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Kowa SER 135mm f4
Liebe Altglasfreunde,
ich möchte euch hier das
Kowa SER 135mm f4
vorstellen.
Dieter (Ulganapi) hat hier schon einiges über das grundlegende Kamerasystem und die Adaption der Objektive geschrieben: https://www.digicamclub.de/showthread.php?t=23597,
und ich habe auf meiner Homepage meinen nochmals etwas veränderten Adaptionsweg beschrieben: https://www.nikolaus-burgard.de/obje...owa-objektive/,
weshalb ich darauf in meiner Vorstellung nicht weiter eingehe :yes:
Ein paar grundlegende Informationen möchte ich trotzdem vorausschicken.
Die Kowa SER und Set-R Kameras (gebaut von Ende der 1960er-Jahre bis Anfang der 1970er-Jahre waren schon zu ihrer Bauzeit etwas ganz spezielles, denn es waren die weltweit letztgebauten Zentralverschlußkameras überhaupt.
In der Tradition der großen deutschen deutschen Hersteller wie u.a. Zeiss (Contaflex) und Voigtländer(Bessamatic und Ultramatic) baute man auch in Japan bei Kowa (nach Sucherkameras mit dem gleichen Prinzip) drei Wechselobjektiv-Kameras mit Zentralverschluß. Die Kowa SER wurde hierbei nach einigen wenigen Jahren von der Kowa Set-R und der Set-R2 abgelöst.
Bemerkenswert ist hier die Beharrlichkeit, mit der Kowa das Zentralverschluß-System in die 70er Jahre transportierte. Dieses aufgrund seiner technischen Limitationen spätestens ab den mittleren 1960er-Jahren überholte System führte schon bei den großen deutschen Herstellern direkt in den Niedergang und war einer der "Sargnägel" der deutschen Kamera-Industrie, die 1972 in der Kamera-Produktionseinstellung bei Zeiss endete.
Den großen Unterschied zu den letzten deutschen Zentralverschlußkameras bildet die Form und das Design der Kowa SER/Set-R-Kameras. Sie waren damals optisch absolut zeitgemäß, vergleichbar etwa mit der Pentax Spotmatic und den anderen japanischen Spiegelreflex-Kameras, was den Formfaktor angeht.
Neben dem großen Vorteil des Zentralverschlusses, dass bei allen Belichtungszeiten ein Blitzeinsatz möglich ist, führt dieser aber neben extrem erschwerten Objektivkonstruktionen auch zu großen Zuverlässigkeitsproblemen aufgrund der Komplexität der Ansteuerung. Man findet heutzutage kaum noch eine überhaupt funktionierende Kowa-Kamera, geschweige denn jemanden, der diese reparieren kann.
Kommen wir zum Objektiv, dass ich euch gerne vorstellen möchte, das
Kowa SER 135mm f4.
Für ein 135mm-Objektiv ist es extrem groß und schwer. Nicht nur die Frontlinse, sondern fast der komplette Objektiv-Tubus (bis zur Verjüngung an der Anschlußseite) haben einen für ein "nur" f4-Objektiv riesigen Umfang (vergleichbar etwa mit dem Durchmesser meines Canon FD 135mm f2, das 2 vollständige Blendenwerte heller ist!). Haptisch sehr angenehm ist der breite, sich fast komplett über den Objektivbauch ausdehnende Fokusring, der mit seinen Rillen und Vertiefungen auch guten Griff bietet. Optisch ist es mit den beiden Chromringen sehr schön anzusehen, und man "hat etwas in der Hand" mit diesem Objektiv.
Interessant ist, dass Kowa es im Gegensatz zu z.B. Voigtländer oder Schneider-Kreuznach geschafft hat, ein Objektiv, das trotz des Zentralverschlusses eine praxisgerechte (und im Zeitkontext konkurrenzfähige) Naheinstellgrenze von 1,70m hat, zu konstruieren. Zum Vergleich: Das Schneider-Kreuznach Retina Tele-Xenar 135mm f4 hat eine Naheinstellgrenze von 4m!
Ein paar technische Daten:
Länge: 80mm
Filtergewinde: 67mm
Gewicht: 540g
Blende: von f4 bis f16, 5 Blendenlamellen
Naheinstellgrenze: 1,70m
Mike Eckman spricht auf seiner Seite https://www.mikeeckman.com/2020/06/k...bGlAWjka1MpNzw
von 5 Linsen in 4 Gruppen, was ich aufgrund fehlender weiterer Quellen nicht verifizieren kann.
