Vergleich Sigma 35mm Art, 7 Artisans 35mm f2 und Canon FD 35mm f2 SSC

[Namenloser]

Liebe Forenten,

aus Interesse an der Leistungsfähigkeit des schnuckelig kleinen, neuen 7Artisans 35mm f2 habe ich dieses mit den bei mir vorhandenen 35mm mit mindestens f2 verglichen.
Die Probanden waren:

- Sigma 35mm f1.4 Art (Canon EF, am Sigma MC11-Adapter, manuell fokussiert)
- 7Artisans 35mm f2 (Leica-M, manueller Adapter Leica-M - E-Mount)
- Canon FD 35mm f2 SSC mit nach außen gewölbter Frontlinse (Canon FD, manueller Adapter Canon FD - E-Mount)

Die Bilder sind die Raws, entwickelt für alle Objektive gleich mit folgenden Einstellungen:





Das einzige, was ich ausgeglichen habe:
Über den Belichtungsregler habe ich versucht, gleichmäßige Helligkeiten bei allen Bildern zu gewährleisten.

[Namenloser]

So, dann fangen wir mal an -
mit einer Blendenreihe auf weitere Distanz.

Hierbei geht es mir ausschließlich um die Schärfe in der Bildmitte und am Rand.

Zuerst die Übersichtsbilder.
Leider hatte sich die Lichtsituation (die tiefstehende Sonne wurde stärker) beim 7 Artisans und beim Canon nFD verschlechtert.
Deswegen kann man die Kontraste nicht vergleichen und die Flares wurden stärker -
das ist schade, aber draußen hat man halt keine Studiobedingungen .

Ich stelle jeweils die 3 Bilder der Testkandidaten
in der Reihenfolge Sigma, 7Artisans und Canon FD bei gleicher Blende gegenüber.
Blendenreihe ist f2, f4, f8 und f11.

f2








f4








f8








f11

[Namenloser]

Daraus nun 100%-Crops (aus Lightroom) jeweils aus der Mitte.
Bei diesen habe ich mich auf die Werte f2 und f4 beschränkt.
Alle 3 Objektive werden danach nicht mehr schärfer,
da gäbe es also "nichts mehr zu sehen".

Reihenfolge wie oben!

f2 Bildmitte








f4 Bildmitte









Ich finde, daß alle 3 Objektive bei f2 in der Mitte schon gut scharf sind.
Das Sigma ist da referenzwürdig, meiner Meinung nach - klasse.
Auch das Canon ist sehr scharf,
das 7Artisans erreicht einen guten Wert.

Bei f4 ist und bleibt das Sigma klasse,
das Canon und das 7 Artisans sind fast gleichauf, auch sehr gut.

[Namenloser]

Jetzt wird es interessant,
die Crops vom linken Bildrand:

Hier wieder die komplette Blendenreihe f2, f4, f8 und f11.

f2








f4








f8








f11








Über alle Blendenzahlen bleibt die Reihenfolge gleich,
Sigma vor Canon und mit Abstand dahinter das 7 Artisans.

Auffällig sind für mich folgende Punkte:
Das Sigma ist bereits bei f2 am Rand SEHR scharf.
Das Canon holt gut auf, erreicht bei f8 ebenfalls eine tolle Randperformance.
Das 7 Artisans wird erst bei f11 akzeptabel. Auch ist auffällig, dass es von f8 nach f11 noch einmal einen Sprung nach vorne macht.

Fazit:
Das Sigma ist referenzmäßig scharf über alle Blenden.
Das Canon ist (man bedenke das Alter!) auch heute noch sehr, sehr gut.
Das 7 Artisans ist in der Bildmitte auch sehr gut, die Randperformance ist eher mäßig. Es scheint (aufgrund der kleinen und stark gewölbten Frontlinse) eine starke Bildfeldwölbung zu geben.

[Namenloser]

Soweit die (wenn man die Größe der Objektive einbezieht) nicht sehr überraschenden Schärfeergebnisse.
Für Landschaft und Architektur sollte man die großen DSLR- Gläser vorziehen.

Ich habe aber die Gelegenheit genutzt,
noch weitere Bilder jeweils vom gleichen Standpunkt aus zu machen (die auch von den Motiven her eher meiner Fotopraxis entsprechen).

