Eine Kluft sehe ich nicht, denn beiden Genres sind sich teilweise ergänzende Medien, die von zum Teil unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen.
Während eine Fotografie seine Aussage in einem einzelnen - auf den dramatischen, schönsten oder Originellsten Moment hin verdichten muss, kann sich das Bewegtbild "Zeit lassen" im wahrsten Sinne des Wortes.
Beim Film sind eher zusammengefügte Sequenzen oder per Drehbuch festgelegte Abläufe umzusetzen, die zumeist festen vorhersehbaren Gestaltungsregeln folgen.
Aus meiner beruflichen Praxis als vor mehr als 30 Jahren tätigem Fotograf , der auch viel im "Studio Hamburg" - einer Firma mit etlichen Studios arbeitete, will ich die Unterschiede einmal verdeutlichen:
An jedem Set gab es den sogenannten "Stand-Fotografen" der zu jeder Produktion dazu gehörte. Seine Aufgabe bestand darin, sich dramaturgische Höhepunkte aus den abzudrehenden Filmen zu wählen und diese in aussagekräftige Bilder umzusetzen, die später für die Veröffentlichung in Programmzeitschriften, Kino-Reklamewände und allgemein Werbematerial zu dem Film in beliebigen Printmedien zur Verfügung gestellt wurden.
Hierzu wurden nach dem der jeweils in den Studio abgedrehte Filmteil im Kasten war, sogenannte Stellproben anberaumt, in denen die jeweiligen Schauspieler und Akteure nur für den Fotografen die jeweilige Szene nach den Vorgaben nochmals "stellten".
Dies deshalb, weil das besondere und aussagekräftigste Bild einer Szene gesucht und gefunden werden musste.
Insofern läßt sich allgemein gerade an diesem verdeutlichenden Beispiel gut erklären, das es da eigentlich nie eine Kluft gegeben hat. Beide Genres haben jeweils nur andere Aufgaben..
Während ein Film sich in seiner Handlung konzeptionell planen läßt, ist eine Fotografie auf eine komprimierte Darstellung in einem filmischen oder sonstigen Handlungsablauf auf nur ein Foto beschränkt, was - anders als Deine Darstellung - eine weitaus komplizierte Sache darstellt, als die zumeist vorbereitete Filmerei, deren technische Umsetzung in Form von Lichtführung, Kameraführung, Story-Book Umsetzung etc. zwar in der Ausführung und der benötigten "Man-Power" und Kulissen hingegen technisch-logistisch viel mehr Aufwand bedeutete, denn schließlich müssen auch kleinste Änderungen und Interaktionen zwischen den Schauspielern etc. mit teilweise geänderten und damit auch kameraseitig umzuarbeitenden Perspektiven erfasst werden. Es ist erstaunlich, wieviel Aufwand für nur eine einzelne Szene von vielleicht 3 Sekunden im Film betrieben werden musste. Danach dann Kamera umbauen, Gegenperspektive etc..
Zitat:
Wie man an meinem Beispiel sieht, gibt es zunehmend Leute die sich wegen des Filmens für manuelle Objektive interessieren. Eigentlich doch Grund genug in einem der kompetentesten Foren (vielleicht dem kompetentesten?) für manuelle Objektive sich mal umgekehrt auch Gedenken über das Filmen zu machen. Zumal sich eine Canon und manuelle Gläser gerade hier besonders schön ergänzen.
Streich das Wort zunehmend, aus dem Zitat, dann trifft es zu.. Fotografie und Filmen liegen dicht beieinander in Sachen Altglas. In der Professionellen Filmerei ist eben aufgrund der in Szenen/Sequenzen zerlegten und ausgearbeiteten, oftmals kaum mehr als einige Sekunden im fertigen Film betragenden aber mit ungeheuerem Aufwand ausgearbeiteten Szenen, schon immer und überwiegend mit manuell nachgeführten Objektiven gearbeitet worden.