Einige Bilder des Objektives:
Anhang 123640
Anhang 123641
Anhang 123642
Anhang 123643
Anhang 123644
Hier mit angebrachtem selbstgebauten Adapter:
Anhang 123645
Anhang 123646
Und die Zwillinge (Hintergrund siehe hier im NMZ-Thread: https://www.digicamclub.de/showthrea...l=1#post305589) mit und an der Kamera:
Anhang 123648
Anhang 123647
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Die große Eigenheit des Kowa SER 135mm f4 stellt mit Sicherheit sein Bildrendering dar.
Wohl wegen der Konstruktionsbesonderheiten (die Hinterlinse ist sehr! klein ) aufgrund des Zentralverschlusses, ist das Bild bei Offenblende zwar im Bildzentrum sehr scharf, gleichzeitig aber fällt die Schärfe zu den Rändern stark ab und es wird eine deutliche Neigung zum "Swirl" sichtbar,
und dies bei Offenblende eigentlich auf alle Distanzen.
Hier einige Bildbeispiele dafür:
#1
Anhang 123649
#2
Anhang 123650
#3
Anhang 123651
#4
Anhang 123652
Genau dieses Bildrendering macht das Objektiv in meinen Augen einzigartig. Man kennt diesen Swirl von Objektiven wie den Biotaren 58mm f2 und 75mm f1.5 von Carl Zeiss Jena -
bei einem "normalen" 135mm-Objektiv ist er mir bisher nicht untergekommen - und aufgrund der Kompression durch die längere Brennweite wirkt er auch nochmal deutlich anders.
#5
Anhang 123653
#6
Anhang 123654
#7
Anhang 123655
#8
Anhang 123656
#9
Anhang 123657
#10
Anhang 123658
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Neben dieser speziellen Abbildungscharakteristik, die sich eigentlich bei allen Bildern bei Offenblende mehr oder weniger stark wiederfindet,
überzeugt das Objektiv mit richtig guter zentraler Bildschärfe auf alle Distanzen.
Hierfür einige Bildbeispiele -oben das Gesamtbild, darunter die jeweilige 100%-Vergrößerung vom Fokuspunkt.
Zuerst einige Beispiele aus dem Nahbereich:
#11
Anhang 123659
Anhang 123660
#12
Anhang 123661
Anhang 123662
#13
Anhang 123663
Anhang 123664
Bei den nächsten beiden Beispielpaaren habe ich den zusätzlichen Helicoid benutzt,
die Bilder sind also außerhalb der eigentlichen Rechnung des Objektives entstanden -
es ist kein Schärfeabfall festzustellen:
#14
Anhang 123665
Anhang 123666
#15
Anhang 123667
Anhang 123668
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Wenn der Abstand vom Motiv zum Hintergrund etwas größer ist,
kann das Objektiv richtig zaubern und den Hintergrund wunderschön weich auflösen:
#16
Anhang 123669
#17
Anhang 123670
#18
Anhang 123671
#19
Anhang 123670
#20
Anhang 123672
#21
Anhang 123673
Dabei bleibt auch die Schärfe bei an den Rand gerückten Motiven im Nahbereich erstaunlich gut -
hier wieder oben das ganze Bild, darunter die Vergrößerung:
#22
Anhang 123674
Anhang 123675
Wenn dieser Abstand nicht so groß ist, wird das Rendering des Objektives sehr charakterstark.
Neben dem Swirl "bubbelt" es stark, und Farbfehler sind zu den Rändern hin präsent.
#23
Anhang 123676
#24
Anhang 123677
#25
Anhang 123678
#26
Anhang 123679
#27
Anhang 123680
#28
Anhang 123681
#29
Anhang 123682
#30
Anhang 123683
#31
Anhang 123684
#32
Anhang 123685
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Seine Brennweite von 135mm macht das Objekiv natürlich perfekt für Outdoor-Portraits.
Hier muss man sich über den Swirl aber sehr bewusst sein und diesen auch in seinen Personenaufnahmen haben wollen. Mir gefällt das von Zeit zu Zeit gut, und hier habe ich ihn bewusst eingesetzt. Im Normalfall wäre mir das für Portraits aber zu ablenkend.
#33
Anhang 123686
#34
Anhang 123687
#35
Anhang 123688
#36
Anhang 123689
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Also, wie man bisher ja schon feststellen kann, kein Objektiv, das jedermanns Geschmack trifft -
aber durch seine speziellen Abbildungseigenschaften sehr interessant ist.
Weil es eh keine "Normallösung" im 135mm-Bereich für mich darstellt, sondern ein "Objektiv für die besonderen Momente", hier nur ein kurzer Überblick über die Schwächen und Stärken des Objektives.
