Hallo zusammen!
Ich möchte euch einen Neuzugang vorstellen, von dem ich gar nicht sicher bin, ob er hierhin gehört oder in die Rubrik „moderne manuelle Objektive“. Das Objektiv wurde nämlich erst (je nach Quelle) 2000/2001 vorgestellt; da es aber nur bis 2008 produziert wurde, verdient es sich m.E. die Bezeichnung „Altglas“. (Es wurde danach vom Ultron 2/28mm abgelöst.)
Die Erwerbsgeschichte dieses Objektivs ist auch eine Geschichte meiner Unbedarftheit, aber dazu gleich mehr. Hier zunächst die harten Fakten:
• Anschluss: M39
• Linsen: 9 Elemente in 7 Gruppen
•Blende : 1,9 bis 22 in halben Stufen (Ausnahmen: 1,9 als „Sonderstufe“; von 16 auf 22 nur eine Stufe)
• Blendenlamellen: 10
• Naheinstellgrenze: 70 cm (mit meinem Close-Focus-Adapter reduziert auf 21,5 cm!)
• Filtergewinde: 46mm
• Länge: 63 mm
• Gewicht: 265 g
Als Besonderheit sei erwähnt, dass die Scharfstellung von Unendlich bis zur Nahgrenze in nur gut 90 Grad erfolgt; das zusammen mit der Fokussierhilfe und einem butterweichen Fokussieren erlaubt ein sehr schnelles und trotzdem präzises Scharfstellen.
Nun aber zum Kauf (wer Muße zum Lesen hat, Kaffee holen und zurücklehnen):
Ich war auf der Suche nach einem 28mm-Objektiv, da mir die 35mm doch in manchen Situationen zu lang sind, ich trotz Neigung zu 35mm einfach am liebsten ein 50mm-Objektiv als „Immerdrauf“ mitnehme und als Weitwinkel-Ergänzung nun diese Brennweite für mehr Flexibilität ausprobieren wollte. Ich habe zwar ein 2.8/28mm-Tokina, das ich mal für 30 Euro aus der Bucht geangelt habe, aber das ist weder sehr kompakt noch wirklich „inspirierend“, wenn auch von der Abbildungsleistung her für das Geld sehr in Ordnung.
Ich stieß irgendwann bei Ebay auf dieses Voigtländer, das mich auf Anhieb ansprach. Nach ein paar Rezensionen (man findet vergleichsweise wenig dazu) dachte ich mir, das wäre doch vielleicht etwas – kein Highend-Objektiv, aber doch eines von der besseren Sorte. Es wurde von einem japanischen Händler angeboten und sah auf den Fotos fast neuwertig aus. Es wurde auch als wenig gebraucht beschrieben, allerdings habe es „some haze“. Ich hatte noch nie ein Objektiv mit benebelten Linsen und dachte mir, so schlimm könne es schon nicht sein; zur Not drehe ich den Kontrastregler in der EBV etwas höher. Außerdem wollte ich einfach mal ausprobieren, wie es ist, bei einem japanischen Händler zu bestellen. Also für 280 Euro zugeschlagen, was ein echtes Schnäppchen zu werden versprach – und zur Not könnte ich es ja, wie angeboten, immer noch kostenlos zurückschicken.
Das Objektiv ging auf die Reise, und nach ein paar Tagen erhielt ich eine Nachricht von DHL, ob ich Zoll und Umsatzsteuer online über sie entrichten wolle. Wie praktisch, fand ich, dann ich muss ich mich nicht selbst darum kümmern. Als dann 90 Euro abgebucht wurden (natürlich zurecht, wie ich hierauf las), musste ich doch erstmal schlucken. Mir war klar gewesen, dass da noch etwas kommt, und ich hätte mich ja auch im Vorfeld erkundigen können statt davon auszugehen, dass es schon nicht so viel werden würde, aber da war ich doch unangenehm überrascht. Aus dem 280-Euro-Schnapper des Jahres war ein nicht mehr ganz so krasser 370-Euro-Schnapper geworden. Nun ja, wieder was gelernt.
Das Objektiv traf ein, ich setzte es auf die Kamera – und mein Sucher verwandelte sich in ein undurchdringliches Nebelfeld. Die buchstäblich nebulöse Bezeichnung „some haze“ entpuppte sich als nahezu unbrauchbar. Was tun? Normalerweise hätte ich das Objektiv einfach wieder zurückgeschickt, aber in diesem Fall wusste ich nicht, ob ich Zoll und Steuer auch wieder erstattet bekäme (und welchen Aufwand ich dafür treiben müsse) – 90 Euro für reines Lehrgeld waren mir dann doch zu viel. Und außerdem wollte ich ja immer noch ein ordentliches 28er haben.
In dieser Situation traf es sich, dass ich gerade mit unserem Mitforisten @waldbeutler korresponierte, bei dem ich ein Summicron reinigen lassen wollte (nun auf später verschoben) und bei dem ich mich nun erkundigte, ob da etwas zu machen oder das Objektiv ein wirtschaftlicher Totalschaden sei. Die Antwort machte erstmal nur bedingt Mut: Diese Ultrons sind wohl häufig vernebelt, was entweder daran liegen kann, dass die Linsen belegt sind, was sich aber ganz gut reinigen lasse; oder aber der Kit zwischen den Linsengruppen sei eingetrübt, dann müsse man sie ins Optik-Labor nach Görlitz schicken. Ich ließ es auf den Versuch ankommen und schickte ihm das Objektiv. Immerhin hatte ich Glück im Unglück und es waren tatsächlich nur die Linsenoberflächen, die betroffen waren, und Michael konnte sie in einer „Putzorgie“ (Zitat) wiederherstellen. Letztlich kamen damit nochmal die (absolut fairen, herzlichen Dank auch an dieser Stelle nochmal!) Reinigungskosten von 120 Euro obendrauf.
Ich habe nun also ein Weitwinkel-Objektiv für 490 Euro hier liegen, wo ich ursprünglich von 280 Euro ausgegangen war. Im derzeitigen Zustand bekomme ich zur Not bei einem Verkauf das Geld bestimmt wieder rein, von daher alles gut – aber wenn das Objektiv von Anfang an dafür angeboten gewesen wäre, hätte ich es bestimmt nicht gekauft, denn meine psychologische Schmerzgrenze ist bei 300 Euro eigentlich schon mehr als erreicht.
Das alles gesagt, ist das Glas schon ein feines Stück Technik. Äußerlich in hervorragendem Zustand, innen nun blitzsauber, die Mechanik astrein. Ich hoffe jetzt, dass ich dieses Wochenende noch die Zeit für einen Spaziergang damit finde – meine ersten Testschüsse am Schreibtisch (bei Blende 2,8) sind wenig aussagekräftig.
Gruß Jens
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