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Meyer Optik Lydith 3.5/30 (neu)
Über das klassische Lydith wurde hier im DCC ja schon öfters geschrieben, ich möchte nun in drei Teilen die neueste Version (2. neue Version) vorstellen. Ich habe diese Texte bereits auf meinem Blog veröffenticht.
Hier möchte ich meine Eindrücke schildern, die das neue Meyer Lydith in den letzten Wochen bei mir hinterlassen hat. Was gefällt mir daran? Was gefällt mir nicht? Eines kann ich vorweg nehmen: die positiven Seiten überwiegen … bei weitem.
Bevor ich im nächsten Teil das Objektiv etwas näher beschreibe, beginne ich mit ein paar Impressionen, die ein Vergleich der „Vintage“-Version (mit EXA-Bajonett) und der brandneuen Version ergeben hat.
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Grundsätzlich ist festzustellen, dass Meyer es geschafft hat, den typischen Charakter des Objektivs beizubehalten. Die Bilder wirken sehr ähnlich, wobei die Verbesserungen bei genauem Hinsehen schon erkennbar sind. Die neue Version zeigt zum Beispiel ein besseres Kontrastverhalten und ist nicht so anfällig für Flares bei Gegen- und Seitenlicht. Einen Schärfeunterschied kann man nicht auf den ersten Blick erkennen, was aber vor allem daran liegt, dass schon das klassische Lydith zentral recht scharf abbildet.
Hier nun ein paar direkte Gegenüberstellungen. Alle Fotos wurden jeweils bei gleicher Blende an der gleichen Kamera aufgenommen und werden unbearbeitet („out-of-cam“) hier gezeigt:
Vintage:
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Neu:
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Vintage:
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Neu:
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Man sieht, dass hier die Qualitätsunterschiede nicht wirklich ins Auge springen. Das liegt aber in erster Linie daran, dass bereits die klassische Version ein sehr gutes und überaus unterschätzes Objektiv ist.
Nur wenn man genauer hinschaut, erkennt man, wo das moderne Exemplar besser ist.
Auch im Nahbereich sind sich beide Objektive sehr ähnlich. Die folgenden beiden Fotos zeigen das. Man kann kaum unterscheiden, welches Foto mit welchem Objektiv aufgenommen wurde:
Vintage:
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Neu:
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Erneut wird klar, wie gut es Meyer verstanden hat, die „Persönlichkeit“ des klassischen Lydith zu bewahren.
Was also lässt sich dazu sagen? Wer schon ein sehr gut erhaltenes altes Lydith hat und sich an gelegentlichen leichten Schleiern bei Streulicht nicht stört, muss sich die neue Version nicht kaufen.
Wer aber diesen besonderen Charakter eines Lydith nutzen möchte und das in einem Paket mit besserer Vergütung, etwas höherer Schärfe und einer ausgezeichneten Verarbeitung (dazu in einem folgenden Beitrag mehr) haben möchte, dem kann man die neue Version wärmstens empfehlen.
Im nächsten Beitrag folgt das Näheres zum neuen Exemplar…
Disclaimer: Mir wurde das neue Objektiv frisch gewartet von Meyer leihweise zur Verfügung gestellt. Ich erhalte weder eine finanzielle Zuwendung von Meyer, noch darf ich das Lydith behalten. Nach der „Testzeit“ muss ich das Objektiv wieder zurückschicken. Meine Beiträge unterliegen daher keinerlei Einschränkungen und können komplett objektiv (pun intended) sein.
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Das Foto zeigt das Meyer Lydith mit Nikon-Bajonett und einem Nikon-auf-Leica-M- sowie einem Leica-M-auf-Leica-L-Adapter. In Ermangelung eines Nikon-auf-L-Adapters musste ich auf Adapter-Stacking zurückgreifen. Doch das funktioniert sehr gut.
