Jein,
bei der Frage 1.4er und schneller oder doch 1.8er/2er ist ja erstmal der historische Hintergrund interessant.
"Schnellere" Objektive erfordern in der Entwicklung immer einen deutlich höheren Korrekturaufwand in Bezug auf die verbliebenen Abbildungsfehler... je lichtstärker ein Objektiv wird, desto größer der Aufwand, den die Ingenieure dafür betreiben müssen.
Die Lichtstärkeklasse 1.4 und höher wurde gebaut, da zu Analogzeiten die Filmemulsionen geringer empfindlich waren und jedes bißchen mehr an Lichtstärke zählte,um diesen Nachteil auszugleichen.
So konnten mit den hohen Lichtstärkeklassen auch in tageslichtarmen Zeiten oder spät am Abend noch befriedigende Aufnahmen entstehen. Die Verschlusszeiten, die mit diesen lichtstärkeren Objektiven genutzt werden konnten, lagen entsprechend höher, als bei einem 1.8er oder 2.0er, was gerade in diesen kritischen Randbereichen des zur Verfügung stehenden Lichtes über ein verwacklungsfreies Bild entscheiden konnte!
Da im Regelfall die meisten damaligen Kameras Kleinbildfilm nutzten, gleichzeitig die ISO/ASA für die geringer empfindlichen Filme nicht beliebig heraufgesetzt werden konnten (wenn das Negativ bei Vergrößerung noch Details im Korn zeigen sollten), waren diese 1.4er einfach "besser" im Sinne von nutzbarer in den Grenzbereichen. Hierin lag ein echter Gebrauchsvorteil gegenüber den "langsameren" Lichtstärkeklassen eines 1.8ers oder 2.0ers.
Je lichtstärker, desto begehrter aber auch teuerer, das galt schon zu damaligen Zeiten.
Dieser Maxime folgten auch die Konstruktionen der 1.2er, welche die Hersteller aller Marken herausbrachten und sogar noch schnellere Objektive, wie dem Leica Noctilux...
Verglichen mit den Abbildungsleistungen bei Offenblende hinkten Aufnahmen dieser sehr schnellen Objektive zumeist den weniger lichtstarken Objektiven hinterher, aber das spielte beim dem eigentlichen Ziel, nämlich die Fotografie bis in die dunklen Tageszeiten bei natürlichem oder schwachem Kunstlicht hinein zu ermöglichen überhaupt keine Rolle... ob in schummrigen Hallen, Theatern oder bei Kneipenbeleuchtung. Hier zählte allein, wie in zB. der Theater- oder Konzertfotografie, nicht die Schärfe über das gesamte Bildfeld, sondern die Möglichkeit, in absolut kritischen Lichtsituationen noch Bilder bei vorhandenem, meist stimmungsvollen Licht verwacklungsfrei auf den Film zu bannen, ohne die ISOs über Gebühr anheben und das Bildergebnis durch später notwendige Ausgleichsentwicklung mit stark hervortregendem Korngrößen deutlich verschlechtern zu müssen.
Ersetze in der heutigen Zeit das Korn der alten Filmemulsionen durch das digitale Rauschen der Sensoren, dann wird auch schnell klar, weshalb lichtstärkere Objektive auch heute noch irgendwelchen 1.8ern oder 2.0er vorgezogen werden.
Zumal wenn es sich um rein manuelle Objektive handelt, die ohne den technischen Schnickschnack wie AF und Bildstabilisierung auskommen müssen, die heute vielmals durch das Vergessen oder in Unkenntnis der Entwicklungs-Hintergründe zu einer Verzerrung dieses Gebrauchsvorteils in den Köpfen der Anwender führen, der mit seiner Digitalkamera beliebig an den ISOs schrauben kann.
Es spielt nämlich - damals wie heute - schlicht keine Rolle, ob ein 1.8er oder ein 2.0er nun bei normalem Tageslicht bei Offenblende eine "bessere Figur" machte und macht als ein 1.4er...
