Ich halte viel von Rogers Blog, aber mir ist da einiges zu simplifiziert.
Für alle Liebhaber der gepflegten Festbrennweiten folgende Frage: Wann gab es von Canon und Nikon das letzte Update von Objektiven mit weniger als 20 mm Brennweite? Das war Canons 2,8/14 L USM II im Jahr 2007. Seither gab es, mit Ausnahme von zwei TS-Obektiven, nur noch Zooms. Diese Zooms sind durchwegs sehr gut, besser als die kassischen AF-Festbrennweiten wie 2,8/20 2,8/24 und 2,8/28 (allesamt gut 25 Jahre alt) sind die allemal und die MF-Objektive waren nie besser. In dem Bereich sehne ich mich wirklich nicht nach den "guten alten Zeiten" zurück, denn auch die Streulichtempfindlichkeit fällt bei den Zooms in der Zwischenzeit besser aus.
Im Bereich der kurzen und mittleren Teleobjektive sieht es auch nicht besser aus, gerade bei Canon kam da seit dem EF 1,2/85 L USM II im Jahr 2006 nichts mehr, aber zwei äußerst erfolgreiche neue 70-200 mit Bildstabilisator gabs. Bis zB. das Canon EF 1,8/85 USM mit der Randschärfe des EF 4/70-200 L IS USM mithalten kann, ist das auch auf Blende 4 abgeblendet, und das EF 2,8/200 L USM ist auch nicht besser als das Zoom.
Was immer schön gepflegt wird, ist das Segment der lichtstarken Superteleobjektive im Bereich vom 2,8/300 bis zum 5,6/800. Schön und gut, vor allem prestigeträchtig, aber für viele hier nur von geringem Interesse (neue 4/300 oder 5,6/400? Fehlanzeige!). Die Dinger baut man heute mit etwa 20 Linsen, laut Rogers Schlußfolgerungen erhält man damit ein ähnliches Überraschungspaket wie bei einem Zoom, was aber nicht richtig ist, denn heute kann man komplexe Objektive konstruieren die eine gewisse erhöhte Unempfindlichkeit auf Dezentrierung und andere Abweichungen aufweisen, denn sonst würde die Bildstabilisierung nicht so gut funktionieren. Verbesserte Fertigungsmethoden führen auch dazu, dass die Streuung in der Abbildungsleistung von Objektiv zu Objektiv heute deutlich geringer ausfällt, das sieht man auch in den MTF-Diagrammen in Rogers Blog.
Wie sieht es mit bezahlbaren Supertelezooms aus? Das Nikkor AF-S 4,5-5,6/80-400 VR kann bei 400 mm und offener Blende noch nichtmal mit dem alten Canon EF 4,5-5,6/100-400 L IS USM mithalten, das neue AF-S 5,6/200-500 VR ED ist ein bisschen besser, kann aber mit dem aktuellen Canon EF 4,5-5,6/100-400 L IS USM II bei weitem nicht mithalten. Ist das EF 5,6/400 L USM besser? Nein, es ist gleichauf mit dem 100-400. In der Praxis hat das 5,6/400 aber zwei gravierende Nachteile: keinen Bildstabilsator, dh. die Belichtungszeit sollte nach meiner Erfahrung für den Einsatz ohne Stativ kürzer als 1/1000 s sein und die Naheinstellgrenze liegt bei 3,5 m.
Wo bleiben jetzt all die beschworenen Vorteile der Festbrennweiten? Ich sehe die für mich nicht und ich will auch nicht wie Russel Price (Nick Nolte) in "Under Fire" mit vier umgehängten SLRs herumlaufen.
BTW: Bei der Staffelung der klassischen Festbrennweiten, zB. 20 - 24 - 28 - 35 - 50 - 85 - 135 - 200 gibt es ganz schöne Löcher. Der worst case ist 50 - 85. Geht es wirklich hart auf hart, dann muss man für das Bild mit dem optimalen Bildausschnitt das Kleinbildformat auf APS-C Größe zusammenschneiden.
Viele Grüße
Helmut