Die Anthotypie beruht auf der Lichtempfindlichkeit von Pflanzenfarben, den Anthocyanen. Diese reichen von gelb-orange über rot bis hin zu blau und violett.
Pflanzenfarben wurden schon seit sehr langer Zeit zum Färben von Stoffen verwendet. Man bevorzugte dabei solche, die nicht garzusehr im Sonnenlicht ausbleichen, wie die Wäsche beim Bleichen.
Der Astronom John Herschel untersuchte im 19. Jahrhundert die Eignung des Effektes für fotografische Zwecke.
Die Pflanzenfarben sind relativ UV-empfindlich, aber die Belichtung dauert recht lange.
In "normaler" Fotografie setzten sie sich nicht durch.
Wenn man einen Gegenstand zwischen die Lichtstrahlung und die Farbschicht bringt, so werden die Sonnenstrahlen abgehalten, diese zu treffen. Es ist wie beim Lindenblatt auf der Haut Siegfrieds. Die Stelle bleibt im ursprünglichen Zustand.
Soviel zur Vorrede.
Nun zum Kochrezept für eine einfache Anthotypie:
1. Besorge farbige Pflanzenteile.
Sehr einfach ist hier Rotkohlsaft. Auch Blüten sind geeignet. Aber so sehr viele gibt es Anfang April noch nicht.
2. Extrahiere den Farbstoff. Rotkohl kleinschneiden und kurz kochen.
3. Den kräftig roten Saft auf Papier oder Stoff streichen. Ich nehme meist Fotopapier für Drucker oder Aquarellpapier.
4. Trocknen lassen, im Dunkeln oder Halbdunkeln.
5. Motiv, zum Beispiel Blätter, auf die Farbschicht legen und mit Glas abdecken.
6. Zwischen mehreren Stunden und mehreren Wochen belichten lassen, je nach Wetter und Jahreszeit. Wenn die Farbe verblasst ist, ist es fertig.
Beispiel:
Blätter auf Rotkohl - Anthotypie by Bernd Hutschenreuther, auf Flickr
Anthotype, Aquarell, Rotkohlsaft auf Aquarellpapier
ca. 4 Tage Belichtung, wechselhaftes Wetter
Brennnessel auf Heidelbeersaftpapier by Bernd Hutschenreuther, auf Flickr
Mehrere Stunden Belichtung
Süßkartoffelblatt, Anthotypie 3 by Bernd Hutschenreuther, auf Flickr
Farbe extrahiert mit Isopropanol
1 Woche belichtet, selten Sonne.
Anthotypie auf Gelbwurz (Curcuma)
Die fertigen Bilder bleiben lichtempfindlich, vor Allem gegen UV.
PS:
Hauseingang by Bernd Hutschenreuther, auf Flickr
Rote-Beete-Saft