Ich finde Tests grundsätzlich klasse, unabhängig davon, dass Willi mit seiner Beschreibung der Probleme schon recht hat, wohl keiner von uns kann eine Testumgebung wie im Labor von großen Zeitschriften oder Portalen bereithalten. Die Sinnfrage stellt sich mir aber nur dort, wo offenkundig Äpfel mit Birnen verglichen werden, zum Beispiel, ob und in welchen Disziplinen eine 1940er-Linse noch mit aktuellen Produkten mithalten kann. Labortests sagen natürlich über die persönlichen Vorlieben nichts aus, aber die sind es, die jedenfalls für mich das Fotografieren ausmachen, ich finde ganz subjektive Einschätzungen ebenso am Platze wie Verglcihstests der eigenen Lieblingslinsen oder ein Vergleich mit geliehenen Exemplaren. Jeder der von mir gelesenen Tests hier oder im Systemkamera-Forum, bei Talkemount.com oder sonstwo hat immerhin dazu geführt, dass ich schon einen recht guten Überblick bekomme, welches Glas zu kaufen sich lohnt und welches vielleicht besser in der Bucht bleiben sollte.
"Jedes gute, moderne Objektiv ist bereits für höchste Auflösung bei großen Blenden optimiert. Kleinere Blenden erhöhen lediglich die Schärfentiefe…" Das schrieb Ansel Adams bekanntlich an Edward Weston, der eine Frage zur Qualität eines Objektivs hatte. Und das war 1937, nicht 2014. Weston wäre heute vermutlich auch ein täglicher Besucher des DCC…
Bis vor ein paar Jahren fischte jeder nur in seinem Teich. Tests, Charts, Einzeldarstellungen gab es schon zuhauf im Web, da wurde aber immer systemintern verglichen, die Bastler mit den adaptierten Drittlinsen an die MD MKII - ich erinnere mich an einige Forenbeiträge von Pentax-, Nikon- und Minolta-Nutzern - galten eher als eine Art Altglas-Frankensteins, obwohl gerade jene Ergebnisse weitaus interessanter waren als die Testreihe XY mit "objektiven" Ergebnissen, welches der vier Varianten eines Pentax-, Minolta-, Nikon-, Canon-50er nun am besten sei.
Heute gelten die Bastler nicht mehr als Franken- sondern eher als Einsteins, mit den Systemkameras und billigen Adaptern für nahezu alle Bajonette war es kein Problem mehr, selbst herauszufinden, welches Objektiv für welche Anforderung oder Vorliebe in Frage käme. Plötzlich waren diese Tests interessant und wichtig für die Entscheidungsfindung und man sah anhand von Vergleichstests sogar, dass auch andere, einem vorher gänzlich unbekannte Systeme auch sehr schöne Töchter haben, schöner vielleicht, als die in den Himmel gelobten eigenen. Die zunehmende Masse an verfügbaren Bildern im Web hat ja nicht nur dazu geführt, dass die Preise für Altglas teilweise ursprüngliche Verkaufspreise übertreffen, es ist für die windigen Geister auch nicht mehr so einfach, ein paar Monate vor dem geplanten Verkauf in der Bucht einen fulminanten, aber gefälschten Test zu kolportieren und zu vervielfältigen. Auf die systeminternen "Reviews" konnte man ohnehin nicht viel geben, da könnte man auch einen langjährigen BMW-Fahrer fragen, was er vom neuesten Audi oder Mercedes halte. Kurz gesagt: auf Grund der zahlreichen Tests mögen die Preise für gute Linsen wohl reichlich angezogen sein, dafür kann man viel besser einschätzen, was für einen selbst in Frage kommen könnte und was nicht.
Ich freue mich schon auf zahllose eigene Tests mit meinem rasant angewachsenen Altglasbestand.
Gruß
Nils