Fangen wir mit der Bildschärfe auf größere Distanz an. Hier habe ich euch eine Blendenreihe mit den Werten f4, f5.6, f8 und f11 erstellt. Leider kam bei den letzten beiden Bildern die Sonne hervor, sodaß die Lichtbedingungen nicht identisch sind. Aber rein auf die Schärfebetrachtung gesehen sollte das keinen Unterschied machen.
Gesamtbilder bei f4, f5.6, f8 und f11:
f4
Anhang 123690
f5.6
Anhang 123691
f8
Anhang 123692
f11
Anhang 123693
Aus diesen Bildern folgen nun 100%- Vergrößerungen.
Zuerst die Bildmitte:
f4
Anhang 123694
f5.6
Anhang 123695
f8
Anhang 123696
f11
Anhang 123697
Der linke Bildrand:
f4
Anhang 123698
f5.6
Anhang 123699
f8
Anhang 123700
f11
Anhang 123701
Und die linke obere Bildecke:
f4
Anhang 123702
f5.6
Anhang 123703
f8
Anhang 123704
f11
Anhang 123705
Man kann gut folgendes nachvollziehen:
In der Bildmitte steigern sich durch Abblenden vor allem die Kontraste, schärfemäßig ist die Offenblende schon gut bis sehr gut, bei f5.6 ist sehr gut bereits erreicht und es gibt keine weitere Steigerung.
Am Bildrand beginnen wir schwach, und es erfolgt eine Steigerung bis zu einer ordentlichen Schärfe bei f11. Jedoch sind auch dort immer noch einige Abberationen zu finden, die den Schärfeeindruck zum Negativen beeinflussen.
In der Bildecke ist zugegeben nichts, worüber es sich zu reden lohnt. Bei Offenblende gruselig, erreichen wir bei f11 den Status "es ist was zu erkennen" ;-)
Als Kurzzusammenfassung reicht eigentlich: Wer Landschaft auf unendlich fotografieren will, kaufe sich bitte ein anderes Objektiv :-)
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Im Gegenlicht schlägt sich das Objektiv recht wacker. Sehr selten bekommt man eine "Spiegelung", die sich durch Abschatten mit der Hand oberhalb des Objektives sofort neutralisieren lässt. Oben ohne, darunter mit Abschattung durch die Hand:
#37 + #38
Anhang 123706
Anhang 123707
#39 + #40
Anhang 123708
Anhang 123709
#41 Abgeblendet auf f16 direkt gegen die Sonne fotografiert, um Sonnensterne zu erzeugen, ist das Objektiv überraschend gut.
Es erzeugt klar definierte Sterne, und der Kontrastverlust sowie die Flareneigung sind nicht übermäßig. Im Zeitkontext eigentlich wirklich gut!
Anhang 123710
#42 + #43 Minimale Positionsveränderung können direkt positive Auswirkungen auf Kontrast und Flares haben:
Anhang 123711
Anhang 123712
Sonst ist das Objektiv auch bei starker Sonne und entsprechenden Kontrasten kaum aus der Ruhe zu bringen:
#44
Anhang 123713
#45
Anhang 123714
#46
Anhang 123715
#47
Anhang 123716
#49
Anhang 123717
Der Vollständigkeit halber erwähnen möchte ich die in vielen Beispielbildern direkt zu erkennende extreme Vignettierung bei Offenblende, die einhergeht mit starken Farbfehlern zum Bildrand und zu den Ecken hin.
Sowohl die Vignettierung als auch die Farbfehler werden durch Abblenden zwar gemildert, verschwinden jedoch nie.
<figure class="cc-imagewrapper cc-m-image-align-1 cc-m-width-maxed"> </figure>
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Trotz all dieser Fehler ist das Kowa SER 135mm f4 ein Objektiv, das mich aufgrund seines Charakters sofort begeistert hat.
Wo findet man solch einen Swirl bei gleichzeitiger Zentralschärfe und Kompression durch die lange Brennweite sonst?
Dieses Alleinstellungsmerkmal hat mir viele schöne Bilder beschert, und zum Abschluß der Objektivvorstellung möchte ich euch noch einige davon zeigen:
#50
Anhang 123718
#51
Anhang 123719
#52
Anhang 123720
#53
Anhang 123721
#54
Anhang 123722
#55
Anhang 123723
#56
Anhang 123724
#57
Anhang 123725
#58
Anhang 123726
#59
Anhang 123727
#60
Anhang 123728
#61
Anhang 123729
#62
Anhang 123730
#63
Anhang 123731
#64
Anhang 123732