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Thema: Die alte Kamera ist kaputt - wie geht es weiter?

Baum-Darstellung

  1. #20
    de Vörstand Avatar von hinnerker
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    Michael hat es schon korrekt gesagt.

    In der Regel handelt es sich bei den Profis um Werkstätten, die einen festen Stundenverrechnungssatz haben. In deren Kalkulation werden die Kosten, die durch Arbeit, Miete, Strom innerhalb einer Zeiteinheit (meist pro Stunde) auf eine Tätigkeit umgelegt. Dies gilt für die Begutachtung, Zerlegung und Wiederzusammenbau um sich ein Bild von den real entstehenden Erfordernissen (Ersatzteilbeschaffung, Improvisationslösungen, Teilegewinnung aus alten Kameras) und weiteren Faktoren gebildet. Da so ein Unternehmen eben keine "Non Profit" - Organisation ist, kommt dann später auch noch ein kleiner Gewinn dazu, wenn das Gerät tatsächlich repariert werden kann mit welchen Mitteln auch immer.

    Da niemand aus der Ferne sagen kann, wie hoch dieser Aufwand für Ersatzteilbeschaffung, Behebung von Folgefehlern sein wird, ist es nicht verwunderlich, dass ohne vorliegen der Kamera keine Einschätzungen abgegeben werden. Wie soll der Reparateur, der von einer Kamera nicht weiß, ob mit alten Gerät vorher Fußball gespielt wurde oder ob es sich um eine Kamera in TIP TOP Erhaltungszustand handelt, wo nur ein kleiner Justageaufwand zu betreiben ist, wie soll das aus der Ferne geklärt werden.

    Kleines Beispiel:

    Vor einigen Jahren bekam ich meine Canon EOS 1D Mark iV von einem Nachbarn geschenkt, die er aus dem Müllcontainer auf dem Betriebshof gefischt hatte. Da er wußte, dass ich Fotograf bin, brachte er sie mir mit und übergab sie mir als Geschenk .... "vielleicht bekommst Du sie für Dich wieder zum Laufen oder kannst irgendwas davon gebrauchen". Er hat von Kameras überhaupt keine Ahnung und mit Fotografie nix am Hut.

    Ich bedankte mich artig, nahm die Kamera mit und stellte erst zu Hause bei näherer Betrachtung fest, dass es sich um eine sehr hochwertige EOS 1D MK4 handelte, die er da funktionsunfähig aus dem Müll mitnahm.

    So wurde zunächst die Kamera mittels eines Netzteils "unter Strom" gesetzt". Display tat es noch und zeigte sofort irgend einen Error-Code. Auslösen unmöglich.

    Ich nahm, weil ich selbst keine Ahnung von den "Innereien" einer modernen DSLR habe, Kontakt zu Rainer Hönle aus dem DSLR Forum auf, der mir aus meiner Zeit vor dem Digicamclub noch in guter Erinnerung in Sachen Canon Kameras war.

    Ich schickte ihm die Kamera sofort zur Begutachtung ohne groß über Geld zu reden, denn es hätte alles mögliche Ursache für die Fehlfunktion sein können. Nach rund 3 Wochen kam ein Anruf, die Kamera würde wieder funktionieren. Es sei in Problem mit dem Verschluss gewesen, er hätte aber aus einer alten nicht wieder zu belebenden Kamera eines Vorgänger-Modells entsprechend notwendige Teile gewinnen können. Der Sensor war in Ordnung, alles andere ebenso. Nur auf die Sensorreinigungs - Funktion musste ich fortan verzichten. Sie funktionierte schlicht nicht und gab einen "ERR 06" zurück bis die Kamera am Hauptschalter ausgeschaltet wurde und alles wieder in den Normalmodus zurückfiel. Das heißt, nur durch den Tausch des Prozessors hätte das Problem behoben werden können, keine Sensorreinigung mehr zu haben und überdies hätte auch das Rückstellsignal zurückgemeldet werden müssen an den neuen Sensor/Prozessor falls ein neuer eingebaut werden sollte. Das aber würde finanziell der Overkill und kam vermutlich für den Vorbesitzer deshalb nicht in Frage.
    Die Kamera war bei Canon zum Service, wo man das GErät zu einem Wasserschaden erklärte, einfach weil ohnehin die Reparatur unwirtschaftlich gewesen wäre. Es kommt also immer auch darauf an, um welche Ansprüche es sich handet, die der Kunde einerseits und die Kamerawerkstatt andererseits hat. Die automatische Sensorreinigung beim Einschalten der Kamera hab ich im Menü dann deaktiviert und alles andere läuft klaglos. LiveView, Video etc laufen einwandfrei. Die Kamera ist TOP in Schuss und hatte nur ca. 115.000 Auslösungen bei einer Verschlussauslegung der Profikamera von 300.000 !

    Da mir bei der Kamera aber diese Funktion genau wie bei meiner alten EOS 5D MKII völlig egal war (hab meine Sensorreinigungen immer selbst durchgeführt und brauchte keinen Staubrüttler), hab ich mich über diese gerettete Kamera aus dem Müll sehr, sehr gefreut. Gekostet hat mich diese Altteile - Improvisation 180 Euro zzgl. des Hin- und Rückporto.

    Lange Rede kurzer Sinn. Da ein Reparateur niemals im Vorfeld - selbst bei einem vermeintlich bekannten Problem - sagen kann, was unter Umständen für Dinge oder Improvisationen noch möglich wären und ein Folgeaufwand entstehen kann, ist es nur allzu verständlich, dass sich da niemand zu einer Aussage hinreissen lassen wird, zumal dann der "Kunde" auch noch in vielen Fällen nach Garantie schreit, wenn dann doch noch nach Wochen irgend ein weiteres Problem auftaucht.

    Ein weiteres Beispiel:
    Ein Canon 2.8/300mm L aus der nFD Serie wollte ich einmal zum Canon Service geben, um eine im Inneren der Linsengruppe herumfliegende "Käfigmutter", die Teil einer Befestigung für eine bewegliche Linsengruppe im Inneren war, entfernen zu lassen und auf eventuelle SChäden und Instandsetzung prüfen zu lassen.

    Auf die Anfrage wurde mir mitgeteilt, dass man dies gern für mich machen könnte. Stundensatz 80 Euro, Ersatzteile gäbe es für dieses Objektiv nicht mehr, aber man würde es versuchen, mit anderen Mitteln bei einem Schaden instand zu setzen. Zudem würde es keinerlei Garantie geben. Voraussichtliche Dauer lag bei etwa 4 Arbeitsstunden. Das Ganze dann natürlich zzgl. Märchensteuer. Ich hab mich nach dem Anruf bei Canon dann getraut und es schmerzbefreit dann selbst gemacht.

    Diese beiden Beispiel zeigen letztlich, wie es im Professionellen Business abläuft. Und das sind schon Teile in den Beispielen, wo Reparaturen noch lohnenswert sind. Bezogen auf eine alte Kodak Retina oder eine Plastik Minolta oder Plastik Canon T90, ist es nun wirklich ziemlich sinnbefreit, zu Erwarten, dass jemand irgendeine Kostenschätzung abgibt ohne die Kamera begutachtet zu haben und niemand arbeitet kostenlos.
    Geändert von hinnerker (29.08.2023 um 08:49 Uhr)
    Canon EOS 5D MKIII, 5D MKI, Canon 1D MK IV, Sony A7, NEX7, A7 II.. und viele, viele feine Objektive aus dem Altglas-Container..

  2. 3 Benutzer sagen "Danke", hinnerker :


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