Geschichte
Das neue Lydith 3.5/30 von Meyer Optik Görlitz hat eine lange Tradition und mehrere Reinkarnationen hinter sich. Angefangen hat meines Wissens nach seine Geschichte Anfang der 1950ern mit dem „Helioplan 4.5/40“, einem Versuch, ein fünflinsiges, leistungsstarkes Objektiv zu konstruieren, das mehr Weitwinkel als ein Normalobjektiv bot. Mit 40mm Brennweite war das natürlich nicht so ergiebig, so dass man bereits Mitte der 50er das „Primagon 4.5/35“ mit 4 Linsen nachlegte. 35mm sind die klassische Weitwinkelbrennweite fürs Kleinbild der Nachkriegszeit, viel weitwinkliger wurde es kaum. Heute werden 35mm kaum mehr als weitwinklig angesehen. Erst Anfang der 60er Jahre folgte dann mit dem ersten „Lydith 3.5/30“ ein Objektiv, das wir auch heute noch als „Weitwinkel“ bezeichnen würden. Das Lydith war wieder ein 5-Linser und bot zudem noch die höhere Lichtstärke von f/3.5. Das klingt für heutige Ohren nicht besonders lichtstark, doch der spezielle Abbildungscharakter des Lydiths – die Konzentration auf die Bildmitte und ein natürlicher Abfall der Bildschärfe zum Rand hin, sowie ein sehr eigener Übergang aus dem Schärfebereich – machte eine Freistellung leichter möglich als es von einem 3.5/30 zu erwarten ist. Ab Anfang der 1970er wurde dann nach einer Überführung von Meyer-Optik in das Kombinat Pentacon in der ehemaligen DDR aus dem Lydith das annähernd baugleiche „Pentacon 3.5/30“ – eine gewisse Auszeichnung für das Objektiv, denn es wurden nur die Designs übernommen, von denen man sich auch etwas versprach.
Vor einigen Jahren hatten einige Menschen bei NetSE die Idee, die alten Meyer-Rechnungen wiederauferstehen zu lassen. Die Objektive waren bereits hochspannend und zum Teil überaus gut. (Ich besitze noch ein faszinierendes Primoplan 75 aus dieser „Koblenzer Ära“.) Leider wurden die Objektive zu zwar durch die Manufaktur bedingten aber dennoch sehr hohen Preisen verkauft, die sich im Markt nicht wirklich behaupten konnten.
Kürzlich hat dann OPC Optical Precision Components Europe GmbH die Nachfolge angetreten und scheint etwas anders zu kalkulieren. Die neuesten Meyers sind keine Schnäppchen (wie einige der TTArtisan oder 7artisans Objektive), doch sie sind deutlich günstiger als die Modelle der ersten Reinkarnation – aber weder minderwertiger verarbeitet noch schlechter in der Leistung … definitiv nicht!
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Haptik und Aussehen
Ob einem ein Objektiv gefällt oder nicht, ist in höchstem Maße subjektiv. Dem einen gefallen sehr modern designte Objektive oder vor allem welche, die nach vorne hin etwas breiter werden; dem anderen welche, die sich nach vorne verjüngen oder gar chrom-silbrige Exemplare. Für mich sieht das Lydith, so wie alle neuen Meyer-Objektive, sehr gut aus. (Übrigens, mir gefallen auch die meisten klassischen Meyers gut.)
Was die Haptik betrifft, so spielen die neuen Versionen in der Top-Liga. So auch das Lydith. Es ist sehr sauber verarbeitet, sowohl der Fokus- als auch der Blendenring drehen sich samtig und mit genau dem richtigen Widerstand. Bezüglich des „Anfassgefühls“ lässt sich keinerlei Unterschied beispielsweise zu Objektiven von Zeiss feststellen. Man nimmt solch ein Objektiv einfach gerne in die Hand und hat Zutrauen, wenn es an der Kamera ist.
Internes
Die inneren Elemente sind hochwertig vergütet – was den entscheidenden Unterschied zur klassischen Version darstellt und was durch eine deutlich niedrigere Neigung zur Abzeichnungen und Schleier bewirkt.
