Zitat Zitat von Padiej Beitrag anzeigen
Wo liegt also der Film ?
Ich glaube, das ist genau die Frage, die man nicht eindeutig und endgültig beantworten kann.
Die "analoge" Aufzeichnung auf Film folgt einer anderen Philosophie als die "digitale".

Es gab zahlreiche "Tests" (sowohl im Internet als auch auf professionellen Printmedien), die häufig zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen: 'mal ist der ISO100 Film, der gegen eine 6 MPix DSLR "gewinnt", 'mal ist es anders herum.

Es ist ein wenig, als ob man einen Dieselmotor mit einem Benziner vergleicht. Man kann mit beiden fahren (entspr. fotografieren) aber die Motoren-Philosophie ist unterschiedlich und kaum direkt miteinander zu vergleichen.

Trotz allem habe ich mir vor einiger Zeit einmal die Mühe gemacht, die unterschiedlichen Ergebnisse zusammen zu fassen:

Ein hochwertiger ISO100 Film bietet eine Grenzauflösung, die so bei etwa 100 Lp/mm (Linienpaare pro Milimeter) liegt, manchmal sogar mehr. Der Film ist also theoretisch in der Lage 100 weiße und 100 schwarze Linien erkennbar voneinander getrennt auf einer Höhe von 1 Milimeter darzustellen. (Es gibt auch Filme, die unter den richtigen Kontrastbedingungen höher auflösen - bis zu 150 Lp/mm.)
Das würde bedeuten, dass ein Kleinbildnegativ mit einer Breite von 36 mm und einer Höhe von 24 mm 7200 Spalten x 4800 Zeilen darstellen könnte, was wiederum einem Sensor von etwa 35 Megapixel entspräche.

ABER!
Zum einen reduziert das auch bei ISO100 vorhandene Filmkorn die Auflösung. Für höhere ISO-Werte gilt dies in verstärktem Maße. Sicher erinnern wir uns an die ersten ISO 800-Filme…

Zum anderen kann ein Film nur das darstellen, was die Optik (also das Objektiv) auf ihn projeziert. “Normale” (recht günstig herzustellende) Objektive für Kleinbild (35mm-Film) sind in der Regel (und von teuren Spezial- oder Hochleistungsmodellen abgesehen) nach der Kleinbildspezifikation gerechnet. Dieser Spezifikation wird dann entsprochen, wenn ein Objektiv 50 Lp/mm auflösen kann.

Wie kommt es zu dieser Zahl?

Ein Objektiv soll die Anforderungen des Auges erfüllen. Bei einem Betrachtungsabstand von einem halben Meter (DIN-Norm) deckt das Auge etwa 20×30cm Bildfläche differenzierend ab. Bei dieser Entfernung kann es rund 5 Lp/mm auflösen. Da nun ein KB-Negativ eine effektive “Nutzfläche” von ca. 22×32 mm hat, muss es für diese Bildfläche in etwa um das Zehnfache vergrößert werden. So errechnen sich die 50 Lp/mm der KB-Spezifikation.

Rechnet man nun 50 Lp/mm auf 22×32 mm hoch, erhält man in etwa 7 Megapixel (3200 Spalten x 2200 Zeilen). Das bedeutet gleichzeitig, dass ein moderner 8 MPix-APS-Sensor ein “Durchschnittsobjektiv” schon eher überfordert. APS-Sensoren mit noch höherer Auflösung können nur durch professionelle Objektive vollständig bedient werden. Daher kann es auch durchaus sein, dass eine 6 MP-DSLR mit dem gleichen Objektiv ein ähnlich “gutes” Bild macht wie eine 10 MP-DSLR.

Zweiter Aspekt:

Die sinnvolle Auflösung eines betrachteten Bildes verlangt die Berücksichtigung des optimalen Betrachtungsabstandes. In der Regel hält ein Mensch ein Bild so, dass er seinen scharfen “Sehbereich” von etwa 30° vertikal und 40° horizontal nutzt. Daher hält man ein 9×13 Bild näher ans Auge als ein 40×60cm Poster. Das “Gesehene” bleibt in etwa gleich groß.
In diesem Bereich kann ein Auge ungefähr 1 Bogenminute auflösen (= 1/60 Grad), ergo für den scharfen “Sehbereich” 30°x60 Bogenminuten = 1800 Zeilen und 40°x60 Bogenminuten = 2400 Spalten, was ungefähr einem 4,5 Megapixel-Sensor entspricht.

Selbst wenn man die Bayer-Farbinterpolation dazurechnet, sollten 6 Megapixel für alle Fälle ausreichen. Und die kann ein ordentliches Objektiv auch durchzeichnen (siehe oben).

Sehr gute Objektive können, gerade zentral im Bild aber vielmehr auflösen als die Kleinbildspezifikation. Das ist richtig, wenn die Fokussierung exakt gelungen ist! Eine leichte aber sichtbare Unschärfe reduziert mehr als eine hohe Auflösungsfähigkeit bringt.

Zum Thema "Schärfe" ist noch zu sagen: Meist wird ein akzeptabler Unschärfekreis von 30 Mikrometern angegeben. Rechnen wir das doch einmal in Lp/mm um: wir kommen auf 16,6 Lp/mm! Nun, das schafft heutzutage jeder Sensor und jedes Objektiv. Es ist damit kein Vergleich möglich zwischen analog und digital.

Selbst für den, gelegentlich verwendeten stregeren Unschärfekreis von nur 15 Mikrometern reicht ein 3,2 MPix Sensor aus (rechnet einmal nach…)

Zudem bleiben bei diesen ganzen Rechnungen Verwacklungs- oder Beugungsunschärfe unberüchsichtigt.

Das heißt in der Praxis wird man kaum einen Unterschied zwischen einer 6-10 MPix DSLR und einem ISO100 Film (der mit einer Entsprechend guten Ausrüstung belichtet wurde) ausmachen können.

Wenn der Film deutlich schlechter ist, liegt irgendwo in der Nutzerkette ein Problem...