Ich denke, jeder ist angetrieben von dem Motiv, einen unverwechselbaren Moment zu bannen, und wenige können sich in aller Ruhe Situation und Motiv aussuchen. Von Munchs Schrei wurde nicht nur ein Bild gemalt, man könnte sagen, Edvard Munch hat es vertieft, sich mit dem Motiv wieder und wieder auseinandergesetzt. Eine bestimmte Lichtstimmung ist nicht beliebig wiederholbar, eine verpasste Gelegenheit kommt nicht wieder, selbst wenn der Fotograf sich die Mühe macht, den Ort wieder aufzusuchen! Ein Glücklicher,, wer in dem idealen Moment den idealen Bildausschnitt findet und dann noch ein technisch kaum zu verbesserndes Bild macht. Dort hat, sagen wir, der Zufall dem Talent und dem Einsatz auf die Sprünge geholfen; dort wird der glückliche, bescheidene Fotograf nicht unbedingt alles seiner Jahrhundert-Begabung zuschreiben.

Manches wird tatsächlich durch eine kluge Nachbearbeitung erst zur akzeptablem Komposition. Warum sollte das unstatthaft sein? Ich halte die Kamera meistens etwas schief, ist aber nicht so schlimm, kann ja um ein paar Zehntelgrade korrigieren, mich stört es nicht, dass dadurch etwas abgeschnitten wird. Bei einer aufwändigen Bearbeitung oder gar Montage sollte dies aber nicht verheimlicht oder verschleiert werden. Damit sollte man offen umgehen. das wäre meine Forderung an solche Beiträge, wenn ich mich in der Position eines Jurors sähe!

Manchmal - und den Freiraum läßt mir die Fotografie - kann ich mich einfach nur an einer Pose, einem Bildmotiv oder einem Schnappschuss erfreuen, ohne dass sich mir die Frage stellt, ob es etwa - ja oder nein - Kunst sei. Das ist vieles wirklich nicht und will es nicht sein. Ich mag es oder ich mag es nicht...

Auf viele Beiträge von Foto-Amateuren reagiere ich aber mit Überraschung und Bewunderung - und gönne ihnen die Anerkennung, die es verdient, wenn manche Schüsse nicht nur gezeigt werden, sondern auch mit einer Anerkennung und Belohnung versehen werden. Der Wettbewerbgedanke - ganz typisch deutsch, so scheint mir - steht dabei aber im Hintergrund. Wir sind nicht alle vom, dieser Ausdruck hat mir kürzlich ganz gut gefallen, vom Testosteron-Team!

Martin, Bremen
--