Hallo Peter!
Womit wir wieder bei der Techniklastigkeit sind.
Ich spann mal den Bogen zu der von Dir genannten Kunstfotografin mit ihren 3 Zoomobjektiven.
Die Dame hat schlicht recht. Männchen sind technikverliebt. Es ist immer der Vorteil des Mannes gewesen, sich in den technischen Bereichen durchzusetzen, Daniel Düsentrieb zu sein. Deshalb ist er immer auf Lösungen von technischen Problemen bedacht, weniger auf Empfindung und in unserem Falle der Fotografie auf das Sehen und Wahrnehmen.
Wenigen gelingt es, sich das zu vergegenwärtigen und einfach die Technik ab einem bestimmten Level, eben wenn der von mir genannte Handwerkskasten voll ist, sich wieder auf das zu konzentrieren, was so faszinierend an der Fotografie ist.
Wie heißt es doch so schön.. "..ein Bild sagt mehr als 1000 Worte"..
und die Überlegung die dahinter steht, was das fotografische Sehen anbelangt, wie bekomme ich die "tausend und eins" Worte in das Bild.
Wie nehme ich die Umgebung wahr, sehe ich die Regentropfen und die Spiegeliung auf ihrer Oberfläche im Makrobereich, sehe ich die Schatten, die sich im Motiv verteilen, kann ich das korrigieren. Kann ich spielende Kinder im Moment höchster Begeisterung und in ihrer gedankenversunkenen Spielweise erkennen, wie kann ich mich geschickter stellen, um die Sonne auszunutzen, welche Hintergründe werden sich durch meine Stellung zum Motiv wie verändern, wachsen bei meinen Portraits dem Portraitierten irgendwelche Äste oder Masten wie Antennen aus dem Kopf.. kurzum, was sehe ich, was fällt mir auf im Moment kurz vor der Aufnahme.
Ich habe so erschreckende Fotografen gesehen. Erst kürzlich eine Dame, die mit ihrer Knipse hier bei uns an der Ostsee an den Strand kam, die Kamera hochhielt und auf die offene See hinaus fotografierte. Ich drehte mich in ihre Schußrichtung und musste mich fragen, was die dort sah.
Grafisch war das nichts weiter, als ein zweigeteiltes Bild, Horizontstrich.. unten Wasser oben wolkendichter Himmel. Nicht ein Boot, nicht eine Möwe, quasi nichts, was ausser diesen zwei Dingen Himmel (weisse Masse) und Wasser (graue Masse) auf dem Bild sein konnte. Dabei dachte ich nur.. toll was soll das nun? Für sie ist es sicher ein Erinnerungsfoto, aber was hat sie dabei empfunden und gesehen, was sie nicht auch in der Badewanne im Makrobereich hätte fotografieren können. Es ist ihre Emotion, die sie vielleicht das erste mal das Wasser an der Ostsee sehen konnte.
Erschließt sich einem Fotografen nicht wirklich und ist ein doofes Beispiel, soll aber zeigen, das sich der Fotograf stets darüber im Klaren sein muss, was er da gerade macht.
Ihr Foto wäre sicher besser geworden, hätte es auch nur irgendetwas auf dem Wasser gegeben, das einen Größenmaßstab hätte bieten können um die Endlosigkeit diese Meeres zu zeigen. Sich über so etwas klar zu werden, sich zu fragen, ob ein Foto in dieser oder jener Situation es überhaupt wert ist gemacht zu werden, ist die sicher bessere Frage und verrät viel über die Fähigkeit des fotografischen Sehens, also das Auge.
LG
Henry


Zitieren