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Heute habe ich mich mit einem Herrn von Meyer Optik getroffen. Wir hatten ein echt nettes und sehr offenes Gespräch, bei einem leckeren Kaffee.
(Diejenigen, die schonmal bei einem DCC-Treffen in Marburg dabei waren, wissen wo. ;) )
Es war überaus interessant zu hören, mit welcher Philosophie Meyer in die Zukunft gehen will.
Weg vom Erstauftritt auf dem Markt mit selektierten russischen und Fernost-Linsen, hin zum Eigenbau in Manufaktur-Stückzahlen.
Die ersten Objektive, die Meyer vor einiger Zeit zum "Relaunch" der Marke auf den Markt gebracht hat, haben die Firma nicht wirklich glücklich gemacht, denn der Großteil der aus dem Osten gelieferten Ware war derart mangelhaft, dass die meisten Exemplare kehrtwendend zurück geschickt wurden. Und die, die bleiben konnten, weil sie halbwegs ok waren, mussten erst auseinander gebaut, gereinigt, nachjustiert werden usw. Den Kunden hier wollten sie keinen Schund liefern. Und so ist nur ein kleiner Anteil der nach D gelieferten Ware wirklich auch beim Kunden angekommen. Das hat hohe Kosten verursacht, so hoch, dass kaum etwas verdient wurde.
Die Objektive, die es nach der Nacharbeit von Meyer - oder eher deren Partnerwerkstätten - in den Verkauf geschafft haben, sind bei den Käufern überwiegend sehr gut angekommen. Irgendwie hört man ja auch von keinem Käufer, dass er mit dem Meyer (neu) Objektiv nicht zufrieden ist. Besonders gut sind die Linsen von Hochzeitsfotografen aufgenommen worden, die die zweifelsohne "speziellen" Charakterzüge eines "Somnium" (= Helios) oder eins "Figmentum" (= Mitakon) nutzen und ganz gezielt einsetzen, um sich von anderen Fotografen abzugrenzen. Es sind also keine Universal-Objektive, sondern welche für Leute, die wissen, was sie damit machen wollen. Das ist genau der Bereich, in dem Meyer Fuß fassen möchte.
Die Objektive, die hier verkauft wurden sind wahrhaft "handverlesenen" und einzelne Teile sind durch eigens produzierte ersetzt worden (meist das, was silber ist an solch einem Objektiv). Daher auch die deutlich höheren Preise, die man vor dem Hintergrund irgendwie nachvollziehen kann. Handarbeit in deutschen Werkstätten!
Da sich das aber nicht wirklich rechnet, ist man von dieser Idee wieder abgekommen. Es wird diese erste Reihe also nicht mehr allzu lange geben. Wer noch eines haben möchte, sollte sich beeilen.
"Meyer Optik" heute ist die gleiche Firma wie "Oberwerth" (die die edlen Taschen herstellen). Einen entsprechend hohen Anspruch an Qualität haben sie auch an ihre Objektive und es ist dann schon beinahe katastrophal, wenn das nur von einer kleinen Prozentzahl gehalten werden kann. Also musste ein Richtungswechsel her.
Und so kam es zu der Idee, "echte" Meyer-Objektive als Replikas nachzubauen, die den alten Charakter behalten aber durch neue Materialien zuverlässiger und wertiger sind. Klingt ja schonmal gut. Muss man gespannt sein, ob das zu erreichen ist.
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass dort Menschen mit Herzblut und Leidenschaft am Werk sind. Das Gespräch war definitiv kein "Verkaufsgespräch" (warum auch, ich bin ja kein Einkäufer), sondern ein total offenes Gespräch über die Vor- und Nachteile der einzelnen Modelle. Das war sehr sympathisch.
In nächster Zeit, sobald welche verfügbar sind, noch sind sie in der letzten Phase der Entwicklung, bekommen ich dann auch nach und nach die neuen Modelle zugeschickt, um sie ein wenig zu "begrabbeln" und damit zu fotografieren.
Heute habe ich aber schonmal zwei Prototypen in der Hand gehabt, die noch nicht von der Haptik her optimiert waren: ein Trioplan 2.8/100 und ein Trimagon 2.6/95, außerdem ein Nocturnus 0.95/35. Die haben dennoch haptisch schon einen sehr guten Eindruck gemacht, obwohl es Vorserienmodelle waren.
