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Thema: Rodenstock Imagon 4.5/120mm Tiefenbildner / Weichzeichner - Objektiv

Baum-Darstellung

  1. #1
    de Vörstand Avatar von hinnerker
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    Standard Rodenstock Imagon 4.5/120mm Tiefenbildner / Weichzeichner - Objektiv

    Das Rodenstock IMAGON gehört in die Gruppe der so genannten „Weichzeichner – Objektive“.

    Hier soll das Imagon 4.5/120mm von Rodenstock vorgestellt werden.

    Ein paar Bemerkungen vorab:

    Weichzeichnung ist seit den Bildern des Fotografen David Hamilton, der mit seinen sehr jungen weiblichen Modellen und unter schmeichelhafter Betonung ihrer sehr knapp bekleideten Körper Weltruhm in der Fotografen-Szene erlangte, zeitweilig in den 70ern in aller Fotografen-Munde gewesen. Wer erinnert sich nicht auch an den Film „Bilitis“.. oder seine Bildbände „La danse“ und „Hamiltons Mädchen“.. ?


    Durch schmeichelhafte Weichzeichnung wurde jede Unebenheit des menschlichen Körpers in seinen Abbildungen geglättet, ohne das fotografische Motiv als „unscharf“ bezeichnen zu müssen. Durch das Überstrahlen heller Lichtpartien übten seine Bilder einen subtilen Reiz auf den Betrachter aus, da sich diese zumeist pastellartigen Farbgebungen in seinen Bildern besonders gut mit den Weichzeichnungen vertrugen und eine eigenartige Reinheit und Unschuld der zumeist nackten oder nur leicht bekleideten Damen vollendeten.

    Der Effekt an sich war nicht neu, nur die sehr geschmackvolle Umsetzung in seinen Bildern ließen den Effekt eine zeitlang neu aufleben. Man kannte den Effekt schon aus den Filmen mit diversen weiblichen Film-Darstellern der 40er und 50er Jahre, wie z.B. in den Zarah Leander Filmen..

    Heutzutage ist der Effekt per EBB auch jederzeit elektronisch in den diversen Programmen nachzubilden.

    Reizvoll ist aber der Einsatz eines hierfür vorgesehenen Objektivs und das Erlernen des Umganges mit diesem Gerätetyp.

    Vorab, es ist nicht leicht und erfordert einige Übung und viele Versuche, mit denen ich noch am Anfang stehe.

    ------

    Das Imagon ist ein zweilinsiges Objektiv, bei dem bewusst auf eine Korrektur der sphärischen Abberationen / Abbildungsfehler verzichtet wurde und stattdessen die Korrektur in Grenzen über externe Siebblenden vom Fotografen selbst gesteuert werden kann.

    Eine Blende im klassischen Sinne gibt es beim Imagon nicht.. sondern die Steuerung der Abbildungsfehler und damit auch das Überstrahlen und die Weichheit im Bild wird gesteuert über diese zugehörigen Siebblenden.

    Eine Siebblende ist eine Vorsatzblende, die ähnlich einem Filter vor der Frontlinse unserer Objektive beim Imagon jedoch „eingeclipst“ statt geschraubt wird.



    Ein vollständiger Satz dieser Siebblenden besteht aus 3 Siebblenden mit den Werten



    1. H5,8 - H7,7
    2. H7,7 - H9,5
    3. H9,5 – H11,5


    Zusammen mit dem Offenblendwert von 4.5 ergeben sich so die Bereiche von f4.5-11,5..

    Hierbei handelt es sich aber nicht um Blenden im herkömmlichen Sinne, sondern um eine Reihe von - je nach Siebblende - unterschiedlichen Lochdurchmessern im Zentrum, die von einer Reihe um das „Mittel-Loch“ angeordneten Löchern umgeben sind.

