Aus der schier endlosen Anzahl von 2.8/35mm-Objektiven habe ich mir neulich das Auto Rikenon 1:2.8 f=35mm für M42 aus der Bucht gefischt. Warum ausgerechnet dieses? Zum einen weil es eine ausgesprochen ungewöhnliche Blendenform beim Abblenden hat, die ich mal ausprobieren wollte, zum zweiten weil Ricoh zu den Herstellern gehört, die nach wie vor nicht besonders gesucht sind obwohl man nicht zuletzt in diesem Forum immer mal wieder von Rikenon-Objektiven liest, die ausgesprochen gute Leistungen bringen. Und drittens weil ich bei exotischen Objektiven zu Preisen unterhalb der Bierkastengrenze unheimlich schlecht widerstehen kann.
So sieht der Kandidat aus:
Man sieht schon: Alles hübsch aus Metall mit geriffeltem Fokusring, solide Qualität. Die äußere Gestalt erinnert auf den ersten Blick ziemlich an das Konica Hexanon AR 2.8/35mm aber der das Handling ist noch einen Tick besser, vor allem der Blendenring rastet so schön weich und dennoch klar definiert in halben Stufen ein, wie ich es selten erlebt habe. Abgerundet wird der positive Eindruck durch einen praktischen A/M-Schalter, der den Blendenstößel außer Funktion setzt und die problemlose Verwendung beliebiger Adapter ermöglicht.
Und das sind die wichtigsten technischen Daten:
Min. Länge 53mm
Gewicht 220g
Filtergewinde 49mm
8 Blendenlamellen
Blende 2.8-16 in halben Stufen einstellbar
Naheinstellgrenze 0.4m
Fokusweg 360°
Optischer Aufbau: ?
Linsenschnitt: ?
Alle folgenden Bilder sind an der 5D MkII gemacht (KB-Format).
Die Besonderheit dieses Objektivs ist wie gesagt eine etwas kuriose Blendenform, die zwischen f/4 und f/8 irgendwo zwischen Stern und Kreissägeblatt liegt. Entsprechend sehen dann die Highlights hinter der Schärfeebene aus - in bestimmten Situationen ein nettes Gestaltungsmittel mit diesen kleinen "Sonnen":
f/5.6
Link zur hohen Auflösung: http://www.abload.de/img/rik35_g-124xuze.jpg
Interessanterweise ist das Bokeh leicht abgeblendet dennoch von den Highlights abgesehen ziemlich weich und ruhig - fast ruhiger als bei Offenblende. Die Schärfe im Nahbereich ist in Ordnung wenngleich nicht herausragend, wie auch dieser Ausschnitt aus dem obenstehenden Bild zeigt:
Mit Offenblende sieht das so aus - was da auf den ersten Blick wie ein leichter "Swirl" wirkt, liegt meiner Meinung nach eher an dem Motiv mit den gebogenen Zweigen der Magnolie im Hintergrund:
f/2.8
Link zur hohen Auflösung: http://www.abload.de/img/rik35_g-2rburl.jpg
Farben und Kontraste sind recht schön, auch bei Offenblende, aber in der Vollauflösung ist doch eine nicht unerhebliche Weichheit der Kanten zu sehen - dies tritt allerdings nach meinem bisherigen Eindruck nur im Bereich der Naheinstellgrenze auf.
Metallische Glanzlichter bewältigt das Rikenon 2.8/35 bei Offenblende schon sehr manierlich. Minimale blaue Säume sind zu erkennen, stören die Schärfe aber nicht:
f/2.8
Link zur hohen Auflösung: http://www.abload.de/img/rik35_g-9qvu7g.jpg
100%-Crop aus dem obenstehenden Bild:
![]()
Auf größere Entfernung und etwas abgeblendet ist die Schärfe bis in die Ecken durchaus beachtlich. Auch CAs sind kein Problem:
f/5.6
Link zur hohen Auflösung: http://www.abload.de/img/rik35_g-8b7uka.jpg
100%-Crop aus der rechten obere Ecke:
Schwächen zeigt das Rikenon bezüglich Vignettierung und Randschärfe bei Offenblende. Das ist bei f/2.8 nicht wirklich überzeugend, so dass man für gleichmäßige Flächen wie z.B. Architekturaufnahmen auf jeden Fall deutlich abblenden sollte - was allerdings, das muss man ja auch immer bedenken, ohnehin der fotografischen Praxis entspricht. Und die Verzeichnung ist zumindest so minimal dass man sie bei dem untenstehenden Motiv nicht erkennen kann.
f/2.8
Link zur hohen Auflösung: http://www.abload.de/img/rik35_g-100lua2.jpg
f/5.6
Link zur hohen Auflösung: http://www.abload.de/img/rik35_g-11c3uwj.jpg
Mir gefällt das Rikenon insgesamt nicht schlecht. Den normalen Einsatzbereich eines 35mm-Weitwinkels am KB-Format deckt es sehr ordentlich ab: Leicht abgeblendet ausreichend scharf bis in die Ecken und ohne CA-Probleme oder Farbsäume an Glanzlichtern. Die Vignettierung und Randunschärfe bei Offenblende ist zwar recht ausgeprägt aber Motive, für die man ein Weitwinkel bei Offenblende einsetzt, sind auch selten formatfüllend. Das Bokeh ist bei Offenblende etwas unruhig, leicht abgeblendet eher besser und hat mit den "Sonnen"-Highlights zumindest eine sehr charakteristische Eigenschaft - ob man es mag oder nicht, ist Geschmackssache.
Ich würde sagen: In der "Bierkastenklasse" eine Empfehlung wert.