Dies ist ein sehr selten anzutreffendes Tessar, die Brennweite und Lichtstärke ist so ausgelegt dass es das maximal Mögliche ist was noch in den kleinen Compur 00 Verschluss passt.
Es ist daher kein Helligkeitswunder aber eine interessante Brennweite die, zugegebenermaßen, schon seit viele Jahren unbeachtet in einer Schublade lag.
Der Verschluss war völlig verharzt, das Glas fleckig und staubig, die Frontlinsenverstellung saß fest wie verschweißt und der Anschlag für Unendlich war verlustig.
Der Zustand war dann auch der Grund warum ich nie das Objektiv für Aufnahmezwecke in Betracht gezogen habe.
Da ich aber vor einiger Zeit ein Heliar 3,5/75mm, das auch eine Frontlinsen Einstellung hat, so adaptiert habe das diese Art der Fokussierung als stufenlose Einstellung einer Weichzeichnung dient kam ich auf die Idee es auch mit einem Tessar zu versuchen.
Dafür mussten natürlich alles Defekte und Mängel beseitigt werden.
Der Verschluss läuft wieder, das Glas ist gereinigt, die Fokussierung konnte ich tatsächlich wieder lösen, sie war falsch zusammen geschraubt und es wurde anscheinend mit Gewalt versucht die Gewinde weiter zu verschrauben, was natürlich ohne Erfolg blieb.
Diesen Schneckengang musste ich daher mit Diamantpaste läppen, jetzt läuft der wieder wie am ersten Tag.
Einen neuen Anschlag habe ich auch angefertigt allerdings habe ich ihn so gebaut das ich die Frontlinse nahezu zweimal aus der Fassung herausdrehen kann um so eine größere Abweichung von der optimalen Stellung der Linsen zueinander zu bekommen. Das fand ich nötig weil die Brennweite doch schon recht lang und die Lichtstärke eher moderat ist.
Bei meinen ersten Aufnahmen konnte ich dann feststellen dass das Objektiv auf Unendlich eine ansprechende Schärfeleistung bringt, es kommt nicht an das Heliar heran aber es ergeben sich brauchbare Ergebnisse.
Wenn ich die Frontlinse eine Umdrehung herausdrehe zeigt sich eine leichte duftige Weichzeichnung, sie scheint nur durch sphärische Aberration verursacht zu werden, der Auszug liegt schließlich im Rahmen dessen was der rechnende Optiker als noch vertretbar angesehen hat.
Wenn ich das die zweite Umdrehung nutze treten nicht nur die sphärischen Fehler auf sondern auch bereits starke chromatische Abweichungen die sich durch deutliche Farbsäume bemerkbar machen.
In dem einen 1:1 Ausschnitt habe ich den Übergang der Farbsäume mit Pfeilen markiert.
Chromatische Fehler ergeben eine andere Form der Weichzeichnung weil sich dadurch der scharfe Kern in der Aufnahme, je nach Stärke der Fehler, auflöst. Besonders wird das deutlich in großen Lichtgegensätzen wie in dem Beispiel zu sehen.
In dem 1:1 Bild Vergleich ist das deutlich reduzierter, die Linke Aufnahme wurde mit dem Objektiv in Unendlich Einstellung gemacht, die Rechte dann mit zwei Umdrehungen an der Fronlinse.
Da das Licht hier deutlich diffuser war sind die Farbsäume sehr viel kleiner.
Weiterhin fällt im direkten Vergleich auf das die Brennweite kleiner wird wenn die Linsenabstände sich vergrößern.
Ich weiß dass sich das alles sehr thorethisch liest aber es ist wichtig um zu verstehen wie Weichzeichner arbeiten und dass das Licht dabei eine enorme Bedeutung hat.
Jetzt warte ich auf besseres Wetter um auch dieses Objektiv einem richtigen Test zu unterziehen.
Hier ein paar Fotos von der Optik und die erwähnte 1:1 Ausschnitte: