5. Nahbereich: Schärfe und Bokeh
Anhand der bisher gezeigten Schwächen wird klar, warum Vergleiche à la "fast so gut wie das hochgelobte …" oder "super Alternative zum teuren …" in etwa so realitätsnah sind wie "Messing ist eine super Alternative zum teuren und hochgelobten Gold". Messing ist nicht Gold und die großen Probleme von CAs, Randunschärfe und Verzeichnung belegen, dass das Cosinon kein Nikkor, Rokkor, Takumar usw. ist.
Nach so viel schlechten Nachrichten nun aber zu eindeutigen Stärken des Objektivs. Die liegen, wie bei den Belichtungsreihen gesehen, bei der guten Schärfe im mittleren Bildbereich und beim Bokeh.
Hier zunächst eine Belichtungsreihe in der Naheinstellung mit 1:1-Crops der Schärfeebene:
Das Potenzial des Cosinon sehe ich in der Eignung als Freistellungsobjektiv. Überstrahlungen fallen selbst bei kritischen Lichtverhältnissen wie hier nicht so gravierend störend ins Gewicht wie in der Fern- oder gar Unendlichkeitseinstellung. Das Cosinon zeigt bei Offenblende ein wirklich erstklassiges, ruhiges und ausgewogenes Bokeh, auch die Schärfe ist für bestimmte Situationen bereits akzeptabel, darauf gehe ich noch ein. Nicht nur f/2, auch f/2.8 zeigt angenehm ruhige Unschärfekreise, das geht auch mit 8 Blendenlamellen bei hochwertigen Objektiven weitaus schlechter. Selbst bei f/4 finde ich das Bokeh durchaus akzeptabel, vor allem in Kombination mit der erstklassigen Schärfe des freigestellten Objekts. Für mich ist Blende 2.8 hier die beste Einstellung: angenehmes Bokeh bei gleichzeitig sehr guter Schärfe in der Bildmitte.
Bei einer kritisch hohen Anzahl eng beieinander liegender Unschärfekreisen bietet das Cosinon immer noch einen ruhigen Hintergrund, hier ein Beispiel bei Offenblende:
Eine weitere, häufige Situation sind verteilte Unschärfekreise, hier der Himmel, der durch das Laub sichtbar wird. Auch das meistert das Cosinon sehr gut, wie ich finde:
6. Fazit und Empfehlung zum Gebrauch
Das Cosina MC Cosinon-S 1.4/50 zeigt eindeutig mehr und leider auch fotografisch gravierende Schwächen als Stärken:
+ Schärfe in mittleren Bildbereichen: brauchbar ab Blende 2.0, sehr gut ab Blende 2.8
+ Bokeh
+ Vignettierung ab Blende 2.8
- CAs
- Offenblende mit extremen Überstrahlungen/Koma
- Empfindlich für Sonnenlicht, Flares
- Rand- und Eckschärfe
- Mikrokontraste
- Verzeichnung
Geht es nur darum, Bilder mit einer Kantenlänge von bis zu 1.600 Pixeln per E-Mail zu verschicken, in Fotoforen oder gar bei Instagram zu zeigen (1000 x 1000 px), genügt fast jedes Objektiv, dafür sind auch die Leistungen des Cosinons mehr als ausreichend. Als Beleg hier ein paar bearbeitete Beispielfotos:
Möchte man die Leistungen eines Vollformatsensors auch in den Fotos ablesen können, sollte man die Voraussetzungen der Schwächen vermeiden und sich auf die Stärken das Cosinon 1.4/50 konzentrieren, also vor allem auf die Schärfe in der Bildmitte und dem Bokehverhalten. Es eignet sich meiner Ansicht nach deshalb besonders bei f/1.4 bis f/2.8 für Freistellungen und vor allem für Porträts, zumindest, wenn keine Sonne lacht. Da CAs in diesen Blendenstufen ein evidentes Problem darstellen, nicht aber die globalen Kontraste, würde ich es als ein sehr gutes Objektiv für Schwarzweissfotos bis Blende 2.8 und ausgewogenen Lichtverhältnissen empfehlen. Am APS-C-Sensor ergäbe der Crop eine Porträtbrennweite, hier wäre dann auch die nur noch moderat vorhandene Vignettierung verschwunden und die Verzeichnung wäre ohnehin kaum wahrnehmbar.
Als Beispiel hier Umsetzungsvariationen eines dösenden Katers (Vollformat, beschnitten).
Grüße
Nils