Also denn man los:
Lange ist's her, dass ich das wunderbare Buch von Lothar Thewes "ALPA - 50 Jahre anders als andere" intensiv studieren durfte. Vor ca. 2 Jahren machte ich mehr spaßhalber einen unverschämten Preisvorschlag (statt 2800€ "nur" 1800.-) auf eine ALPA 11Si in ebay, und der wurde überraschenderweise angenommen.
Seitdem bin ich stolzer Besitzer einer ALA 11Si in schwarz Runzellack mit dem sagenumwobenen KERN Makro Switar 1,9/50mm.
Wie alle modernen ALPAS seit den frühen 50ern sitzt der Schnellschalthebel genau anders herum, man zieht mit dem Zeigfinger von vorn nach hinten auf. Um den Hebel liegt super griffig das Zeitenrad, das man auch mit Fäustlinghandschuhen bedienen könnte. Die Kamera ist in einer Art und Weise verarbeitet, die selbst eine Nikon F erblassen lässt: Man hat richtig was massives in der Hand.
Die 11Si ist das allerletzte von 1978 bis 1990 gebaute Modell, eine der ersten SLRs mit Siliciumdioden zum Messen. Die als ALPA 2000&3000 gelabelten Chinons der 80 Jahre lasse ich mal aussen vor.
Überhaupt war ALPA als Kleinstserienhersteller (insgesamt weniger als 42.000 Kameras in ca. 60(!) Jahren) recht flott mit Innovationen dabei:
1949 hatte die Prisma Reflex als eine der ersten SLRs einen Prismensucher. Neben der Topcon RE Super war die ALPA 9d 1963 die erste SLR mit Innenmessung.
Die Anzeige des Belichtungsmessers erfolgt auf der Oberseite der Kamera und wird allen Ernstes mittels eines Prismas in den Suchereinblick eingeblendet.
ALPA selbst hat nie Objektive gebaut, die kamen von rennomierten "Fremdherstellern" wie Angenieux, Schneider, Kinoptik, Kilfitt, Schacht Ulm und nicht zuletzt die 50er Brennweite von der Schweizer Fa. Kern. Das hier gezeigte Makro Switar hat wie zahlreiche Kern Linsen für Filmkameras die "Visifocus" genannte Schärfentiefanzeige: goldfarbige Pünktchen bewegen sich beim Abblenden, einfach nur schön anzusehen. Seine Abbildungsqualität gilt als apochromatisch, eine der besten 50er Brennweiten aller Zeiten.
Was ALPAs gar nicht bieten: Springblende, irgendwelche Automatik, einen Motoranschluß (Ausnahme beschreibe ich später mal) - die Kameras sind für bedachtes, langsames Arbeiten gebaut.
Was ALPAs bieten: den absoluten endgoilen Genuß beim Anfassen und Nutzen, das geringste Auflagemaß aller je gebauten SLRs, daher passen Adapter für Nikon, M42 und zahlreiche andere an die ALPA, und nicht zuletzt das Gefühl, den Gipfel Schweizer Präzision in der Hand zu halten.
Wenn sich die Gelegnheit und Zeit bietet, schreib ich später mehr.
Wer jetzt denkt "Angeberzeugs", dem will ich nicht widersprechen, ich habe aber kein bomfazionöses Auto und keine goldene Uhr, mein Handy hat 30Euro gekostet und meine Klamotten kommen aus dem Ramschladen - also nur zu.