    Diese umliegenden Lochblenden können gemeinsam durch Verdrehen zweier gelöcherter Platten gegeneinander geschlossen werden.. und ergeben durch ihre Anordnung in verschiedenen Winkel und Radien unterschiedliche Sektoren-Schließwinkel, die eine Steuerung des Weichzeichnungseffekts zu den Randstrahlen hin gestatten. So wird der jeweilige Bildmittelpunkt quasi mit einer Zentralschärfe belegt, die von dem Durchmesser des mittleren Lochs mit seiner festen Öffnung abhängt, aber die angrenzenden Strahlen zum Rand hin durch die sich schließenden Löcher der Sektorenblende mehr oder minder feine Korrekturen der Abbildungsfehler erfahren..

    Die schärfsten Bilder im Zentrum erhält man logischerweise dann mit der Siebblende 3 = H9.5-H11.5..

    Hier mal zwei Bilder der Siebblende, einmal fast geöffnet und einmal fast geschlossene Außenblendlöcher..

    Offen..
    Name:  siebblende-offen.jpg
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    fast geschlossen.. geht bis zur vollständigen Schließung der Aussenlöcher.. Mittenöffnung bleibt immer unverändert.
    Name:  siebblende-geschlossen.jpg
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    Wenn man sich ansieht, wie die vom Rand ausgehend gesehenen „Löcher“ in Durchmesser und Durchlässigkeit für Strahlen vom Rand zur Mitte hin immer größer werden, wird die Steuerbarkeit des Effektes schnell klar.

    Einem mehr oder minder „scharfen Zentrum“ schließen sich – abhängig vom Stand der Blendenlöcher – die Korrektur der Abbildungsfehler in den Randbereichen des Bildes an und ergeben so die Steuerbarkeit der Überstrahlungen und damit auch der Weichheit im Bild.

    Da diese Unterschiede aber motivabhängig sehr unterschiedliche Ergebnisse bringen muss eigentlich das jeweilige Einsatzgebiet zunächst „ausgelotet“ werden.

    H9.5-H11.5 ergeben fast scharfe Fotos, weil der Effekt durch die so erfolgende Korrektur stark zurückgedrängt wird und das Ergebnis eher in Richtung „alles scharf“ gelenkt wird.

    Auch muss man sehr aufpassen, dass man den Effekt erstmal mit einem Testfoto festlegt und dann die Scharfstellung vornimmt. Es kommt bei umgedrehter Reihenfolge.. also Scharfstellen, dann Abblenden, zu einem leichten Focus-Shift..



    So will eigentlich jede Scheibe erstmal genau auf ihre Bildwirkung in Bezug auf die Motive untersucht sein. Das braucht einiges an Versuchen..

    Mit dem Siebblenden – Satz kommen noch zwei weitere Teile die unverzichtbar zu einem Imagon gehören müssen..


    1. Eine Streulichtblende..
    2. Ein Neutraldichte-Filter ND4


    Das Imagon bringt teilweise schwer vorhersehbare Effekte in die Bilder, speziell bei hellem Licht und reflektierenden Flächen reagiert es sehr eigenwillig.

    Um nun Streiflicht auszuschließen, ist die Streulichtblende aus meiner Sicht heraus unverzichtbar.

    Im gleisenden Tageslicht ist der ND – Filter ebenso notwendig, weil das Überstrahlen sonst zu mächtig wird.. speziell, wenn keine der Siebblenden genutzt werden soll.

    Hier einmal der komplette Zubehör-Satz..

    Name:  Siebblenden.jpg
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    Hinten links.. Streulichtblende, mitte Siebblende, rechts ND 4 Filter
    Vorn noch die zwei weiteren Siebblenden


    Dieses Imagon, das ich von unserem Forenkollegen Santos übernommen habe, hatte ein paar „Startschwierigkeiten“..

    Die Sieblendenverstellung der 3 Steckblenden waren fest.. ließen sich also nicht mehr verdrehen um die eben beschriebenen Effektsteuerungen vorzunehmen. Öl zwischen den zwei Schichten sorgte mit seinen Adhäsionskräften dafür, das keine bzw. nur noch mit Abnahme der Blenden und schwerstgängigem Verstellen eine Änderung möglich war. Ähnlich den "verölten Blendenlamellen" in unseren manuellen Objektiven, tritt dies also auch bei den Siebblenden auf und sorgt für eine "Verklebung" der gegeneinander zu verdrehenden Lochscheiben, was deren "Schwergängigkeit" ausmacht.

