Nunmal "Butter bei die Fische". Es gibt ja hier im DCC mindestens zwei Diskussions-Threads über den Sinn oder Unsinn einer Lytro-Kamera.
Ich möchte mal ein wenig dazu schreiben.
Die Lytro - und ich beziehe mich hier natürlich auf die erste Version, denn die neue "Ilium" gibt es ja noch gar nicht - ist eine grundlegend andere Kamera. Nicht nur, dass sie ein völlig anderes System zur Aufzeichnung nutzt (und daher die Auflösung auch in Megarays und nicht in Megapixel angegeben werden), auch ihr Äußeres ist revolutionär anders:
lytro1.jpg
Ich muss zugeben, dass es durchaus gefällig ist - auch wenn es auf den ersten Blick eher an eine Taschenlampe erinnert.
lytro2.jpg
(Die neue Ilium hat hingegen eine viel größere Ähnlichkeit mit einer herkömmlichen Kamera.)
Die Lytro fasst sich ziemlich gut an, sie wirkt durch und durch wertig. Ihr Bedienung ist eine absolute Reduktion auf's Wesentliche:
Anschalter (der auch Ausschalter ist), Auslöser, USB-Anschluss und ein kleiner Touchscreen hinten, der auch als Aufnahmedisplay dient:
lytro3.jpg
Im "Menü" lassen sich im Grunde lediglich folgende Parameter einstellen:
- Verschlusszeit
- ISO-Empfindlichkeit
- Art des AF
- Selbstauslöser (2 und 10 Sek)
- WiFi-Verbindung
- Sprache
Außerdem ist ein Reset möglich und es gibt Anzeigen für den Speicherplatz und die Akkuladung (beides in %).
Das war's. Mehr muss aber bei dieser Kamera auch nicht sein. Die Feinheiten macht man später am PC per Software, dem Lytro Desktop, ein entfernt an Lightroom erinnerndes Programm zur Verwaltung und Bearbeitung der Lichtfeldaufnahmen.
Per Lytro Desktop lässt sich im Nachhinein der Schärfepunkt (und zu einem gewissen Grad auch die Aufnahmeperspektive) setzen. Das ist das Besondere an dieser Art der Fotografie. Hier einmal ein kleines Beispiel:
Aus einer Aufnahme, lassen sich unterschiedliche Fotos machen.
Fokuspunkt vorne auf der Pflanze
i16_vorne_w.jpg
Fokuspunkt mittig auf dem Trampolin
i16_mitte_w.jpg
Fokuspunkt hinten auf den Bäumen
i16_hinten_w.jpg
Natürlich muss man beim Gestalten des Bildes schon bei der Aufnahme darauf achten, dass es einen Vorder- und einen Hintergrund gibt. Denn wenn - auch aufgrund des kleinen Sensors - ohnehin alles scharf, weil auch gleich weit entfernt ist, verpufft die "Zauberei".
>> Hier << habe ich einmal einen Link zu meinem Lytro-Album im Netz gesetzt. Wenn es klappt, kann man dort an diesem Bild selbst einmal ausprobieren, wie sich das Foto ändert, wenn man den Fokuspunkt verlegt.
Die Auflösung der exportierten Fotos (JPG) liegt in etwa dort, wo wir mit herkömmlichen Digitalkameras Ende der 90er Jahre waren. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Die erste Version der Lytro ist in meinen Augen einzig eine Spielerei, wenn auch eine echt faszinierende.
Mit der neuen Kamera, der Ilium, könnte das anders werden. Ein sehr guter Freund von mir, Hochzeitsfotograf, durfte neulich mit einem Vorserienmodell spielen. Er fand auch eine Idee, die den Sinn einer Lichtfeldkamera - mal weg von technischer oder wissenschaftlicher Fotografie - deutlich macht: Eine Aufnahme während der Trauung in einer Kirche. Im Nachhinein können die Frischverheirateten den Fokus auf die Braut vorne, auf die spielenden Blumenkinder in der ersten Bank, auf den dösenden Opa in der 10 Bank oder auf den zu spät kommenden Gast im Eingang legen. Das ist schon eine tolle Sache.
Man muss an die Lichtfeldfotografie völlig anders herangehen als an die herkömmliche, die uns so begeistert. Ich vergleiche das gerne mit Funktionen wie Video oder Panorama, die Kameras heute beinahe selbstverständlich bieten. Es ist schön, dass man es hat, aber so richtig häufig nutzt man es kaum. Wenn in ein paar Jahren eine Lichtfeldkamera all das bietet, was wir heute von einer Kamera bekommen, kann man den "nachträglichen AF" als eben solch einen Bonus sehen.
Ich werde weiter berichten und immer mal wieder Bilder hochladen...