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Thema: Sigma SD9 und verschiedene Objektive

Baum-Darstellung

  1. #11
    Spitzenkommentierer Avatar von Waldschrat
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    Didym oder Didymium: https://en.wikipedia.org/wiki/Didymium

    Versieht man Glas mit einer Beimengung von Didymium, ergibt sich im Visuellen eine ziemlich wilde spektrale Durchlass-Charakteristik!

    Ein Beispiel für ein Absorptionsspektrum von Didymium-Glas findest Du hier: http://www.hellma-analytics.com/text...as-filter.html
    Hoya selbst gibt für seinen Didymium-Filter ein Transmissionsspektrum an: https://hoyafilterusa.com/product/hoya-intensifier/



    Besonders auffällig ist der steile, tiefe, und vergleichsweise breite Einbruch der Transmission kurz unter 600nm. Zufällig liegt dort die doppelte Spektrallinie vom Natrium https://de.wikipedia.org/wiki/Natrium-D-Linie auf 589,5924nm sowie 588,9951nm. Auch ohne jemals über Spektrallinien von Natrium nachgedacht zu haben, kennt JedeR diese gelborange Farbe als das vertraute, typische Gelb von Flammen (Natriumchlorid und andere Natrium-Verbindungen im Holz usw.), und aus der allgegenwärtigen Straßenbeleuchtung mit Natriumdampf-Lampen. Daraus resultierten vor >100 Jahren wohl die ersten Anwendungen von Didymium-Glas in Form von Brillen für Glasbläser. Die Sicht durch das Didymium-Glas ist einerseits farblich nur wenig beeinträchtigt und auch nur wenig dunkler als würde man ohne Brille schauen, aber die gelben Flammen-Anteile beim Glas blasen werden durch die Notchfilter-Charateristik des Didymium-Glases auf den Natriumlinien stark in der Helligkeit gedämpft. Auch im Infraroten dämpft das Filter. (siehe Wikipedia-Artikel :-)) Beides schont die Augen der Glasbläser.


    Zeitsprung um >100 Jahre in die Jetzt-Zeit:
    Heutzutage sind Didymium-Filter in der Fotografie als "Redhancer", "Red Enhancer", sowie in der Amateur-Astronomie als "Lichtverschmutzungs-Filter", "PureNight" (Beispiel: https://petapixel.com/2016/12/14/pur...ht-sky-photos/ , als "Deep-Sky-Filter für Arme", u.ä. bekannt, und verbreitet. Der erste astronomische Zweck ist selbsterklärend: Unterdrückung der Na-Spektrallinien, und damit "sauber putzen" des Himmels von einem Teil des Streulichtes der menschlichen Beleuchtung. Man kann länger belichten und ferne Galaxien und schwache Sterne lassen sich noch abbilden, die ohne Filter von der Lichtverschmutzung kaschiert worden wären. Eine sehr interessante Anwendung von Didymium-Filtern ist die Polarlicht-Fotografie. Neben der schon erwähnten starken Abschwächung von Natriumdampflampen, liegen andererseits die meisten typischen schmalbandigen Spektrallinien von Polarlicht zufällig in Wellenlängenbereichen, wo das Didymium-Glas sie nur wenig dämpft. User Marek_N aus dem polnischen "Astropolis"-Amateurastronomie-Forum erstellte dazu eine tolle Grafik, wo er die typischen Polarlicht-Spektrallinien in die Filterkurve eines Marumi Redhancer-Filters eingearbeitet hat. Etwas runterscrollen, die Grafik "Marumi Redhancer vs. zorza polarna":
    https://astropolis.pl/topic/62839-ma...-pejza%C5%BCy/



