Historisch betrachtet würde ich dem voll zustimmen, heute jedoch verstehe ich ein Stilleben grundsätzlich zunächst als geschicktes Arrangement, fast egal von welchen Objekten, welches auch gerne auf jegliche Symbolik verzichten darf.
Die verwendeten Utensilien sind dann themenbezogen, nicht aber typisch.
Das wir uns aber regelmässig dieser symbolträchtigen Elemente bedienen, zeigt deutlich unsere tiefe Verwurzelung in der abendländlichen Kultur - es ist uns meist überhaupt nicht bewusst, wie stark unser Verhalten, unser Denken und unsere Sprache mehr als nur rudimentär mittelalterliche Kirchendoktrine wiederspiegeln.
Aber freitags gibts nun mal Fisch :-)
Ein gewisser assoziativer Zusammenhang zwischen den Objekten sollte vermutlich immer bestehen, weil sonst womöglich das Thema nicht vermittelt werden kann und eine inhaltliche Struktur fehlt..
Den klassischen Apfel in der Schale brauchen wir heute nicht mehr.
Obwohl es reizvoll sein kann, solche gewohnten und bekannten Ansichten einmal nachzustellen, u.a. schon deswegen, weil sich schnell zeigt, wie schwierig "ein Apfel und eine Schale" sein kann, um vernünftig zu wirken.
Typisch ist für mich im heutigen Still eigentlich gar nichts einzusetzen, es sei denn - man will eine Brücke schlagen und wieder auf historischen Pfaden wandeln, wo nicht bloss die eingesetzten "Dekoelemente", sondern sogar deren genaue Ausrichtung im Bild eine starke Bedeutung hatten.
Messerspitze nach oben, Messerspitze nach unten (Himmel, Hölle) und ähnliche Stilmittel.
Andererseits sind natürlich Arrangements eines Künstlers oft typisch in seinem eigenen Stil gehalten, also unverwechselbar, mit hohem Wiedererkennungswert.
Ich folge mal aufgrund Ralphs Begeisterung für die hiesige Entwicklung Deinem Beispiel und erlaube mir, einen Meister der Komposition vorzustellen, der neben seinen fantastischen Stilleben auch noch fürchterlich nett ist und in Foren sehr geduldig Erklärungen zu Bildaufbau und Lichtsetzung liefert - und trotzdem irgendwie unerreicht bleibt. Christopher Broadbent :
https://www.google.de/search?q=chris...KqnvywPNt4H4Dg
Unscharf ist in den meisten seiner Bilder übrigens nur der Hintergrund gehalten, es wird also das Arrangement als Ganzes betont, keine Einzelelemente hervorgehoben.
Typisch scheint mir bei Ihm allerdings auch der Hang, stets auf das Vergängliche hinzuweisen, wie es ja dem Memento Mori eigen ist.
VG,
Ritchie