Dies wurden je nach Aufnahmesituation und benötigten Lichtstärken jeweils an die Arriflex Kameras gebracht und jede Szene vorab in den Studios mit entsprechenden Belichtungsmessungen auch nur der geringsten Lichtveränderungen neu eingemessen. Wichtigstes Requisit am Set waren die Handbelichtungsmesser von Sekonic und Gossen, mit denen jede auch noch so kleine Veränderung kontrolliert wurde, und den so gut wie jeder an der Produktion beteiligte Techniker um den Hals trug.
Zitat:
Ich bin der Meinung die Dinge liegen nicht so weit auseinander wie es im ersten Moment scheint. Maßgeblich für diese Einschätzung ist aber vor allem auch das „gestalterische Endergebnis“. Wer seine Arbeit letztlich perfekt gedruckt an der Wand hängen haben möchte, für den ist Filmen sicher eine andere Welt. Wer ein digitales Endergebnis anstrebt sieht das womöglich anders.
Die Dinge liegen schon ein gutes Stück auseinander, denn wie bereits aus den Ausführungen deutlich wird, haben "Bewegt-Bilder" einen Handlungsablauf, den das Bild als starre "Momentaufnahme" nicht hat. Damit sind die Anforderungen an ein Bild auch andere... Es stellt quasi die "Quintessence" aus einem Handlungsablauf dar und kann sich des Mittels der Hinleitung auf einen dramaturgischen Höhepunkt nicht bedienen... das Bild muss - wenn es perfekt ist - den Höhepunkt exakt verdichten und herausarbeiten.
Zitat:
Unter den Letzteren gibt es zunehmend Fotografen die als Vortragsreferenten international bekannt sind und sich eine andere Frage stellen: Welche Momente lassen sich besser im Bild darstellen und welche im Film? Endergebnis ist eine Verschmelzung der beiden Welten in der sogenannten AV-Schau die durchaus begeistern kann.
Oft gibt es schon unser Wortschatz vor und ich habe es diese Nacht erlebt: hier haben sie mal wieder ihre toros-/Stier-Festlichkeiten zelebriert (bin derzeit in Spanien). „Starr vor Schreck“ und „Freudentänze“ rufen geradezu nach dem „statischen Foto“ und dem „dynamischen Film“.
Auch hier kannst Du das Wort "zunehmend" streichen, denn es ist genau die Problematik, die immer zwischen diesen beiden Medien bestanden hat. Sie hatte damals ihre Lösung in Form des geschilderten "Stand-Fotografen" am Set und ist heute in der Zeit, wo man mit jeder 200 Euro Knipse eben auch fast in HD Qualität ein Filmchen herstellen kann, in eine andere Richtung gelaufen.
Durch das Internet und die somit vorhandenen neuen Publikationsformen wie YouTube, eigene Blogs, Nachrichten-Channel etc. wird diese filmische Möglichkeit -speziell in den dokumentarischen Bereichen- inzwischen fast überwiegend benutzt, weil die Verfügbarkeit des Mediums eigentlich schon in jedem besseren Handy/Smartphone gegeben ist.
Auch Fotoreporter nutzen diese Möglichkeit immer häufiger - entbindet es sie oft davon, sich in einem unbekannten Handlungsablauf in aktueller Tagesberichterstattung auf ein einzelnes, vielleicht mißlungenes Foto verlassen zu müssen. Vielmehr wird dann "das Foto" noch in passabler Qualität aus dem Stream extrahiert, auch unter Verzicht auf das Quentchen Qualität.
Dies ist in etwa das, was Du meinst - und damit gehe ich voll konform - mit
Zitat:
Veränderte technische Rahmenbedingungen:
Die oben genannte Verschmelzung geht auch Hand in Hand mit neuen Möglichkeitenbei der Präsentation des Endergebnisses. Nach Einschätzung vieler sind neue und noch recht teure Projektoren mittlerweile auch für die Bildpräsentation besser als es die früheren Diaprojektoren waren. Zudem braucht man keine vier sondern nur noch einen. Das verschiebt die fotografische Welt etwas weg vom Papier und macht es zunehmend interessant (in wenigen Jahren vermutlich auch im Hobbybereich) seine Ergebnisse digital zu zeigen.
