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Thema: Voigtländer Dynaret 100/4,8

  1. #1
    Spitzenkommentierer Avatar von Anthracite
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    Standard Voigtländer Dynaret 100/4,8

    Das Voigtländer Dynaret 1:4,8/100 wurde für die Voigtländer Vitessa T ab 1956 gebaut. Für Altglasfotografen hält es ein paar Überraschungen bereit, positive wie negative.

    Name:  JKA_0835.jpg
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Größe:  324,0 KB

    Die hier gezeigte Variante hat die ältere Form des heute so genannten DKL-Bajonetts, welches neben der Vitessa T auch bei einer Braun Colorette zum Einsatz kam. Das Dynaret kann an beiden Kameras genutzt werden.
    Das Objektiv gibt es auch als Dynarex für die Bessamatic-Serie ohne eingebauten Blendenring (der ist dort in der Kamera). Als Dynarex erziehlt es vergleichsweise hohe Preise, weil es nur kurze Zeit gebaut wurde, bevor es durch das bessere Dynarex 90/3,4 ersetzt wurde, aber in einer vollständigen Bessamatic-Sammlung darf es trotzdem nicht fehlen.

    Durch die Art der Fokussierung nimmt es eine Sonderstellung unter allen DKL-Objektiven ein. Es wird nicht durch Auszugsfokussierung fokussiert, sondern die hinteren Linsen sind unbeweglich, und nur die Vorderlinse wird bewegt. Und wisst ihr, was das Tolle daran ist? Das Tolle daran ist, dass der Spiegel nicht nur bei Fokussierung auf Unendlich hängen bleibt, sondern der Spiegel bleibt bei jeder Entfernung hängen.

    Grund für diese Art der Fokussierung ist, dass die Konstruktion einfacher und damit billiger ist. Leider sind die damit erreichten Ergebnisse optisch minderwertig.

    Bei Landschaftsbildern, also Fokussierung auf Unendlich, kommt dafür Begeisterung auf. Es ist ab Offenblende über einen großen Teil des Bildes sehr scharf bei akzeptablem Randabfall, also offenblendig nutzbar, abgeblendet hat man bis in die Ecken eine sehr gute Schärfe. Von allen DKL-Objektiven länger als 50mm, die mir bekannt sind - ich kenne da nicht alle, aber doch so einige - ist das 100er Dynaret für Landschaften das schärfste Objektiv.

    Im Gegensatz zu den anderen DKL-Objektiven aus der Zeit hat das Dynaret keine Schärfentiefenanzeige aus beweglichen Zeigern, sondern eine simple eingravierte Schärfentiefenskala.

    Zusammengefasst:

    Positiv:
    - Hervorragende Schärfe bei Fokussierung auf Unendlich.
    - Gut und wertig gebaut
    - Naheinstellgrenze von 1m, das ist der reine Wahnsinn - zumindest für ein DKL-Objektiv (zum Vergleich, das Dynarex 90/3,4 hat 1,8m Naheinstellgrenze, das Super Dynarex 135/4 gar 4m - der Designfehler mit dem Zentralverschluss in der Kamera führt dazu, dass sich das optische System nicht weit vom Verschluss entfernen darf, ohne extreme Vignettierungen zu verursachen)

    Neutral:
    ° Das Objektiv ist zwar weder groß noch schwer, aber doch deutlich größer und schwerer als das Dynarex 90/3,4 sowie die 85/4 von Rodenstock und Schneider-Kreuznach

    Negativ:
    - minderwertige Abbildungsqualität im Nahbereich, also bei weniger als 10m muss man schon erkennbare Abstriche machen, bei 1m ist es einfach nur schlecht
    - nur Blende 4,8
    - wegen Blende und BQ ist es für Porträts trotz der dafür eigentlich guten Brennweite nicht zu empfehlen
    - kissenförmige Verzeichnung


    Name:  JKA_0838.jpg
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    Mit Deckel und Adapter an Nikon F


    Name:  JKA_0837.jpg
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    An der Naheinstellgrenze. Die Vorderlinse ist jetzt weiter oben. Die Gesamtlänge des Objektivs ändert sich dabei aber nicht, da das vorragende Filtergewinde starr und unbeweglich ist. Es wird nur ein Teil des inneren Tubus verschoben. Man kann das im Vergleich mit dem vorangegangegen Bild sehen, wo der innere Tubus nicht vorragt.
    Mein Exemplar ist zwar eigentlich noch gut erhalten, aber links ist zu sehen, dass ein Druckhebel für den Blendenring fehlt, weswegen ich keine Gewissensbisse hatte, die Hinterlinseneinfassung anzufeilen, damit bei meiner Spiegelreflex der Spiegel nicht hängen bleibt. Das ist übrigens nicht so ohne; ich musste bis auf 0,2mm an die Hinterlinse ran.


    Name:  JKA_0836.jpg
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Größe:  342,7 KB

    Von vorne, links hinten der noch vorhandene Blendenringhebel.


