Liebe Altglasfreunde hier im Forum,
als kleines Jubiläum auf meiner Seite (der 60. große Objektivtest) habe ich etwas ganz Besonderes ausgesucht,
und zwar sowohl aus Sammlersicht als auch in optischer Hinsicht.
Den kompletten, SEHR ausgiebigen Test findet ihr hier auf meiner Seite:
https://www.nikolaus-burgard.de/obje...cor-85mm-f1-8/
Dort findet ihr auch die genauen Verzeichnungs-und Farbfehlertests sowie die Schärfeauswertung mit 100%-Crops etc.
Schaut dort mal rein, ich denke das ist ein extrem lohnenswerter Bericht.
Aber nun "zur Sache":
Bei uns hier in Europa führen die Kameras und Objektive von Tokyo Kogaku (Topcon) eher ein Schattendasein und blieben weitgehend unbekannt.
Dies ist insoweit erstaunlich, da die Innovationskraft und Fertigungsqualität allerhöchsten Ansprüchen genügte (unter anderem wählte die US-Navy die Topcon-Kameras und Objektive nach einem ausgiebigen Vergleich mit den zeitgenössischen Nikon-Produkten zur Verwendung aus - aufgrund der besseren optischen Qualitäten und der robusteren Verarbeitung).
Vor allem die 1962 auf der Photokina erschienene Topcon RE Super war ein Meilenstein des Kamerabaus, denn sie war die erste Kamera mit TTL (Trough the lens)-Belichtungsmessung.
Auch die komplette RE Auto-Topcor-Objektivlinie war zu ihrer Zeit "top notch". Vom Weitwinkel bis zum Super-Teleobjektiv waren alle Brennweiten vorhanden, und dies in hervorragender Verarbeitung und optisch zu ihrer Zeit absolute Spitzenklasse.
Aus dieser Objektivlinie möchte ich hier das
Tokyo Kogaku RE Auto-Topcor 85mm f1.8
ausgiebig vorstellen.
Dieses Portrait- und leichte Teleobjektiv und war zusammen mit dem RE Auto-Topcor 20mm f4 in den Jahren 1969/70 das letzte "Lebenszeichen" der Objektiventwicklung bei Tokyo Kogaku - und was für eines.
Leider wurde es nur in sehr geringer Stückzahl (laut diversen Quellen nur ca. 1200 Stück) produziert und ist eines der seltensten und das wohl gefragteste Topcor-Objektiv.
Einige technische Daten:
- Länge: xxmm
- Gewicht: 480g
- Optisches System: 6 Linsen in 5 Gruppen
- Blende: von f1.8 bis f22 mit Clicks in halben Blendenstufen, 6 Blendenlamellen
- Naheinstellgrenze: 90cm
- Frontgewindedurchmesser: 62mm
- Erscheinungsjahr: konstruiert 1970, offiziell erschienen (laut meinen Quellen) 1973
Das Objektiv hat eine normale Auszugsfokussierung.
Am kürzesten ist es bei unendlich-Einstellung,
je weiter man in den Nahbereich fokussiert, desto länger wird es.
Die Topcon RE-Kameras benutzten eine Modifikation des Exakta-Bajonetts.
Die Verriegelung ist Exakta-typisch, jedoch gibt es zusätzliche Pins zur Datenübertragung.
Typischerweise passen die meisten erhältlichen Exakta-Adapter problemlos (z.B. Exakta auf Sony E-Mount). Lediglich bei den extrem flachen Adaptern wie z.B. Exakta auf Canon EF kann es Probleme geben, hier können die zusätzlichen Pins das Ansetzen verhindern.
Ich adaptiere die Topcon-Objektive mittels eines von Hans-Jürgen Diener gebauten Helicoid-Adapters. Dieser besteht aus einem abgedrehten handelsüblichen Exakta-Adapter, der mit einem zusätzlichen M42-Helicoid verheiratet wurde und einem dünnen M42 auf Sony-E-Mount-Rückteil.
Ihr seht diesen Adapter hier neben dem Objektiv - einmal in unendlich-Einstellung und einmal mit dem möglichen zusätzlichen Auszug in den Nahbereich:
Und so sieht das Objektiv fertig adaptiert an eine der Testkameras aus:
Mit der originalen Streulichtblende ergibt sich folgendes:
Die Kombination aus Objektiv, Adapter und Kamera bleibt für ein lichtstarkes Portraitobjektiv normal groß, aber etwas dicker im Umfang als bei vergleichbaren Objektiven.
Das Objektiv selbst hat die über 5 Jahrzehnte sehr gut überdauert und sieht fast "wie neu" aus,
auch die Fokussierung läuft noch seidenweich und der Blendenring klackt satt in seine Positionen.
Kameras für die Bilder dieses Tests waren die Sony Alpha 7III (Kleinbildformat, 24MP) und die Sony Alpha 7RIII (Kleinbildformat, 42MP).
Die analytischen Bilder zur Bildschärfe sind alle mit der Sony Alpha 7RIII entstanden.
Die jeweils verwendete Kamera steht in den Bildunterschriften.
Alle Bilder sind als raw aufgenommen worden und in wurden Lightroom entwickelt.