Vor zwei Jahren hat mir bei einem Foto-Festival der durch seine Highspeedfilm-Fledermaus-Reportagen bekannt gewordene Dietmar Nill angekündigt: „es ist nur noch eine Frage der Zeit wann speziell Wildlife-Fotografen ihre Fotos den Filmsequenzen entnehmen“. Er selbst war schon vorher anerkannter Fotograf.
Denn theoretisch betrachtet liegt der Unterschied zwischen Filmen undFotografieren doch letztlich in den unterschiedlichen fps und der Auflösung. Und auf was warten diese „Fotografen“ jeden Tag? Auf eine „Foto“kamera mit nochmehr Bildern pro Sekunde! Wenn Speichermedien und Schnittstellen mit „Foto“kameras einerseits 12k-Filme erlauben und andererseits 25 Fotos pro Sekunde machen, dann wird es zur reinen Philosophiefrage ob man gerade Filmt oder Fotografiert – oder?
Hier muss man vielleicht noch anmerken, das der Fotograf, der sich eine immer höhere Serienbildgeschwindigkeit in seiner Kamera wünscht, eigentlich damit nur eines erreichen will... den von mir oben beschriebenen, verdichteten Höhepunkt aus einer Serie herausziehen... also das Foto, bei dem die technisch, qualitativen Rahmenbedingungen alle erfüllt sind.. das haben wir früher schon mit Langfilmmagazinen an den alten Profi-SLR Kameras gemacht, wo z.B. beim Sport der Torwart im Hechtsprung den Ball "hält"... etc..
Zitat:
Und auch was den fachlichen Anspruch angeht ist es keineswegs so, dass es irgend einen Grund gibt anzunehmen, dass es z.B. mit einer Canon 5D anspruchsvoller wäre zu Fotografieren, als zu Filmen. Ganz im Gegenteil! Auch hier könnte man etwas provokativ sagen: Filmen ist wie Fotografieren – nur aufwändiger!
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All diese Versäumnisse lassen sich beim Foto im Handumdrehen korrigieren. Beim Filmen muss viel mehr darauf geachtet werden, dass das Ergebnis schon bei der Aufnahme erreicht wird. Das macht die Sache aus meiner Sicht aufwändiger.
Genau... wie bereits dargestellt.
Zitat:
Und letztlich ist eine schöne Filmsequenz bei der mit wenig Schärfentiefe vorausschauend die Schärfe zum richtigen Zeitpunkt zum richtigen Motiv geführt wird genauso schön anzusehen wie ein tolles Foto.
Mit alledem will ich sagen: ich glaube, dass wir in einer Entwicklung angekommen sind, in der manuelle Objektive keine reinen Handwerkszeuge für Fotografen sind.
Sie wurden für die Fotografie entwickelt und gebaut. Das bedeutet aber nicht, dass heute – einige Jahrzehnte später – diese Objekte immer noch reine Fotografie-Werkzeuge sind und Filmen so etwas wie einen „Missbrauch“ darstellt. Sie haben von Haus aus Eigenschaften, die sie für das Filmen sehr interessant machen, wie den festen Anschlag bei Unendlich, oder den längeren Fokusweg. Deswegen ist es völlig „legitim“ innerhalb dieser Handwerkszeuge nachweiteren guten Eigenschaften fürs Filmen zu suchen. Und Objektive die von klassischen Ansprüchen der Fotowelt abweichen sind damit heute nicht so etwas wie kaputt, defekt oder unbrauchbar. Im Gegenteil: ich denke wir alle sollten uns freuen, wenn diese Meisterwerke der Feinmechanik trotz einer Funktionseinschränkung beim Fotografieren nun beim Filmen umso nützlicher sind. Und eins sollte man nicht vergessen: wenn nicht die guten alten Optiken fürs Filmen verwenden, was denn dann? Vor allem wenn man finanziell irgendwie noch Limits hat.
Gestern kam ein Auto Mamiya Sekor 55mm f1,4. Mit einem integrierten Mechanismus um manuell die Blende stufenlos (!), weich und mit ganz leichter Verzögerung zu verstellen. Dazu haptisch viel wertiger als neue Linsen und zu einem Bruchteil der Kosten. Filmerherz was willst Du mehr, wenn du eh keinen Autofokus brauchst? Und dass du strahlst, dafür sorgt auch noch das Thorium … :-)