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Minolta MD 1.7/50mm
Ich möchte Euch hier das kleine Minolta MD 1.7/50mm vorstellen.
Ich hab mehrfach gesucht, sowohl in der Tabelle der getesteten Objektive aus auch in dem entsprechenden Faden, aber es scheint tatsächlich bislang keinen richtigen Test dieses Objektivs zu geben. Ich finde jedenfalls nur das https://www.digicamclub.de/showthread.php?t=14089.
Das Minolta MD 1.7/50mm ist heutzutage eines der letzten Altgläser, das man für den Gegenwert eines Bierkastens (oder auch darunter) bekommt. Warum das so ist und warum überhaupt Minolta den Preishype bei Altglas der letzten Jahre nicht mitmacht, verstehe ich nicht so ganz. Soll mir aber ganz recht sein. Das Minolta MD 1.7/50mm (frühere Versionen hießen MD Rokkor 1.7/50mm) ist jedenfalls in sehr hohen Stückzahlen produziert worden und ziemlich häufig.
Mein Exemplar (MD-III Fassung) haben meine Eltern 1983 zusammen mit meiner (ebenfalls noch voll funktionsfähigen) Minolta X-700 gekauft, es dürfte ca. 50 kleinere und größere Reisen und jede Menge Familienevents hinter sich haben und einen 9-jährigen Dornröschenschlaf im Regal meiner Eltern von 2008 bis 2017. Es wurde nie besonders pfleglich behandelt, war beim Skifahren dabei, im Hochgebirge, oft am Meer und Strand und sogar in der Wüste. Das Bajonett hatte zuletzt etwas Spiel, aber ich hab einfach die Schräubchen wieder angezogen, ich hoffe, es passt jetzt.
So sieht es aus:
Anhang 138910
Anhang 138911
Anhang 138912
Im letzten Bild sieht man bereits, dass es klein ist, nicht größer als der MD-Nex-Adapter
6 Linsen in 5 Gliedern
49mm Filterdurchmesser
ca. 44mm Höhe (fährt auf knapp 50mm an der Naheinstellgrenze aus)
ca. 60mm Durchmesser
160g
6 Blendenlamellen
45cm Naheinstellgrenze
Zunächst mal eine Blendenreihe an meiner 24MP Sony A7II, ausnahmsweise nicht auf die Nachbarhäuser aus unserem Dachfenster, sondern vor der Neurieder Kirche. Kamera auf Stativ, mit dem Handy fernausgelöst über die App, weil ich den Fernauslöser vergessen hatte.
Merkwürdigerweise ändert die App eigenmächtig einen Teil meiner Kameraeinstellungen und hat z.B. keine RAW-Dateien aufgenommen und auch den automatischen Weißabgleich gewählt. Der Weißabgleich der Bilder ist daher auch ganz leicht unterschiedlich. Das liegt nicht am Objektiv, es ändert seine Farbcharakteristik beim Abblenden nicht.
Ich habe die Bilder in 5000x3333 eingestellt, so dass Ihr bei Interesse reinzoomen könnt.
Und was soll ich sagen: Zusammen mit dem (noch etwas schärferen, ich hatte es mal) Minolta MD Rokkor 2/50mm die schärfste "Bierkastenoptik" weit und breit.
Bei Offenblende in der Mitte schon viele Details, aber wenig Kontrast, zu den Ecken hin realtiv schnell schwächer. Großer Sprung bei f2.8, dort in der Mitte scharf und kontrastreich, was sich auch ein ganzes Stück Richtung Ecken fortsetzt. Bei f4 keine große Änderung, die Mitte kann eigentlich nicht mehr besser werden, der scharfe Bereich vergrößert sich deutlich Richtung Ecken. Bei f5.6 und f8 scharf und kontrastreich bis in die äußersten Ecken, die bei f8 vielleicht noch minimal besser sind. f11 in der Mitte auf hohem Niveau etwas weicher, Ecken wie bei f8.
Gefühlt würde ich sagen (ich habe mal Vergleichsbilder gemacht, aber dummerweise irgendwann gelöscht): Von der Schärfe her keinesfalls schlechter als mein Voigtländer Color Ultron 1.8/50mm oder mein Pancolar 1.8/50mm. Ab f5.6 auch nicht schlechter als mein Minolta MC Rokkor-PG 1.4/50mm oder mein Zeiss C/Y Planar 1.4/50mm.
Fortsetzung folgt...
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So, dann also weiter.
Nochmal ein Beispiel für die Schärfeleistung bei f5.6 auf große Entfernung. Ich finde, da gibt es nichts auszusetzen, wieder in hoher Auflösung zum Reinzoomen.