Zum einen kann man ein 1.4er auf den gleichen Wert abblenden um eine signifikante Verbesserung der Abbildungsleistung zu erreichen, zum anderen kommt es immer darauf an, unter welchen Aspekten solche Aussagen wie ".. (m)ein 1.8er ist besser als (m)ein 1.4er" betrachtet werden.
Unerwähnt bleiben diese Hintergründe meist bei Leuten, die an ihren heutigen Digitalkameras bei Tageslicht mit einer hochlichtstarken Optik herumfummeln, sich wegen Überstrahlungen im Vergleich zu lichtschwächeren Objektiven aufregen, die natürlich bei 1.8ern weniger ausgeprägt sind (welch Wunder, wenn man Äpfel und Birnen vergleicht, wo doch die "Birnen" nachts oder bei schlechtem Licht bessere Ergebnisse erbringen sollen, als die Äpfel, die eben mit den Überstrahlungen bei Tageslicht nicht kämpfen brauchen)...
Sich den jweiligen Anwendungsbereich einmal klar zu machen würde eine "sachliche Diskussion" fördern, statt irgendwelche vorschnellen Beurteilungen "heraus zu hauen" wie 1.2er sind "Prestige-Objektive", " ein 1.8er ist besser als ein 1.4er". Solche Sprüche offenbahren in Wahrheit einen sehr eingeschränkten Horizont im Hinblick auf geschichtliche Entwicklung und den ursprünglich angedachten Anwendungsbereich solcher seinerzeit mit hohem Aufwand gerechneten Objektive.
Fühlt man da - abseits der "Sprüche" - mal wirklich auf den Zahn, so sind die gegebenen Antworten zumeist "Standard"... und offenbaren eigentlich nur ökonomische Aspekte, wobei jedem klar sein müsste, dass letztlich auch der Entwicklungsaufwand derartig lichtstarker Objektive für die Hersteller ins Geld geht und durch weniger Käufer bei hohem Preisniveau erstmal wieder eingespielt werden muss.
Denn nicht jeder konnte - genau wie heute - einer auch nur eine halbe oder eine Blendenstufe "schnelleren" Linse den Gebrauchsvorteil entlocken, wenn er den dafür erforderlichen erheblich höheren finanziellen Aufwand dagegen abwog.
Die 1.2er sind gemessen an den Leistungsverbesserungen den meisten eben viel zu teuer (was eigentlich nur heißt, ich geb nicht soviel Geld für mein Hobby aus). Es ist numal ein altes Gesetz, dass die letzten Prozente einer technisch möglichen Leistungsverbesserungen immer deutlich teuerer bezahlt werden, als wenn wir über einen Sprung von einem 2.8er Tessar auf ein 0815 Helios 2/58mm reden. Wer dies nicht will... ok, man kann ja wählen und sich dann ein altes 1.8er HFT Planar als Weisheit letzter SChluss in Sachen Abbildunsqualität im LowLight Bereich "schönsaufen".
Die 1.4er sind teuerer, aber die 1.8er besser... (was klar zeigt, diesen geschilderten Hintergrund nicht zu begreifen, denn warum sollten schon damals die Leute die teureren 1.4er kaufen wollen, wenn 1.8er besser sind?)
Die 1.8er oder 2.0er sind weniger fehlerbehaftet (nach der Schilderung des Entwicklungsziels von 1.4er Objektiven ja wohl auch verständlich)
Mit der gleichen Aussage-Logik, ein 1.8er sei besser weil es logischerweise weniger Fehler hat als ein lichtstärkeres "Bruderobjektiv", kann man -ohne Berücksichtigung des Einsatzzwecks- solche Sprüche ad adsurdum führen, denn das dann ein Objektiv mit Lichtstärke f4 besser ist, als ein 1.8er.... dürfte ja auf der Hand liegen, oder?
Denn egal wie man es wendet... Lichtstärke ist im Grenzbereich des vorhandenen Lichtes durch nichts zu ersetzen, als durch mehr Lichtstärke.. denn auch jede gespaarte ISO Anhebung bringt bessere Bildergebnisse. Und das gilt auch heute bei unseren Sensor-bestückten Kameras in der gleichen Weise.