    Name:  JKA_0839.jpg
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    Mit Adapter für Vitessa T an Nikon.
    Geändert von Anthracite (08.04.2021 um 15:28 Uhr)

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  3. #2
    Spitzenkommentierer Avatar von Anthracite
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    Jetzt ein paar Bilder, alle mit der Nikon D780 aufgenommen.

    Name:  JKA_0846.jpg
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    Offenblende mit Porträtentfernung


    Name:  JKA_0858.jpg
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    dito


    Name:  JKA_0854.jpg
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Größe:  366,3 KB

    und ein Ausschnitt aus dem Zentrum
    Name:  JKA_0854-Ausschnitt.jpg
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Größe:  408,9 KB


    Name:  JKA_0857.jpg
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Größe:  411,9 KB

    und vom Rand, leichte Aberrationen, aber viele Details
    Name:  JKA_0857-Ausschnitt.jpg
Hits: 372
Größe:  303,0 KB


    Name:  JKA_0865.jpg
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Größe:  415,2 KB


    Name:  JKA_0867.jpg
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Größe:  351,3 KB
    Alte Gebäude sind zwar manchmal krumm und schief, aber die konkav gerundete Pforte geht auf das Objektiv. Die Verzeichnung ist klar sichtbar.


    Name:  JKA_0879.jpg
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    Name:  JKA_0892.jpg
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Größe:  467,6 KB
    Offenblende


    Name:  JKA_0888.jpg
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Größe:  355,2 KB
    ... und Blende 22.

  4. 6 Benutzer sagen "Danke", Anthracite :


  5. #3
    Spitzenkommentierer Avatar von Anthracite
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    Hier ein paar Vergleiche zur Leistung im Nahbereich. Alle Bilder wieder mit der D780 aufgenommen, Fokussierung auf die Augen des Krokodils. Aufnahmen alle bei Offenblende des jeweiligen Objektivs (f/4,8 bzw. f/4).


    1. Dynarex 100/4,8 an der Naheinstellgrenze von 1m, so wie vom Hersteller vorgesehen.

    Die Bildqualität ist unterirdisch. Schärfe ist nicht erkennbar.
    Name:  JKA_0894.jpg
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Größe:  123,2 KB
    Name:  JKA_0894-a.jpg
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Größe:  206,6 KB Name:  JKA_0894-b.jpg
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Größe:  168,0 KB
    2. Dynarex 100/4,8 auf Unendlich fokussiert, mit Focar-A-Nahlinse. So war das vom
    Hersteller nicht vorgesehen, die Nahlinse war für das 50/2,8, das 90/3,4 und das 135/4
    gedacht.

    Die Bildqualität ist dramatisch besser. Jetzt sind scharfe Bereiche vorhanden.
    Man könnte auf die Idee kommen, nur mit Nahlinsen arbeiten, aber wenn man nicht
    nur punktuell fokussieren will, wo gerade eine Nahlinse mit Fokussierung auf
    Unendlich passt, sondern kontinuierlich, ist man doch wieder auf den minderwertigen
    Fokussiermechanismus angewiesen. Aber deutlich besser werden die Ergebnisse schon.
    Name:  JKA_0895.jpg
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Größe:  132,9 KB
    Name:  JKA_0895-a.jpg
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Größe:  256,1 KB Name:  JKA_0895-b.jpg
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Größe:  198,6 KB
    3. Zum Vergleich: Das Konkurrenzprodukt von Rodenstock, das Rotelar 85/4 (gab es
    auch für die Braun Colorette und ließ sich in der Variante an der Vitessa T verwenden)
    mit TI-Nahlinse an der Naheinstellgrenze von 1,8m des Rotelars. Der Fokus sitzt etwas
    zu weit vorne.

    Die Bildqualität ist noch etwas besser als mit Dynarex 100/4,8 an Unendlich und
    Focar-A.
    Name:  JKA_0898.jpg
Hits: 373
Größe:  125,6 KB
    Name:  JKA_0898-a.jpg
Hits: 381
Größe:  217,2 KB Name:  JKA_0898-b.jpg
Hits: 370
Größe:  189,9 KB
    4. Zum Vergleich: Wieder das Rodenstock Rotelar 85/4 mit der stärkeren NII-
    Nahlinse fokussiert auf Unendlich.

    Das Ergebnis ist deutlich besser als die vorangegangegen Bilder.
    Name:  JKA_0900.jpg
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Größe:  124,1 KB
    Name:  JKA_0900-a.jpg
Hits: 381
Größe:  227,5 KB Name:  JKA_0900-b.jpg
Hits: 369
Größe:  202,0 KB

    Eine Anmerkung zu den beiden letzten Bildern 3. und 4.: Mir ist bei DKL-Objektiven schon mehrfach aufgefallen, dass Fokussierung auf Unendlich und Nahlinse eine bessere Qualität bringt als Fokussierung auf die Naheinstellgrenze ohne Nahlinse. Eine Nahlinse gilt zwar als potentiell Qualitätsmindernd, aber das gilt auch für Auszugsfokussierung, und hier ist der Verlust mit Nahlinse scheinbar geringer. Bei anderen DKL-Objektiven außer dem 100er Dynaret ist der Verlust durch den Auszug aber nicht so groß, so dass man in der Praxis sich keine Sorgen machen zu braucht, wo man bei seinen Nahaufnahmen jetzt fokussiert hat.