Das Trioplan 2.8/100 folgt einem eher klassischen Design:
Anhang 55033
Und die Seriennummer dieses Trioplans ist schon was Besonderes: ;)
Anhang 55034
Meyer Optik will nicht mit Canon oder Nikon oder Sony konkurrieren - das könnten sie auch gar nicht. Auch nicht Leica oder Zeiss sind direkte Konkurrenten in der Marktnische, in der Meyer heimisch werden will. Es sollen "Manufaktur-Objektive" für Liebhaber werden, die genau das suchen, was diese Objektive bieten; eben z.B. die (in meinen Augen) eigentümliche Persönlichkeit eines Trioplans. Das beudetet aber auch, dass ICH mit Sicherheit kein potentieller Kunde für das neue Trioplan bin; ein anderer, dem das "alte" Trioplan gut gefällt, hingegen schon. Der bekommt ein hinsichtlich Vergütung und Verarbeitungsqualität optimiertes Trioplan (mit mehrjähriger Garantie), das aber noch immer wie ein Trioplan abbildet. Kann mir schon vorstellen, dass der eine oder andere Fan genau davon träumt.
Das Trimagon ist gewissermaßen eine "gezähmte" Version des Trioplans mit einem ähnlichen "Vintage-Charakter" aber ohne die heftigen "Seifenblasen" (sondern mit völlig neutralen Bokehscheiben). Auch da gibt es sicherlich die Anwender, die genau das suchen.
Das alles (Handarbeit/Manufaktur, komplett in Deutschland produziert, kleine Stückzahlen...) weist natürlich schon darauf hin, dass die Objektive nicht wirklich zu Schnäppchenpreisen zu haben sind. Doch wenn man einmal bedenkt, was andere in Deutschland in Handarbeit gefertigte Objektive derart kleiner Produktionszahlen sonst so kosten, erkennt man, warum die Preise hoch sind - eigentlich hoch sein müssen. Man schaue sich nur einmal Leica oder Zeiss an. Ist leider so. :(
Neben dem Trioplan und Trimagon hat Meyer noch so einiges vor. Aber das ist noch nicht für öffentliche Ohren bestimmt. Sogar im persönlichen Zweiergespräch kommen da nicht mehr als sehr vage Andeutungen. Es werden aber noch so einige "alte" Designs von Meyer-Objektiven als hochinteressant betrachtet. Wenn man sich damit etwas auskennt, kann man ja vermuten, was da noch so kommen könnte. ;)
Soweit zum Bericht für heute. Ich führe den Thread dann fort, wenn sich Neues ergibt. Freue mich schon darauf!
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Und jetzt ist die eigentliche "Reportage" fertig, mit vielen Bildern, die ich mit dem Figmentum 2/35 und dem Somnium 1.5/85 gemacht habe.
https://retrocameracs.wordpress.com/...ee-in-marburg/
Anhang 55597
Anhang 55598
Anhang 55599
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Zitat:
Zitat von
Namenloser
Danke!
Schöner Beitrag mit durchgängig schönen Fotos.
Hast du Eigenschaften ausgemacht, die die beiden Objektive "besonders" :Fraglich: machen?
Lg
Danke. :)
Das Figmentum 2/35 scheint mir eine recht moderne Rechnung zu sein: ziemlich scharf, dort wo es fokussiert ist, eher neutral in der Abbildung mit recht ausgewogenem Bokeh. Gaaaanz leichte Tendenz zu "Katzenaugen" bei f/2. Aber eher ein universal nutzbares 35er.
Das Somnium 1.5/85 ist ein "spezieller Fall": bei Offenbleden zum einen nicht leicht korrekt zu fokussieren (bei f/1.5 und 85 kein Wunder) aber auch mit deutlichen Aberrationen, abgeblendet kann es aber auch sehr scharf abbilden. Es kann so richtig heftig "swirlen" und macht Lichter im Bokeh zum Rand hin zu echten "cat-eyes". Das 85er ist ein Klotz. Die Verarbeitung ist gut, doch die Bedienung ist, nun ja, "sub-optimal", da der größte Ring derjenige ist, mit dem man die Blende schließt. Ständig will ich damit fokussieren. Der Fokus-Ring ist aber ein ziemlich schmaler Berg-und-Tal-Ring nahe am Bajonett.
Definitiv eine "Spezial-Linse" für Portraits mit solchen Effekten und weniger ein universal nutzbares Kurztele.
Anhang 55605
Diese Bild zeigt ein wenig, was ich bei dem Somnium meine. (Es ist ein wenig fehlfokussiert, wurde - wie man unschwer erkennt - nicht von mir gemacht. ;))
Es lassen sich aber beide Objektive gewinnbringend und zielführend anwenden, gerade auch in dieser Kombination!
Ich habe etwa 90 Bilder gemacht und 30 davon kamen in den Blog. Das ist eine recht gute Quote, denke ich.
Ich bin noch in der "Evaluationsphase". Mal sehen, was ich sonst noch so rausfinde...