Grad aus historischer Sicht kein schlechter Artikel, danke für die Mühen des Digitalisierens.
Ich würde gern auf ein paar Punkte eingehen, die, je nach Fasson, öde oder spannend sein könnten :-)
- In alter Lektüre ist regelmäßig nachzulesen, daß eine "übermäßige" Weichzeichnung, hier in Deutschland, verpönt war.
Gelehrt wurde daher, nur milde weichzuzeichnen und das "amerikanisch kitschige, wollige und an Zuckerwatte erinnernde Weichzeichnen thunlichst zu unterlassen".
So wunderte es mich dann auch wenig, daß mir die Ausstellung "Das Zimmer" mit den Bildern des Herren Kühn zumindest hinsichtlich der Weich-Zeichnung überhaupt gar nicht zusagten.
- Das erwähnte, und von Rodenstock nicht umsonst beigelegte Gelbfilter hatte im Wesentlichen die Aufgabe, bei damals noch gängiger Verwendung orthochromatischen (rotblindem) "Films" ein Verschieben des Fokus zu verhindern.
- Mit "gestuften Negativen" wird Bezug auf die Densitometrie genommen, welche Fotografen heute eher als Zonensystem kennen.
Nun, das Wissen um densitometrisches Verhalten von Silbergelatine in Abhängigkeit von der Belichtungsintensität wurde nicht von Ansel Adams erfunden, das gab es bereits Jahrzehnte vorher. Und Drucker kannten/kennen sie eh berufsbedingt.
- Die Entwicklung der Negative klingt hier nach herber Esotherik und wüster Zauberei, aber das Mehrbad-Verfahren unter Sichtkontrolle war einst das probate Mittel, um die aufgenommenen Kontraste überhaupt zu Papier zu bekommen.
Ich quäle selber noch heute ein paar zarte Tonwertverbesserungen über Mehrbäder, auch mit Warmwasser, aus meinen Papiernegativen - bei heutigem Film tut das natürlich nicht Not.
Die Materialien damals (und sogar noch heutiges Fotopapier ) gaben den heute feinstufig machbaren Kontrastumfang einfach nicht her, und auch deswegen hatte der Herr Photograph stets ein mild zeichnendes Objektiv, gerne den Weichzeichner, in der Satteltasche, um bereits bei der Aufnahme einen harschen Motivkontrast einzudämmen.
Natürlich konnte man mit dem WZ auch die angeherbten Warzen eines alten Kleppers bereits aufnahmeseitig retuschieren :-)
Die grundsätzliche Negativretusche war allerdings ebenfalls für die Kontrastbändigung unumgänglich.
- Die im Text erwähnte "Aufhellung der Schatten" drückt das bildwirksame Verhalten eines WZ gut aus, und eine Blende weniger Kontrast ließ sich jedenfalls schon mal leichter auf damaliges festgraduiertes Papier aufbelichten.
Damit einher geht auch die ebenfalls angesprochen, richtige Belichtung, was meiner Erfahrung nach nicht minder für die Ausarbeitung auf dem Papierabzug gilt.
- Pinakryptol war dringend nötig, um die eines Tages aufgekommenen Panemulsionen, also rotempfindliches Material, weiterhin unter Sicht mit Licht entwickeln zu können.
Hier sagte man schlicht "die Platte wird narkotisiert".
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Mit den Beschreibungen zum Fokussieren und zum auf der Mattscheibe Gesehenem gehe ich nicht vollumfänglich mit, lasse dies aber, wie beschrieben, als anfängergeeignet stehen.
Tatsächlich gab es erklärbare und auch damals bereits erklärte Phänomene, welche bis heute nicht zur Gänze eliminiert sind - als da wären Blendenshift, Fokusshift (Jener noch unterteilt in optischen und chemischen Fokus), also auch die sichtbaren, nicht beieinanderliegenden Brennpunkte bei den unterkorrigierten Weichzeichnern.
Bei Öffnung der Blende nach abgeblendeter Fokussierung kann also neben dem sowieso gänzlich anderen (Erscheinings-) Bild der Fokus wandern.
Rodenstock wies im Beipackzettel zum Imagon selbst auf die Veränderung der Brennweite hin, was allein schon ein fokales Driften ergibt.
Auch hinsichtlich der Wirkung und gewünschter Überstrahlung, welche man durch leichtes Nachfokussieren erreichen kann, ergibt sich also zwangsweise eine Nacharbeit der abgeblendeten Einstellungen, woraus sich die Frage ergeben könnte, ob man sich den Schritt der nicht bildechten Voreinstellungen, das Abblenden, nicht gleich sparen könnte, um die erwünschte Anmutung direkt zu sehen.
Dies sei aber dem Anwender überlassen; viel Theorie ersetzt nicht das paraktische Kennenlernen einer weichzeichnenden Optik:-)
Gut Licht, und vor Allem die mit dem WZ gelungene "Schilderung" des Lichtes,
Reginald