    Natürlich ein völlig indiskutabler Zustand, der erstmal beseitigt werden musste. Da diese Siebblenden nur aufgesteckt sind, müssen sich die Blenden verstellen lassen, ohne sie vom Objektiv wieder abzunehmen. Sonst ist eine visuelle Steuerung des Effekts nicht möglich.

    Die Scheiben können mit Aceton gereinigt und leichtgängig gemacht werden. Hierzu die kleine, im Bild sichtbare Schraube entfernen und die Scheiben auseinanderdrehen.. so kann man sie reinigen. Danach wieder zusammendrehen und die Schraube, wenn das Gewindeloch wieder in dem Begrenzungs-Langloch erscheint, wieder einschrauben.

    Den Haltmechanismus für die "eingeclipsten" Siebblenden sieht man im letzten Bild deutlich. Dort sind 3 von 4 kleinen Klammern sichtbar, in die die konisch zulaufende Rückseite der Siebblenden und Zubehöre eingeclipst werden. Jede der Siebblenden verfügt ebenfalls über diese Klammern. So können also die Blenden auch kaskadiert oder eben der ND 4 Filter und die Streulichtblende auf die gleich Weise an der jeweiligen Siebblende zusätzlich befestigt werden.

    Ein weiterer Punkt, der an dem Objektiv erst gerichtet werden musste, war die Klärung des Anschlusses und seiner vorherigen Verwendung..

    Das Objektiv erreichte mich, zusammengesetzt aus 4 Teilen..


    1. dem Objektivkopf mit der Fokussierschnecke
    2. einem 40,7 mm langer Tubus, der auf einem T2 Gewinde endet
    3. einem T2 auf Pentax K Anschluss-Stück, das dann in einem
    4. einem T2 auf PK Adapter steckte.



    Dabei stellte sich heraus, dass der Objektivkopf mit dem T2 Gewindetubus aber an einem T2 auf EOS EF Adapter wiederum kein unendlich erreichen konnte.. schon seltsam. Ein T2 das an einem T2 Adapter kein Unendlich ergab? Kann nicht eigentlich nicht sein..hab bislang nach langen Überlegungen auch nichts logisches herausgefunden, was mir das erklären könnte.

    Weitere Test mit analogen Kameras ergaben für diese Kombination ein Auflagemaß von etwa 42mm, denn vor das Außenbajonett einer Canon T70 gehalten, stellte sich nun ein Unendlich ein.

    Auch nach langem Überlegen fiel mir keine Kamera ein, für welche dieser Anschluss mit dem T2 Tubus vorher gebaut worden sein könnte.

    Dieser Zustand aber erschien mir inakzeptabel, so das ich einige Stunden damit verbrachte, im Fundus nach einem Lösungsansatz in Form eines passenden Tubus zu suchen, mit dem ich das Imagon sowohl an meiner Canon 5D MKII als auch an meiner Sony NEX 7 betreiben kann.

    Ergebnis der Überlegungen war die Schaffung eines neuen Tubus, der fest mit einem Canon Adapter verbunden wird.

    Nachdem ich einige dutzend Tuben aus alten Objektivleichen in Bezug auf Durchmesser, Tubenlänge und auch den Befestigungsmöglichkeiten gecheckt hatte, fiel mir per Zufall auch der Tubus eines billigen asiatischen Canon EF Zwischenringsatzes in die Hände.. der von mir nicht mehr genutzt wurde, weil die Endstücke des Satzes inzwischen zu einem festen Zwischenring umgebaut worden waren.

    Es handelt sich um die Nr. 3 eines solchen chinesischen Billig-Satzes.

    Zu meiner allergrößten Überraschung hatte dieser Zwischenring exakt den geforderten Durchmesser und als Krönung auch noch das gleiche am Objektivkopf befindliche Gewinde mit passender Gewindesteigung !

    Somit war es möglich, den Kopf des Imagon direkt in diesen Zwischenring zu schrauben !!!!