Eine Besonderheit – auch bei den modernen Meyer-Exemplaren – ist die Blende, oder genauer: die Art der Blendenöffnung. Ich habe nicht genau gezählt, doch die Blende öffnet fast kreisrund durch eine hohe Anzahl an Aperturlamellen. Solch eine Form sorgt dafür, dass Lichter im Unschärfebereich („Bokeh-Highlights“) kreisförmig und nicht eckig dargestellt werden. Auf das Bokeh an sich hat das hingegen nur sekundären Einfluss. Ob ein Bokeh als „wild“ oder „cremig“ dargestellt wird, hängt vielmehr an der Art der Korrektur und am Design des optischen Systems. (Sonst hätte ja jedes Objektiv bei Offenblende – die ja immer rund ist – ein weiches, unaufgeregtes Bokeh.)
Das Bokeh des Lydith ist nicht cremig (wie beispielsweise einige Portraitobjektive das zeigen) im eigentlichen Sinne, aber auch nicht so sehr „speziell“ wie etwa beim Trioplan 100 – zum Glück möchte ich ergänzen. Das Lydith zeit ein sehr charakteristisches Bokeh, beinahe wiedererkennbar, könnte man meinen.
Leistung und Abbildungscharakter
Das Lydith ist kein modernes Hochleistungs-Weitwinkel-Objektiv, das von Ecke zu Ecke bereits offenblendig scharf ist. Wer so etwas sucht, ist hier falsch und muss sich an modernen Rechnungen orientieren.
Wer sich für ein Lydith interessiert, sucht ein Objektiv, das einen „Vintage“-Look mit einem relativ weitem Bildwinkel verbindet und zudem noch einen ganz besonderen Übergang vom Schärfe- zum Unschärfebereich bietet. „Vintage“-Look fragen Sie? Nun, einige würde darin wohl eine Ansammlung an kleineren Bildfehlern erkennen, die in modernen AF-Objektiven durch komplexe optische Rechnungen mit zahlreichen internen Elementen weitgehend beseitigt wurden. Andere sehen darin aber genau das, was das klinisch Sterile, das Austauschbare in modernen Objektiven durch eine Eigenständigkeit und eben einen „Charakter“ ersetzt. Etwas, das – wenn richtig angewendet – auf Fotos zu einem Wow-Effekt führt, der per Nachbearbeitung nur sehr schwer oder gar nicht erreichbar ist.
Für mich persönlich ist zudem das Fotografieren mit solchen Charakter-Objektiven oft – sofern man nicht schnell und wiederholbar zuverlässig zu Ergebnissen kommen muss – spannender, da man mehr an Zeit und Gedanken investieren muss, dann aber mit einem höheren Gefühl der Zufriedenheit belohnt wird – es ist neudeutsch überaus „rewarding“.
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Die Kombination aus relativ kompaktem Lydith und der CL passt sehr gut. Man hat ausgezeichnet verarbeitete Fotosachen in der Hand.
Wir hatten das Glück in Belgien ein paar Tage „Goldenen Oktober“ zu erleben und da das Licht gegen 18 Uhr sehr schön war, bin ich noch einmal in Richtung Strand gegangen, natürlich mit einigen Fotosachen im Gepäck: neben einer Olympus Mju mit einem Lomography Metropolitan, einer Mamiya 645 mit einem Lomography Purple eben auch die Leica CL mit dem neuen Meyer Lydith 3.5/30.
Hier nun ein paar fotografische Eindrücke mit diesem Set aufgenommen:
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Die Fotos wurden leicht nachbearbeitet mit Adobe Lightroom auf einem iPad.
Im ersten beiden Bild erkennt man, wie das Lydith bei Offenblende rasch zum Rand hin an Schärfe verliert. Das ist Teil des typischen Charakters und das muss man wissen, wenn man es einsetzt. Abgeblendet verliert das zunehmend an Bedeutung – wie die anderen Fotos zeigen.
Ich muss sagen, mir gefällt das Lydith sehr. Es ist defintitiv kein Hochleistungsobjektiv aber es macht einfach Spaß, damit zu fotografieren.