Anhang 138927
Dann ein bisschen was zum Gegenlichtverhalten, traditionell nicht die Paradedisziplin der Minoltas.
Zunächst bei Offenblende und weitgehend abgeschatteter Sonne, dann bei f11 mit unterschiedlich abgeschatteter Sonne
Bei einigermaßen abgeschatteter Sonne hält es gut den Kontrast hoch, sowohl offen als bei f11. Bei etwas mehr Sonne gibt es bei f11 aber bereits erst bunte Artefakte. Bei deutlich mehr Sonne ein paar Artefakte mehr und deutlicher Kontrasteinbruch.
Der Sonnenstern ist gar nicht schön, mit diesem Sechseck in der Mitte, das dürfte an der Blendenform liegen.
Mit der Sonne im Bild sieht es dann so aus
Offenblendig konnte ich gleich mal einen schönen Fast-Ring-Flare produzieren, der Kontrast ist nicht so toll. Bei f11 sieht das viel besser aus, sowohl beim Kontrast als auch bei den Artefakten.
Im Gegenlicht ist Vorsicht geboten, es ist aber längst nicht so schlecht wie mein Exemplar des Carl Zeiss Jena Pancolar auto 1.8/50mm MC.
Eine g'scheite Gegenlichtblende sollte ich mir mal leisten, ich verwende diese billigen Gummidinger, die wenn sie verdrückt sind, gerne mal vignettieren.
Gruß Matthias
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Ein bisschen Material zum Bokeh habe ich noch, leider kriege ich es nicht hin, das so systematisch darstellen wie z.B. Nikolaus.
Ich zeig mal, was ich an Material habe:
An der Naheinstellgrenze (45cm) bei Offenblende, beim richtigen Hintergrund kann man ihm fast schon ein Bubble-Bokeh entlocken (wusste ich 30 Jahre nicht)
Anhang 138990
Bei geringerem Abstand zum fokussierten Objekt und weiter entfernten ruhigen Hintergrund, ist das Bokeh schön weich, aber das dürfte in der Situation bei fast jedem Objektiv so sein. Die Spiegelungen der tief stehenden Sonne an meinem Fahrrad bringen wieder ein paar Unschärfekreise. Leider habe ich hier nicht abgeblendet, da hätte man schön die Blendenform sehen können. Aber bei den 6 Blendenlamellen werden die Highlights sicher irgendwann hässliche Sechsecke.
Anhang 138991
Hier - ebenfalls Offenblende, aber mit schwierigerem Hintergrund - wird das Bokeh unruhiger.
Anhang 138992
Bei geeignetem Hintergrund kann es bei Offenblende aber auch durchaus "malerisch" sein.
Anhang 138993
Drei Aufnahmen auf Portraitdistanz mit verschiedenen Blenden
Das Bokeh wird bei f2.8 und 4 ruhiger, aber die Freistellung nimmt deutlich ab.
Nochmal ein Vergleich Offenblende und f2.8 bei unterschiedlich gesetztem Fokus (zuerst auf dem dicken Baumstamm, dann auf den nächstgelegenen Zweig mit Herbstblättern
Den "Sprung" bei der Schärfe/Kontrast und der abnehmenden Freistellung zwischen f1.7 und f2.8 finde ich massiv. Ich weiß aber nicht, ob das bei vielen anderen Objektiven auch der Fall ist.
Das Minolta MD 1.7/50mm ist sicher kein Bokeh-Wunder. Es hat weder ein spektakulär schönes sanftes Bokeh, aber auch kein wildes Bokeh wie viele andere Altgläser. Man kann trotzdem definitiv schöne Bilder damit machen, gerade wenn man auf den Hintergrund achtet.
Ich sollte mal Vergleichsbilder mit dem älteren Minolta MC Rokkor-PF 1.7/55mm machen, das auch bei mir rumliegt, dem ja ein schönes Bokeh nachgesagt wird.
Abgesehen von der Betrachtung des Bokeh gefallen mir die Farben auf diesen Bildern sehr gut. Wie viele Minoltagläser harmoniert das MD 1.7/50mm für meinen Geschmack farblich sehr gut mit dem Sony Sensor. Die Bilder sind nicht nachbearbeitet, JPG direkt aus der Kamera.
Gruß Matthias
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Sehr schöne Bildbeispiele, Matthias :yes::yes::yes:. Ich habe mir mal erlaubt, einige letzten Monat mit Offenblende und "Available light" (by night) gemachte Fotos zu diesem Faden beizusteuern. Alle mit Sony A7 II und hoher ISO-Empfindlichkeit.
Anhang 139385
Anhang 139386
Anhang 139387
Ich finde, das Objektiv kann auch bei f/1,7 durchaus überzeugen.
LG Volker