Testbilder sind keinesfalls sinnlos !
Zunächst hat wohl ein jeder ein eigenes "Schnelltestszenario"... wer nicht, der möge den Finger heben...![]()
Um z.B. ein Weitwinkel auf den Schärfeverlauf zu den Bildrändern hin zu untersuchen und dabei die geeignete Blendeneinstellung zu finden, nutze ich aus dem Fenster heraus unser "Hühnerhaus"...
In der Fassade des ziemlich parallel gegenüberliegenden Hauses zieht sich eine nicht verputzte Reihe Backsteine durch, ebenso wie die Dachziegel... an ihnen kann ich wunderbar für einen Schnelltest den Schärfeverlauf zu den Rändern beurteilen und wie sich das Thema bei Abblendung verhält.
Dies ist insofern wichtig, weil ein Weitwinkel schon bei Landschaftsaufnahmen eine geeignete Schärfe über das Bildfeld haben sollte und zumindest der Grad der Abblendung bekannt sein sollte, ab dem mit guten Ergebnissen zu rechnen ist.
Nach wie vor interessiert mich bei allen Brennweiten - insbesondere bei Teleaufnahmen das Maß der CAs, mit denen im Bild zu rechnen ist bei unbekannten Objektiven.
Auch die Überstrahlungsfestigkeit an metallischen Oberflächen ist mir ein wichtiges Kriterium, denn was nutzt mir ein Objektiv, dass mir blaue Farbsäume (wie z.B. beim Meostigmat oder bei einigen Zuikos) ins Bild zaubert, wo ich diese nicht erwarte.
Das bestimmte Objektivrechnungen für planparallele Fokussierungen nicht gut sind, ist im Thema Bildfeldwölbung hinreichend erläutert. Auch Aspekte wie Verzeichnungen bei Weitwinkeln etc. spielen eine ebenso wichtige Rolle bei der Beurteilung.
Ich stelle mich einmal provokant auf den Standpunkt, das Tests unbedingt erforderlich sind, denn aus meiner Sicht gehört es nach wie vor zum Handwerkszeug, das in seinem Verhalten in unterschiedlichen Situationen bekannt sein muss, will man gute und zweckgerichtete Ergebnisse mit dem jeweiligen Objektiv erzielen. Und dazu muss man es eben "kennen lernen".
Und in die gleiche Kerbe schlägt auch das Hintergrundverhalten.. Bokeh, Highlight-Gestaltung, Blur etc. es ist eben nur eine weitere Beurteilungsdisziplin.
Unabhängig davon ist es - insbesondere bei uns "alten Hasen" eine inzwischen so schnell abgehandelte Geschichte mit der Testerei geworden, dass es vielfach nichtmal mehr eines Berichtes oder langwieriger Vergleichsreihen bedarf, um ein Objektiv in die jeweilige Kategorie einzuordnen. Dies geschieht quais "im Vorbeigehen"...
Das aber ist immer eine "weiche Beurteilung" aus Erfahrung heraus... ein Beispiel möge dies verdeutlichen:
In Dinkelsbühl hatte Oliver (Paguru) sein Leica APO 3.4/180mm dabei und ich wollte es gern mal testen, weil ich es nur noch "undeutlich" aus der Erinnerung einschätzen konnte.
Von einer Position aus verglich ich es kurz mit meinem umgebauten Canon L Zoom 4/80-200mm L und konnte auf Anhieb die Qualität des Leicas in die gleiche Klasse wie das Canon L-Zoom einordnen. Bei einer 180er Brennweite reicht es mir, zu sehen, dass an Grenzflächen offen keine Säume zu erkennen sind, die Detailschärfe im Display identisch ist und das Eckenverhalten i.O. ist.
Da brauch ich einfach keine langen Testreihen mehr, was aber der Erfahrung mit vielen hundert Objektiven geschuldet ist.
Testbilder aber sind immer dann sinnvoll, wenn es darum geht etwas zu vergleichen mit einer bekannten Referenz. Und das spielt sich im Kopf bei uns mit jedem neuen und unbekannten Objektiv ab.
Man löst sich einfach mit zunehmender Erfahrung von den Testbildreihen (für sich selbst), gleichwohl bleiben Testbilder für viele, die eben diese "internen Referenzen" noch nicht gebildet haben interessant und bedeutsam. Insbesondere dann, wenn es sich um "unerfahrene Kollegen" handelt, haben diese Testbilder - mit einer Referenz dargeboten - schon noch eine erhebliche Relevanz.
Der Weg, sich über die Suche nach Bildern die mit dem einen oder anderen Objektiv gemacht wurden eine Entscheidungsgrundlage zu verschaffen - obwohl man anhand der Bilder oftmals nichts über die Nachbearbeitung weiß - ist dabei mindestens ebenso fehlerbehaftet und unter falschen Annahmen zu sehen, wie die gegebenenfalls falschen Bedingungen die aber bei statischen Testmotiven zu berücksichtigen wären.
Aus diesem Grund bin ich der Meinung, das ein "ungeschönter" Test über die nackten Fakten (ohne schöne Bildchen), mindestens die gleiche, wenn nicht eine höhere Relevanz haben wie die Beurteilung über Bildchen, denn ich will nicht das "Können" eines Fotografen und auch nicht seine Fähigkeiten in der Bildbearbeitung beurteilen, sondern "harte Fakten" in ungeschönten Bildern vom jeweiligen Objektiv sehen.
Schicke Bilder präsentiert mir die Werbung jeden Tag... mit jedem neuen "Super-Objektiv" das ein beliebiger Hersteller auf den Markt bringt... nimmste das Objektiv dann zur Hand, ist die Enttäuschung oftmals größer, als die Vorteile die die die bunten Bildchen dieser Welt versprochen haben...
LG
Henry