Hobbyisten, mit Vernunft wenig zu tun. Hier geht es eigentlich nur um das Gefühl beim Fotografieren und die Freude am Bild. Aber - und das muss ich der GFX zugute halten - es steckt auch eine mehr als angemessene Leistung hinter dem aufgerufenen Preis. Das kann man ja nicht von allen (Luxus-) Produkten behaupten.

    Nun, aber ist es nicht so, dass oft die etwas unvernünftigen Dinge am meisten Spaß machen? Rolf, findest du es vernünftig, bei Schnee und Eis auf einen hohen Berg zu klettern und mit dem Bob herunterzufahren? So betrachtet ist die GFX wohl doch etwas für dich. Musst du nur noch deine Frau von der Wichtigkeit für dein Seelenheil überzeugen

    LG
    Heino
    Geändert von klein_Adlerauge (11.12.2023 um 20:22 Uhr)


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