Im Wesentlichen fasst Du schon zusammen, was der Umgang mit der alten Analogtechnik bewirken kann. Speziell bei denen, die nur das "digitale Fotografieren" kennen gelernt haben.
Während früher keine sofortige Bildkontrolle möglich war (vom Studio und den Polaroid-Backs vor der eigentlichen Hauptaufnahme mal abgesehen), sind wir es heute gewohnt, aus unserer selbst erzeugten Bilderflut, einfach die Schönsten eines Tages auszusuchen.
Dabei wandelt sich natürlich oft auch das Verständnis vieler Fotografen hin zum "Draufhalten, wird schon was dabei sein"...
In der Folge steigt selbstverständlich dann auch die produzierte Bilderflut erheblich an, da die Kameras mit allerlei technischen Programmen suggerieren, zumindest den technischen Teil nach dem "Black-Box" Prinzip für uns zu realisieren.
Von diesem "Denkfehler" zeugen eigentlich schon unsere "digitalen Mülleimer" und der von uns produzierte Bilderausschuss auf dem eigenen Computer oder unserem Festplatten-Archiv.
Die Veränderung durch die Digitaltechnik wiederum führte auf Dauer dazu, dass die Kamera-Technik immer mehr Schritte durch irgendwelche Automatiken übernimmt, die man im Umgang mit der alten analogen Technik noch in Einzelschritten kannte und sich das Zusammenwirken der Automatiken zumindest noch weitestgehend selbst erklären und herleiten konnte.
Der gelegentliche Verzicht auf diese gesamten modernen technischen Hilfsmittel in unseren heutigen Kameras und die kurzfristige Hinwendung zur alten Aanlogtechnik wiederum aber führt zu dem von Dir beschriebenen "AHA-EFFEKT" der damit erneuten Notwendigkeit des Verstehens der Zusammenhänge, den uns die moderne Technik ja sonst allerorten abzunehmen verspricht.
Einen Entstehungsprozess zu verstehen und seinen Regeln zu folgen, ist etwas anderes und aus meiner Sicht auch wichtigeres, als auf einen Knopf zu drücken und nachher nur noch auszuwählen aus scharfen oder unscharfen Bildern.
Es ist die Verlagerung auf die hinter einem Foto steckenden Bildidee, die Schaffung eines vorhersehbaren Ergebnisses in den Zeitpunkt bei der Aufnahme und nicht - wie in der modernen Technik leider mehr und mehr üblich, die Beschränkung auf die Auswahl des gelungensten Bildes einer Serie auf einem LCD Display oder einer notwendigen Wiederholung, falls es nix wurde.
Dies ist zwar technischer Fortschritt auf der einen Seite (man hat vermutlich das Motiv oftmals am Anfang zielsicherer im Kasten mit den Automatiken), entfremdet aber vom bewussten Entstehungsprozess und seiner eigenen Einflussmöglichkeit.
Was heut geschieht, gleicht eher dem Fotografieren mit einer Polaroidkamera, bei der ein Vorgang dann so lange wiederholt wird, bis das Bild im Kasten ist.
Dies muss zwangsläufig zu einem höheren, selbst erzeugten Bildervolumen führen, als mit der analogen Technik, bei der die Bild-Idee im Vordergrund stand...
Nun muss man aus meiner Sicht aber auch unterscheiden, ob man sich über den gestalterisch-künstlerischen Aspekt der Lichtmalerei oder die rein dokumentarische Fotografie (Ablichterei) unterhält.
Jedes Genre hat da seine eigenen Regeln... bei denen dann - je nach Anforderungsprofil mal die moderne Technik ein gewaltiger Fortschritt in der Abarbeitung ist (man denke an einen Sportfotografen oder einen Reporter, der Automatiken unmittelbare Bildkontrolle braucht weil sich Ereignisse nicht wiederholen lassen), mal der Vorteil wieder zunichte gemacht wird, weil die Gewichtung des Belichtungsmessers verkehrt war, der AWB mal wieder verkehrt gearbeitet hat etc...
Die sofortige Bildkontrolle ist eigentlich inzwischen ein unverzichtbarer Bestandteil der Fotografie geworden und aus ihr nicht weg zu denken.
Gleichwohl kann man... und das ist die Erfahrung die Neulingen in den analogen Bereichen fehlt, auch auf seine eigenen Fähigkeiten und denen seiner guten Analogkamera vertrauen lernen, wenn man die Zusammenhänge auch dort verstanden hat.
Insofern ist im Digitalen Zeitalter die gelegentliche Rückbesinnung auf den Entstehungsprozess eine durchaus große Hilfe, den eigenen zusammengeknipsten Müllhaufen wieder auf eine "überschaubare" Größe zu beschränken durchaus interessant.
Man lernt nämlich wieder, sich die Frage zu stellen, ob ein Bild es überhaupt wert ist, gemacht zu werden, statt einfach auf den Auslöser zu drücken und hinterher wegzuwerfen !!!
LG
Henry



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