    Fotografisch dienten "Redhancer" in der Farbfilm-Ära zum Verstärken der Rottöne, um z.B. bei Herbstlaub das Rot zu betonen.
    Jetzt fragst Du nach dem konkreten Zweck vor der Sigma SD9. Dazu macht es Sinn nochmal zu erinnern, dass in einem Foveon-Sensor die Farbinformationen über Eindringtiefe des Lichtes ins Silizium, Detektion in drei verschiedenen Tiefen, gewonnen werden. Die Kanal-Trennung der Farbsignale ist durch dieses Wirkprinzip schlecht, jedenfalls um Größernordnungen geringer als bei einer RGB-gefilterten Bayer-Sensor-Matrix. Man kann sich durchaus jeden Layer des Foveon-Sensors als voll Farb-empfindlich denken, nur mit etwas verschiedener spektraler Gewichtung. Während in der obersten Schicht (falsch als Blau-Schicht benannt) noch das volle Lichtspektrum ein Signal erzeugt, ist ganz unten (falsch als Rot-Schicht benannt) halt weniger Blau im Licht, das Ausgangssignal der untersten Schicht somit etwas weniger Blau-affin, "gerötet". Die nur vergleichsweise schwach voneinander getrennten Farbkanäle bedeuten, dass die später erwünschten satten Farben in der Signalverarbeitung der Kamera bzw. im SPP rechnerisch als Differenz aus den Sensor-Signalen ziemlich "herausgepresst", heraus differenziert werden müssen. Das hat gravierende Implikationen: Wegen des "Herauspressens" der Farbinfo ist ein Eingangsspektrum mit Farbdominanten für Foveon-Kameras schwierig zu handhaben (siehe "Rotproblem" sowie schnelles "Absaufen" anderer gesättigter Farben), darum kann eine Foveon-Kamera den geneigten Sigmarianer in ihren Farbanmutungen, überraschendem Farbkippen, scheinbar nichtlinearem, "lebendigem" Verhalten, ... immer wieder entzücken. Darum rauscht eine Foveon-Kamera schon knapp unterhalb voller Durchbelichtung alsbald wesentlich mehr, darum hat sie einen geringeren Dynamikbereich, als eine moderne Bayersensor-Kamera. Darum sind die Farben bei Foveon kurz unter voller Durchbelichtung am knackigsten, werden bei weniger Belichtung schnell immer matter. Die schlechte RGB-Kanaltrennung ist wohl auch der Grund, warum eine Foveon-Kamera prinzipbedingt keine High-ISO-fähige Kamera sein kann, und wohl auch niemals werden wird. Wobei "High-ISO" bei Foveon eben bekanntlich schon ISO200 und mehr meint. ;-)



    Zurück zum Didymium-Filter: Jenes biegt und dreht am Eingangs-Spektrum des Lichtes. Dadurch erzeugt die SD9 - "auf Messers Schneide" -
    ein komplett anderes Farbset
    , wie es kein nachträglicher Dreh an den Reglern so erzeugen könnte.
    - Rot wird betont. Soweit, so naheliegend. Es ist ja ein "Redhancer".
    - Gelb wird irgendwie geklärt, und schöner dargestellt, obwohl gerade im Gelborangen der tiefe Transmissions-Einbruch des Didymium liegt.
    - Hier war wahrscheinlich auch hilfreich, dass das Gelb des Laubes gleichwohl gedämpft wird und damit weniger "ausreißt".
    - Himmels-Blau wird deutlich intensiviert und geklärt.
    - Grün wird erheblich anders und stärker ausdifferenziert, als es die ungefilterte Kamera von Haus aus tut. Schwer präzise in Worte zu fassen.


    Zu sagen wäre noch, dass es verschiedene Didymium-Filter gibt. Ein B+W-Redhancer filtert etwas anders als das von mir oft an der SD9 genutzte Hoya Didymium. Die speziellen Astronomie-Filter dürften wiederum etwas andere Charakteristiken aufweisen. Gleichwohl gelten die prinzipiellen Betrachtungen für die ganze Filter-Familie.


    Ups. Heut mal wieder etwas mehr getippt...
    Bernhard, reicht Dir das als eine erste Antwort auf Deine Frage?


    Herzlicher Gruß!
    Geändert von Waldschrat (18.11.2018 um 13:39 Uhr) Grund: Text etwas gestrafft

  2. 8 Benutzer sagen "Danke", Waldschrat :


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