Ich machs kaum anders wie Ihr - probieren, probieren, immer auf der Suche nach abartigen Abberationen und widerlichen Weichzeichnungen :-)
Das Schöne an Balgenkameras ist, dass sich einem die optischen Zusammenhänge wunderbar erschliessen, ein bissel trockene Theorie dazu, und schon stimmt das Rezept.
Weiterhin ist auch solch ein Gerät prädestiniert für Experimente, weil man unkompliziert nahezu jede Optik, Lupe, Brille oder was auch immer anflanschen kann und der Balgen eine ungeahnte Vielfalt der Anpassung bietet.
Tatsächlich sind wir alle ja nur Wiederholungstäter, schon die frühen Impressionisten und Pictorialisten versuchten, mit dem Konvent zu brechen, nein, sie taten es, und zauberten per Linse, aber besonders per "experimenteller Nachbearbeitung" , Unvergleichliches.
Das Licht trefflich zu schildern, dem athosphärischen Dunst auch im Bild gerecht zu werden, dem Foto eine Magie durch Überstrahlungen einzuflössen, das war schon vor über hundert Jahren des Fotografen Bedürfnis.
Als die ersten wirklich scharfen Foto-Objektive angeboten wurden, war wohl die Hölle los, denn ähnlich wie heute wandten sich die einen der Schärfe zu (Group f/ 64), und die anderen tobten und fluchten über das neumodische Zeugs und die - der Schärfe gezollten - grausigen Scharf/Unscharfübergänge.
Flachzeichner contra Tiefenbildner, Doppelanastigmat gegen Weichzeichner...
Die Pfiffigen machten sich Beides zunutze :-)
Denn beides sind Werkzeuge, die man hervorragend für sein Repertoire einsetzen kann.
Die Wissenden, sie gingen zum Optiker, oder gleich zu einem Objektivbauer, und sagten dem, was sie wollten.
So gibt es heute u.a. ein legendäres "Nikola Perscheid" von Fa.Busch Rathenow, weil Herr Perscheid Nikolaus ein Softfokus nach seinen Vorgaben bauen liess.
Letztlich sind wir alle Nutzniesser der Vorarbeit von echten Pionieren, leidenschaftlichen Visionären, aber auch von grossen Meistern ihres Metiers, und mit unseren ausgefallenen Bildern können wir denen heute ein Stück weit huldigen. Wenn man denn will :-)
Die Schärfefreaks gewannen übrigens den zermürbenden Krieg, der Pictorialist hat seine Bilder nicht mehr in Galerien unterbekommen ( wurde schlicht abgelehnt, und das ist doof, wenn man davon lebt), die Fotografie bekam eine neue Prägung.
Mal sehen, was von unseren Bemühungen übrigbleiben wird, ob sich da ein Stück weit in das Bewusstsein des Sehenden einpflanzt...
Spannend :-)
VG,
Ritchie