Ein betagter Verwandter des Otus - das Planar T* 1.4/85 (C/Y) sind wie andere AEG-Teles der Familie Zeiss seit knapp einem Jahr wieder regelmäßig auf Tour mit mir und meiner ersten Systemkamera. Sie tun ihre Arbeit ziemlich gut. Ganz besonders mag ich das, rein von den optischen Rahmendaten dem Otus nahen, rund 40 Jahre alte 1.4/85. Auch an moderner Kamera leisten sie - für mich eine sehr positive Überraschung - ziemlich gute Dienste. Mit kleineren Abstrichen, mit denen ich ganz gut leben kann. Müsste ich von den Aufnahmen leben und die Ausrüstung finanzierbar, wären High-End-Objektive wie das Otus angesagt.
Ich möchte ein Beispiel geben. Die gängigen Motive meiner schönen Stadt werden täglich tausendfach bei Blende 5.6 oder 8 in guter Qualität abgelichtet und so dachte ich mir, mit 1.4er und 2.8er Teles und einem 1.4/50 könnten mir bei großen Blendenöffnungen nachts eventuell Aufnahmen mit Kick gelingen. Für besondere Aufnahmen - und nur solche - hätte ich mit einem Kunsthändler in der Heidelberger Altstadt an der Hand. Im Verkauf an zahlungswillige Tagestouristen, vor allem aus dem asiatischen Kulturkreis, könnte er damit ganz gut auf "Stückzahl" kommen. Also bin ich mit einem schweren Sack voll schwerer Zeiss Gläser und solidem Stativ in die Altstadt gezogen. Besonders interessant für die avisierten Motiven erwies sich genau das 1.4/85. Leider musste ich dann feststellen, dass ich es in einigen Situationen weiter abblenden musste, als mir das mit Blick auf die Motivwirkung lieb war. Bei großer Blendenöffnung waren Lichter mitunter penetrant violett gerahmt und bei Abblendung auf 4 von einer Blendenstufe auf die andere dieser Bildfehler komplett weg. So lerne ich die Objektive schrittweise in Ihrem Verhalten an Digitalkamera und dabei auch ihre kleine Macken.
Ich nehme mir schon mal die Zeit, die kleinen Mängel in der Bearbeitung mit Zeit und Muse auszubügeln. Für Berufsfotografen ist das kaum eine Option. Genau für die und für gutbetuchte. anspruchsvolle Amateure sind die neuen, vergleichsweise sehr teuren und aufwändigen, schweren Konstruktionen wie das Otus 85mm gemacht. Der Vollkommenheit näher und dem Perfektionismus unserer Zeit, der das Realisierbare fordert, Rechnung tragend. Für mich liegen sie außerhalb des Budgets und auch über dem tatsächlichen Anspruch an mein Werkzeug.
lg ro