    Der Tubus brauchte nun nur noch auf die passende Länge gebracht werden. Für einen direkten Anschluss mit dem Canon Endstück war die Geschichte zu kurz, mit einem weiteren Zwischenring wieder etwas zu lang.. Alternativ kann man diesen Umstand natürlich auch nutzen, um die verschiednen Zwischenringe des EOS EF zur Vorverlegung der bevorzugten Aufnahmedistanzen zu kombinieren.
    Fotografiert man damit im Fernbereich, so kommt man mit den kurzen Zwischenringen dorthin, fotografiert man dagegen Motive im mittleren Bereich, nimmt man einen etwas längeren Tubus aus dem Zwischenringsatz.

    Ein exaktes Unendlich bis zum Nahbereich aber war erstmal mein Anliegen.. (zwischenfüttern kann man immer noch für den Nahbereich)..

    Zum Einsatz kam dann ein T2 Adapter auf Canon EOS EF Bajonett und das Einkürzen des Außengewinde des Zwischenring Nr. 3..


    Dies bot genug Wandstärke, um ihn mit dem T2 > EOS EF Adapter durch neu gesetzte Schraublöcher mit M2 Gewinde zu verbinden.

    Name:  EOS-Imagon.jpg
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    Links die neue Lösung T2 Adapter und Zwischenring Nr. 3 aus dem Satz, in der Mitte der Objektivkopf mit seinem M59 x 0,75 Schraubanschluss, rechts die alten „Mimik“ bei Anlieferung.
    Passt exakt für den Objektivkopf und ist somit nun an EOS Kameras und via EF > NEX Adapter auch an den NEX Kameras zu betreiben!


    Der neue Tubus links im Bild ist derzeit noch provisorisch verklebt und bekommt am Montag noch eine innen liegende Verstärkung, die es gestattet, beide Teile mit seitlichen Verschraubungen zu sichern.

    Dies nur als Hinweis, falls jemand selbst mal ein 120er Imagon auf seine Kamera-Norm anpassen muss weil seine Version nicht passen sollte. So kann es klappen/ gemacht werden !


    Und so sehen die ersten Ergebnisse mit dem frisch gereinigten Objektiv bei passender Tubuslänge und gangbar gemachten Siebblenden aus..

    Name:  Schlange.jpg
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    Name:  Apfel.jpg
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    Name:  Tannenzweigrosen.jpg
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    Hoffe, dies kann für den einen oder anderen von Euch hilfreich sein, wenn sich eine Gelegenheit bietet, ein solches Objektiv zu erwischen, sowohl den notwendigen Umfang des Zubehörs zu kennen und ebenso die Fallstricke bei den Siebblenden zu kennen und sich einen entsprechend seinem Kamerasystem notwendigen Tubus zu bauen.


    Ich werde in loser Folge über meine eigenen Fortschritte mit diesem recht "abgedrehten" Objektiv berichten.

    Mir gefallen bislang nur wenige der damit gemachten Fotos, aber die, welche ich mag, haben einen besonderen Charme. Ich mag diesen "Glanz" in den Bildern für manche Motive, die dieses Objektiv mit seinen steuerbaren Abbildungsfehlern erzeugen kann. Es ist eine schwer zu beschreibenden Mischung aus durch die Abbildungsfehler entstandene mangelnde Schärfe, obwohl wenn man genau hinsieht in der Vergrößerung, schon die Details vorhanden sind.. aber die "knallharte" Abgrenzung einfach fehlt.

    So wirken die Bilder zunächst "matschig", aber wenn die richtigen Einstellungen gefunden wurde, überwiegt die weiche, aber trotzdem kontrastreiche Darstellung trotz der teilweise fehlenden Detailzeichnung.

    Ist extrem schwer zu beschreiben.. man muss es einfach mal gesehen haben.

    In den beiden letzten der drei Beispielbilder kann man sich in etwa eine Vorstellung davon machen.. was gemeint ist.

    LG
    Henry
    Geändert von hinnerker (12.09.2013 um 09:42 Uhr)
    Canon EOS 5D MKIII, 5D MKI, Canon 1D MK IV, Sony A7, NEX7, A7 II.. und viele, viele feine Objektive aus dem Altglas-Container..

  2. 10 Benutzer sagen "Danke", hinnerker :


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