Wer dachte, das Canon XI 1.0/90 mit seinen ca. 1,3 Kilogramm wäre so ziemlich der dickste Brummer unter den Röntgenobjektiven, der kommt ins Staunen, wenn er das erste Mal das Rayxar 1.0/90 von dem Hersteller De Oude Delft in der Hand hat. Das bringt trotz identischer optischer Eckdaten und ähnlicher Abmessungen nämlich noch mal fast ein Kilo mehr auf die ächzende Küchenwaage:
Kameraseitiger Anschluss: nicht definiert, Durchmesser der Rücklinse: 34mm
Gewicht: ca. 2100g
Gesamtlänge: 133mm
Filtergewinde: ca. 99mm
Blende: f/1.0 nicht abblendbar
Details zum optischen Aufbau unbekannt
Im Vergleich zum Canon XI 1.0/90 hat man hier auch etwas bessere Chancen für eine Adaptierung, da die Rücklinse extrem "lang" ist und abgesehen von einer leicht entfernbaren Kunststofffassung weit nach hinten über das eigentliche Metallgehause hinausragt. Ich musste trotzdem noch einiges an Aluminium abschleifen, um einen fokussierbaren Adapter zwischen die A7s und dieses Trumm zu bekommen (in meinem Fall ein OM/NEX-Helicoid), aber dann bekommt man im Gegensatz zum Canon eben eine über einen interessanten Bereich fokussierbare Adaptierung. Bis ca. 5m Entfernung komme ich auf diese Weise - dann ist Schluss weil die Rücklinse anfängt im Gehäuse der A7s anzustoßen.
Bei dieser Gelegenheit sei noch einmal daran erinnert, dass solche Experimente mit großer Vorsicht durchgeführt werden sollten, um nicht das Innenleben der teuren Kameras zu ruinieren. Ich bin zwar immer wieder erstaunt, welche Misshandlungen der Verschluss meiner A7s schon überlebt hat, aber empfehlen würde ich das trotzdem nicht, was ich so alles damit anstelle.
Auf etwas größere Entfernung erscheint in den äußersten Ecken eine Vignettierung, aber ansonsten wird der KB-Sensor weitgehend ausgeleuchtet, wenngleich mit erheblichem Schärfe- und Helligkeitsabfall zu den Rändern hin:
Die optischen Eigenschaften sind dem Canon XI auf den ersten Blick ähnlich. Natürlich sind beide keine Schärfewunder und breiten einen Schleier über die meisten Kontrastkanten, aber das Bokeh ist schon so unterschiedlich, dass man sicher sein kann, dass hier zwei deutlich unterschiedliche optische Rechnungen vorliegen. Man vergleiche z.B. dieses Bild mit dem entsprechenden im Canon-Thread:
Auch scheint mir das De Oude Delft einen Tick schärfer zu sein. Vor allem auf etwas größere Entfernungen schlägt es sich erstaunlich gut, wie man z.B. an diesem Bild mit 100%-Ausschnitt sehen kann:
100%-Ausschnitt
Trifft man den Fokus sauber, hält sich auch das Glühen an Kontrastkanten einigermaßen in Grenzen. Wunder darf man natürlich nicht erwarten und über glänzendes Metall in der Sonne würde ich als Motiv nicht einmal nachdenken:
100%-Ausschnitt
Und das beste ist natürlich, dass man mit der Fokussierung die Möglichkeit bekommt, auf Halbdistanz das beeindruckende Freistellpotential zu nutzen, anstatt im Nahbereich mit dem dann nur wenige Millimeter schmalen Schärfebereich herumzukämpfen.
Für actionreiche Fotos ist das De Oude Delft allein schon deswegen nicht zu gebrauchen weil die Fokussierung über den kleinen Makroadapter alles andere als flink und leichtgängig ist. Und die schiere Masse möchte auch erst einmal gestemmt werden. Das grenzt schon an sportliche Betätigung wenn man die fast drei Kilo inclusive Kamera vor das Auge wuchtet. Aber für ein paar friedlich grasende Schafe oder ähnlich gemütliche Motive ist es mit etwas Übung durchaus verwendbar.
Alles in allem: Für ein Röntgenobjektiv vergleichsweise gut und "normal" nutzbar, großartiges Freistellpotential, akzeptable optische Fehler, aber vom Handling her eine echte Herausforderung.
Und möglicherweise mein Objektiv mit dem niedrigsten Kilopreis...![]()