Ob nun invididuell verschieden der eine glaubt, sein 1.8er Objektiv sei "besser" als ein 1.4er... ist dabei eigentlich egal, denn im Kopf stellt er ganz andere Betrachtungen an... nämlich, ob der Mehrpreis für noch schnelleres Glas, das oft teuer erkauft werden muss, wenn durch einfache Anhebung der ISO und eine Sensorstabilisierung auszugleichen, dieser Mehraufwand dann überhaupt gerechtfertig ist.
Freistellpotential... sorry, aber das hat in den Grenzbereichen des Lichtes in der Fotografie damals niemanden wirklich interessiert.. und wenn wurde Freistellung über die Brennweite und deren Schärfentiefe gemacht.Das Freistellpotenzial ist mit den 1.4-ern selbst am uFT sehr schön! Mich stört halt nur oft das Glühen durch die sphärische Abberation, wenn ich diese nicht gezielt einsetzen will.
LG
Waveguide
In BEzug auf das Glühen an µFT gilt das Gleiche wie oben bereits ausgeführt..
Die Objektive aus alten Tagen können nichts dafür, das Du mit einem Briefmarkensensor nun quasi die Problemzonen in Anwendungsfällen herausvergrößerst, für die sie offenblendig überhaupt nicht gerechnet waren.
Auf der einen Seite nutzt Du ein lichtstarkes Objektiv mit seinen nochmals gesteigerten und damit auch nochmals teureren Korrekturaufwand aber eben auch den gegenüber lichtschwächeren Objektiven verbliebenen Restfehlern an einem den Abbildunsmaßstab und damit die Problemzonen vergrößernden Sensor bei Tageslicht, freust Dich bei weniger lichtstarken Objektiven gleichzeitig aber darüber, das "Filetstück", die Bildmitte vorteilhaft nutzen zu können.
Dahinter verbirgt sich eine Logik, die ich ohnehin bei µFT in Verbindung mit Altglas nicht verstehe... denn wo Licht ist, ist auch Schatten... das gilt uneingeschränkt, wenn man ein lichtstarkes Objektiv so nutzt.
Einerseits freut man sich darüber den Bereich höchster Schärfe heraus zu schneiden, ist dann aber enttäuscht, das es eben nicht nur im positiven Falle einer lichtschwächeren Optik gilt, sondern verkennt gleichzeitig, das bei lichtstarken Objektiven im Tageslicht halt auch die offenblendig verbliebenen Restfehler einer für andere Situation gerechneten Linse in verbliebenen negativ Eigenschaften in einem Bild überdeutlich zeigen. Selbstverständlich werden für eine gute Abbildungsleistung in lichtschwächeren Umgebungen andere Vorteile "aufgegeben" in der Entwicklung, die aber zumeist durch Abblendung in großen Teilen wieder aufgefangen werden, wenn nicht gar letztlich noch besser werden als beim lichtschwächeren Objektiv.
Sorry, aber wer Lichtstärke braucht, der geht erstens nicht mit einer extrem schnellen Linse ans Tageslicht sondern nutzt sie in ihrem Anwendungsbereich oder blendet entsprechend ab und betreibt eine Linse nun nicht auch noch ausserhalb seines Anwendungsbereichs offenblendig, weil er den Nachteil seines Briefmarkensensors ausgleichen möchte.
Das dies natürlich sich wiederum "beisst" mit dem erhoffeten Freistellpotential ist ein Problem genau aus diesem ständigen Unverständnis und dem Versuch, die Formatnachteile zu egalisieren mit Objektiven, die überhaupt nichts dafür können, das nun beim Micro-Sensor deren "Schwächen" überdeutlich mit vergrößert werden (die aber im geplanten Anwendungsbereich des Entwicklers keine sind, sondern erstklassig dafür gerechnete Objektive sind).
LG
Henry