#1 f2







Man sieht, das 7 Artisans hat etwas weniger Brennweite (36-37mm?) als die beiden anderen.


#2 f5.6








#3 f2








#4 f2








#5 f2








#6 f2










Außer bei dem Hausbild (#2) liegen die 3 Probanden hier meiner Meinung nach nicht weit auseinander.
Das 7 Artisans ist etwas Flare-anfälliger als die anderen beiden (#3).
Dafür hat das Canon die schwächsten Kontraste.
Canon und 7Artisans zeigen auffällige Linien am Rand von Highligts (siehe #6).
Bei Bild #5 bin ich nicht sicher, ob ich beim 7Artisans nicht aus Versehen die Blende verstellt hatte, der Schornstein ist überraschend scharf .

Als Fazit:
Das Sigma ist in allen Bereichen richtig klasse, es zeigt keine Schwächen. Schärfe, Kontraste, Bokeh - hier passt für mich alles.
Das Canon ist überraschend dicht am Sigma dran - für eine 40 Jahre alte Konstruktion ist das toll! Es zeigt Schwächen am Rand bei Offenblende und bei den Kontrasten.
Das 7 Artisans schlägt sich in der Bildmitte und was Kontraste und Bokeh angeht gut.

Was bei all diesen Kriterien im Hinterkopf bleiben muss:
Das Sigma ist ein riesiger Brocken, auch das Canon ist groß und schwer für ein 35mm-Objektiv.
Dass beim schnuckelig kleinen 7Artisans in der Konstruktion irgendwo Kompromisse gemacht werden müssen, erklärt sich von selbst.

[LucisPictor]

Du hast das an einer Sony getestet, richtig?

Da muss man unbedingt beachten, dass das Sigma und das Canon SLR-Objektive sind mit großem Auflagemaß und demzufolge einer großen Entfernung der Hinterlinse zum Sensor. Beim 7artisans ist die Hinterlinse sehr nah am Sensor und somit treffen die Lichtstrahlen am Rande sehr schräg auf, womit der Sensor in der Sony schon immer Probleme hat. Von daher lassen sich diese Objektive nur sehr eingeschränkt direkt miteinander vergleichen.

Ein Vergleich des 7artisans müsste sinnigerweise mit einem Leica Summicron 35 oder eine 35er Zeiss für Messsucher erfolgen.
Da würde das 7artisans vermutlich auch nicht nicht als erster herauskommen, dann würde aber der enorme Preisunterschied das Ganze ins rechte Verhältnis setzen.

Alternativ wäre ein Vergleich deiner Objektive an einer Leica M, deren Sensor besser damit klar kommt.
Ich habe im Sommer mal sowas mit stärkeren Weitwinkeln gemacht und in meinem Blog veröffentlicht. Da wird deutlich, dass es einen Unterschied gibt:

https://retrocamera.blog/2018/07/11/...len-kleinbild/

Ich korrigiere im Moment rund um die Uhr, ansonsten würde ich mal das 7artisans mit einem 35er Nikkor an der M240 vergleichen. Da könnte es sein, dass der Unterschied in den Ecken nicht mehr so groß ausfällt.

Es bleibt mein Eindruck: Das 7artisans 2/35 ist bei weitem nicht perfekt, bietet aber für Größe und Preis erstaunliches.

[gladstone]

Hallo Nikolaus,

zuerst mal danke für den ausführlichen und informativen Vergleich.

Das 7artisans schaut mir eigentlich nicht richtig unscharf am Rand
aus, sondern "nur" extrem flau. Das Graffiti "BÄMMM" ist bei
Offenblende immer noch gut lesbar, also nicht ausserhalb vom
Schärfebereich, so dass hier eine Bildfeldwölbung wohl auszuschließen
ist. Meine Vermutung lautet, dass diese flaue Erscheinung durch
sagittale Koma verursacht wird.

Ich bin echt beeindruckt von der Leistung des Sigma Art. Der aufgerufene
Neupreis hierfür ist da ja schon direkt als günstig zu bezeichnen.

LG Christian

[Namenloser]

Du hast das an einer Sony getestet, richtig?