  6. 8 Benutzer sagen "Danke", Anthracite :


  7. #4
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    Mein Dank für die ausführliche Vorstellung des Dynaret!. DKL Linsen waren meine ersten Wechselobjektive und ich bin in den 60er Jahren immer mal wieder um das Dynaret herumgeschlichen. Um so schöner nun das Objektiv so ausführlich vorgestellt zu bekommen und ich wäre wohl nicht zufrieden gewesen.

    Grüße Ulrich

  8. 2 Benutzer sagen "Danke", CanRoda :


  9. #5
    Spitzenkommentierer Avatar von Namenloser
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    Auch von mir ein großes Dankeschön für diese detaillierte Vorstellung.
    Ich fotografiere ja auch sehr gerne mit den diversen DKL-Objektiven,
    das Dynaret scheint aber laut deinen Bildern nicht unbedingt ein "Pflichtkauf" zu sein -
    umso interessanter, deinen Bericht zu lesen (auch über die Fokussierungs"eigenschaften" im Nahbereich der anderen Objektive).
    Vielen Dank dafür!
    Meine Homepage: https://www.nikolaus-burgard.de/
    Instagram: www.instagram.com/nikolausburgard/
    Sony Alpha 7III / 7RIII und ein paar Objektive...

  10. 2 Benutzer sagen "Danke", Namenloser :


  11. #6
    Spitzenkommentierer Avatar von Anthracite
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    Zitat Zitat von CanRoda Beitrag anzeigen
    DKL Linsen waren meine ersten Wechselobjektive und ich bin in den 60er Jahren immer mal wieder um das Dynaret herumgeschlichen. Um so schöner nun das Objektiv so ausführlich vorgestellt zu bekommen und ich wäre wohl nicht zufrieden gewesen.
    Damals wären dir die Mängel vermutlich gar nicht so aufgefallen. Bei den üblichen Abzügen in 10x15 hätte man bei Entfernungen ab zwei Metern keinen Unterschied gesehen, und der Nahbereich war bei einer Sucherkamera ohne Messkupplung ohnehin erratisch, so dass du die Schwächen auf dein eigenes Unvermögen hättest schieben können.

    Zitat Zitat von Namenloser Beitrag anzeigen
    das Dynaret scheint aber laut deinen Bildern nicht unbedingt ein "Pflichtkauf" zu sein
    Nein, ein Pflichtkauf ist das sicher nicht, außer für Voigtländer-Sammler. Alle anderen haben mehr von einem Super Dynaret(x) 135/4, dem Dynarex 90/3,4 oder den 85ern von Rodenstock und Schneider-Kreuznach.

    Aber das 100/4,8 Dynaret bietet bei Landschaftsaufnahmen eine höhere Randschärfe als die genannten Alternativen.
    Man könnte auch mit dem 100/4,8 ganz bewusst die minderwertige Fokussierung nutzen, um "die gute alte Zeit" wieder aufleben zu lassen. In den Jahren nach dem Krieg gab es eine ganze Reihe von Objektiven mit Frontlinsenfokussierung. Ab 1960 verschwanden diese Konstruktionen aber recht schnell.

    Bessere Ergebnisse wird man wahrscheinlich an Henrys Vnex erzielen, wenn man die Fokussierung am Objektiv immer auf Unendlich lässt. An Nikon F ist das natürlich keine Alternative. Bei allen anderen DKL-Objektiven erzielt man die besten Ergebnisse hingegen nicht mit dem Vnex, sondern mit den Nahlinsen, die ursprünglich dafür gedacht waren.

  12. 3 Benutzer sagen "Danke", Anthracite :


  13. #7
    Spitzenkommentierer Avatar von Anthracite
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    Ich habe gerade den Eingangsbeitrag korrigiert in der Beschreibung der Fokussierung:

    An der Naheinstellgrenze (nicht wie erst geschrieben bei Unendlich) ist die Vorderlinse am weitesten von der Hinterlinse entfernt, das optische System also am längsten.
    Die Gesamtlänge des Objektivs ändert sich dabei aber nicht, da nur der innere Tubus bewegt wird. Der äußere Tubus mit den hervorstehenden Filtergewinde ist starr und unbeweglich und ändert die Länge nicht.
    Siehe Bild 2 und 3 des Eingangsbeitrages.

    An der qualitativen Bewertung des Fokussiermechanismus und der erzielbaren Ergebnisse ändert sich dadurch nichts. Es gibt nur einen zusätzlichen Respektpunkt für die mechanische Konstruktion.

  14. 4 Benutzer sagen "Danke", Anthracite :


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