Ich möchte hier ein Objektiv vorstellen, dass mich ebenso begeistert, wie es mir Rätsel aufgibt. 200mm Brennweite, eine Anfangsblende von 2,8 oder 3,2 (näheres siehe unten), beschriftet lediglich mit dem Schriftzug „Super Saturn 3“, „F=200“, „1:2,8“ und den Blendenwerten 3,2 bis 16. Eine Entfernungsskala gibt es nicht. Wenn ich richtig gezählt habe 16 Blendlamellen, eine Nahgrenze von ca. 3 Metern und ein Durchmesser von 72 oder 77mm, genauer kann ich das auf die Schnelle nicht ausmessen. 850 Gramm, ca. 12,5 cm eingefahren ohne die noch mal so lange Sonnenblende. Ausgefahren nur wenige Zentimeter länger, wobei der Fokusring locker über 300 Grad läuft. Die Blende rastet nicht ein, sondern läuft stufenlos durch.
Mein Exemplar scheint komplett zu sein, mit Sonnenblende und gewaltigen Köcher aus Kunststoff, und macht bis auf den Köcher und das leicht abgeriebene Objektivgewinde einen neuwertigen Eindruck. Es hat ein M42 Gewinde und ist bis auf die Noppenringe und die Linsen komplett aus Metall gefertigt, fühlt sich sehr hochwertig an, nahezu ein Handschmeichler.
Die Abbildungsleistung ist formidabel, ebenso wie das Bokeh (kein Wunder bei so vielen Blendlamellen). Gut ab Offenblende, leicht abgeblendet schon sehr scharf und generell so scharf, dass man mittels Fokus Peaking mit meiner Fuji X-T2 bei gutem Licht noch aus der Hand gute Bilder machen kann.
Seltsam ist für mich die fehlende Entfernungsskala, es gibt gar keine Skalen auf dem Objektiv. Ebenso wenig kann ich mir die verschiedenen Anfangsblendenwerte erklären. 2,8 auf der Bezeichnung, die Blendenskala geht aber erst ab 3,2 los. Darunter lässt sich auch nichts drehen, während man sichtbar über die 16 hinaus drehen kann. Auch merkwürdig, das bei mittels M42-Adapter an die Kamera angeflanschtem Objektiv die Blendenzahlen ca. 45 Grad zur Seite geneigt sind, anstatt sich mittig oben am Objektiv zu befinden, ein Fokussieren auf Unendlich ist damit möglich.
Ich habe das Ding bei ebay Kleinanzeigen gefunden und erworben. Leider kam auf die Nachfrage von mir, wo es eigentlich herkommt, nie eine Antwort. Die Person hat offensichtlich keine Ahnung von Fotografie (verkauft hauptsächlich Devotionalien aus den Weltkriegen), hat das Objektiv aber mal einem „Fotografen“ gezeigt, der allerdings auch keine Idee hatte was das genau ist.
Ein Prototyp? Ein Objektiv in einem fremden Gehäuse? Die Verarbeitungsqualität ist absolut super, das kann kein billiger Mist sein. Zu allen tollen Objektiven findet man haufenweise Informationen, zu diesem hier: Nichts. Dabei bildet es wirklich phantastisch ab.
Lediglich eine einzige Seite habe ich (dank dieses Forums) gefunden, dort fragt in den USA jemand mit einem gleichen Objektiv ergebnislos nach Infos. Allerdings steht auf seinem Exemplar wohl noch „Made in Rossia“ mit „o“. Das macht es nicht unmysteriöser. Der Köcher worin das Objektiv verpackt ist, und der Name Saturn lassen auch mich an Russland, bzw. eher die UDSSR denken – aber warum lateinische und nicht kyrillische Buchstaben? Und was sollen die Schrauben mittig am Köcher? Und die an der Gewindefassung des Selben? Die Gummierung an den Ringen und die Blendlamellen weisen für mich auf eine Entstehungszeit in den 1970 bis 1980er Jahren hin.
Wie auch immer, für mich ein Glücksgriff. Was es auch ist, es macht gute Bilder, das ist das Wichtigste.
Vielleicht weiß jemand hier mehr, ich bin dankbar für jeden Hinweis.
Die Außenaufnahmen sind alle Freihand entstanden. Alle Bilder komplett unbearbeitet.
Hier einmal Offenblende plus 100% Crop.
Hier Blende 8, jeweils mit 100% Crops
Mein persönlicher Testchart mit Stativ, einmal Offenblende, einmal Blende 8 oder 11, weiß nicht mehr genau.
Hier noch einmal die Schräglage der Blendenbeschriftung und die hübschen Lamellen.
So, mein erster Post mit Bildern, hoffentlich stimmt alles.