Arbeiten mit der Gradationskurve
Ein kleines Einsteiger-Tutorial
Um in einem Bild bestimmte Tonwertbereiche selektiv zu bearbeiten, bietet sich die Arbeit mit der Gradationskurve an. Leider erschließt sich diese nicht so intuitiv wie diejenige mit Helligkeits- und/oder Kontrastreglern. Hat man sich jedoch ersteinmal damit vertraut gemacht, ist sie das Präzisionswerkzeug der Wahl, da sie alle Möglichkeiten bietet, die einem durch Einschränkungen vorgefertigter Einstellungs-Regler verwehrt bleiben. Im Folgenden möchte ich daher ein paar Grundlagen der Arbeit mit der Gradationskurve vermitteln, die als Einstieg zur eigenen Beschäftigung mit ihr dienen sollen.
Wie üblich habe ich die folgenden Bilder – nach der RAW-Umwandlung mit Adobe Lightroom – mit Adobe Photoshop Elements (Version 10; im Folgenden mit »PSE« abgekürzt) bearbeitet. PSE bietet von Haus aus kein Werkzeug zur freien Bearbeitung der Gradationskurve. Dieser Umstand lässt sich aber problem- und kostenlos mit dem > SmartCurve-Plugin beheben, das auch bei der Erstellung dieses Artikels verwendet wurde.
(Ich übergehe an dieser Stelle Erläuterungen zum Histogramm, das auf dem Screenshot unter dem eigentlichen Gradationswerkzeug zu sehen ist. Näheres dazu habe ich > hier bereits ausgeführt.)
Meistens nutze ich das Gradationswerkzeug für zwei verschiedene »Grundoperationen«: Aufhellung/Abdunklung des Bildes sowie Erhöhung/Minderung der Kontraste.
1. AUFHELLUNG/ABDUNKLUNG
Zunächst einmal ist die Gradationskurve nichts anderes als eine Statistik der im Bild vorhandenen Tonwerte -- genau genommen ist sie eine Steuerkurve zur Zuweisung von Tonwerten in einem Koordinatensystem, aber für den vorliegenden Artikel soll das Bild der Statistik genügen --, die linear von den Tiefen (unten links) zu den Lichtern (oben rechts) verläuft. Verschiebe ich nun die Werte in einem bestimmten Tonwertbereich, ändere ich die ursprüngliche Tonwertverteilung im Bild.
In der Praxis sieht das so aus, dass ich durch eine Verschiebung der Kurve im Bereich der Mitten das Bild sehr einfach insgesamt aufhellen oder abdunkeln kann. Verschiebe ich den »Mittelpunkt« nach links, wird das Bild heller; verschiebe ich ihn nach unten, wird das Bild dunkler.
2. ERHÖHUNG/VERMINDERUNG DER KONTRASTE
Die Erhöhung der Bildkontraste ist eigentlich die »klassische« – oder zumindest die am weitesten verbreitete – Aufgabe der Gradationskurve. Indem man die Tiefen absenkt und die Lichter erhöht, erhält man die für die Kontrasterhöhung typische S-Form der Kurve. Umgekehrt lassen sich die Kontraste denn auch vermindern.
Natürlich lassen sich auch beide Effekte kombinieren. Hier als Beispiel das gleiche Bild mit erhöhtem Kontrast und leicht abgedunkelt, was in diesem Fall der Prägnanz und Detailzeichnung zugute kommt:
KONTROLLE DER FARBEN
Wenn man (bei Farbbildern) mit der Gradationskurve arbeitet, ändert sich je nach Einstellung die Farbintensität des Bildes. Eine Erhöhung der Kontraste etwa verstärkt die Farbsättigung, eine Kontrastverminderung schwächt sie ab. Dies mag in manchen Fällen ein erwünschter Nebeneffekt sein, kann aber auch immens stören.
Für eine farbneutrale Bearbeitung der Gradationskurve bietet SmartCurve den Wechsel des Farbmodells von »RGB« (Standard-Farben) zum »L*a*b«-Modus, der lediglich die Helligkeitswerte ohne Einbeziehung der Farbwerte ändert.
Anstatt jedoch die Kontraste im L*a*b-Modus zu erhöhen, bevorzuge ich oft eine andere Lösung, mit deren Hilfe die Tiefen nicht so stark »auswaschen«: Zunächst erstelle ich eine Kopie der Ebene mit dem Originalbild. Bei der Ebenenkopie erhöhe ich dann im normalen RGB-Modus die Kontraste mit der Gradationskurve. Schließlich wende ich auf die Ebenenkopie die Füllmethode »Luminanz« an. Diese Variante hat nicht nur den erwähnten Vorzug, die Tiefen knackiger darzustellen, sondern es lässt sich nachträglich über die Ebenen-Deckkraft leicht noch der Kontrast wieder etwas vermindern, sollte dies nötig sein.
DER NÄCHSTE SCHRITT
Mit der Gradationskurve lassen sich jedoch nicht nur Helligkeit und/oder Kontrast – entweder des ganzen Bildes oder auch nur von Teilbereichen – bearbeiten, sondern auch kreative Möglichkeiten umsetzen. So lässt sich etwa durch die separate Bearbeitung der einzelnen Farbkanäle (»RGB« > Rot, Grün, Blau) das beliebte »Cross-processing« durchführen, mit dessen Hilfe man dem Bild einen Retro-Look verleihen kann.
UND SCHLUSS
Natürlich erschöpfen sich die Möglichkeiten des Gradationswerkzeugs nicht im hier Beschriebenen. Aber davon ausgehend lässt sich nun (so hoffe ich) gezielter damit arbeiten und experimentieren, denn aus eigener Erfahrung weiß ich, dass erste planlose Versuche hiermit oft eher Frust als Erfolgserlebnisse bringen. Mit ein paar grundlegenden Kenntnissen und etwas Übung möchte man die Gradationskurve aber schließlich nicht mehr missen!