Da muss man unbedingt beachten, dass das Sigma und das Canon SLR-Objektive sind mit großem Auflagemaß und demzufolge einer großen Entfernung der Hinterlinse zum Sensor. Beim 7artisans ist die Hinterlinse sehr nah am Sensor und somit treffen die Lichtstrahlen am Rande sehr schräg auf, womit der Sensor in der Sony schon immer Probleme hat. Von daher lassen sich diese Objektive nur sehr eingeschränkt direkt miteinander vergleichen.

Ich habe im Sommer mal sowas mit stärkeren Weitwinkeln gemacht und in meinem Blog veröffentlicht. Da wird deutlich, dass es einen Unterschied gibt:

https://retrocamera.blog/2018/07/11/...len-kleinbild/

Ich korrigiere im Moment rund um die Uhr, ansonsten würde ich mal das 7artisans mit einem 35er Nikkor an der M240 vergleichen. Da könnte es sein, dass der Unterschied in den Ecken nicht mehr so groß ausfällt.

Es bleibt mein Eindruck: Das 7artisans 2/35 ist bei weitem nicht perfekt, bietet aber für Größe und Preis erstaunliches.

Hallo,
danke für deine Ausführungen und den wirklich interessanten Link zu deinem Blogbeitrag.
Das erklärt einiges, auch wenn ich bisher davon ausgegangen bin, dass vor allem UWW- und WW-Objektive von diesen Problemen betroffen sind.
Ich würde mich wirklich freuen, wenn du vielleicht mal ein paar Bilder mit der Leica und dem Objektiv zeigen würdest,
ob da die von mir gezeigten Schwächen kleiner sind.
LG

[Namenloser]

Hallo Nikolaus,

zuerst mal danke für den ausführlichen und informativen Vergleich.

Das 7artisans schaut mir eigentlich nicht richtig unscharf am Rand
aus, sondern "nur" extrem flau. Das Graffiti "BÄMMM" ist bei
Offenblende immer noch gut lesbar, also nicht ausserhalb vom
Schärfebereich, so dass hier eine Bildfeldwölbung wohl auszuschließen
ist. Meine Vermutung lautet, dass diese flaue Erscheinung durch
sagittale Koma verursacht wird.

Ich bin echt beeindruckt von der Leistung des Sigma Art. Der aufgerufene
Neupreis hierfür ist da ja schon direkt als günstig zu bezeichnen.

LG Christian

Hallo Christian,
ja , das Sigma Art ist wirklich toll. Es hat meiner Meinung nach keine Schwächen außer der Größe und dem Gewicht.
Oft wird es als steril-scharf beschrieben, für mein Empfinden ist es das nicht. Es hat mir schon viele tolle Bilder geliefert und ein großer Vorteil ist für mich,
dass es sowohl nativ an der Canon EOS 6D sowie per Sigma MC-11 an der Sony A7II richtig gut abliefert (an der Sony mit aktueller Objektiv- und Adapter-Firmware funktioniert der Eye-AF auch im AF-C klasse, perfekt für agile, kleine Töchterchen ).

Deine Anmerkungen zum 7Artisans verstehe ich noch nicht ganz,
da mir der Begriff saggitales Koma nichts sagt und die gegoogelten Erklärungen mir nicht wirklich weiterhelfen - kannst du das mal näher erläutern?
LG

[gladstone]

Hallo Nikolaus,

gerne, sagittale Koma bezeichnet das Unvermögen von (in der Regel sphärisch gerechneten,
lichtstarken) Objektiven Lichtpunkte zum Bildrand hin auch als kleine runde Punkte
wiederzugeben.

Das ist besonders bei Aufnahmen in den klaren Nachthimmel sehr störend, wenn die Sterne
zum Bildrand hin die störenden und häßlichen "Flügel" bekommen.

Ken Rockwell hat das in seinem Vergleich vom Noct-Nikkor zum konventionellen Nikon 1,2/50
schön dokumentiert.

Interessant wird dieser Aspekt jetzt in der nahenden Vorweihnachtszeit, wenn wieder viele
bunte Lichterketten die Häuser, Vorgärten, Märkte, etc... schmücken und damit sehr
schöne Fotomotive sind.

LG Christian