Leica APO Telyt-R 3.4/180 mm

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Es verwundert, daß dieses herausragende Objektiv noch nicht im Forum besprochen wurde. So wird es Zeit, daß ich mich einmal selbst an eine, zugegebenermaßen etwas subjektive Beurteilung heranwage.

Warum dies nun ein Leitz und kein Leica ist, das entzieht sich meiner Kenntnis. Die frühen Optiken der Firma wurden als 'Leitz', die späteren als 'Leica' gelabelt. Aber im Grunde ist ja, was drinsteckt entscheidend - und da ist mir kein Unterschied bekannt. Alle diese Leica APO Telyt-R 1:3,4/180 wurden übrigens in Canada gefertigt - und das steht auch drauf.






Manche sehen dieses Objektiv als lichtschwach an, gibt es da ja noch das dicke Leica Elmarit-R 1:2,8/180mm. Der Unterschied ist äußerlich gerade einmal eine halbe Blende. Und was ist schon eine halbe Blende? Doch das eine ist ein apochromatisches Glas, das andere nicht. Den Unterschied kann ich hier nicht testen, ich habe nur das APO.


Aber fangen wir vorne an.
An meiner Canon 5D2 wirkt das Objektiv etwas schlank, an der Sony A7r mit dem Adapter wie für diese Kamera gemacht.



Das Leica APO Telyt-R 1:3,4/180 wurde gar nicht für uns Sterbliche entwickelt,die wir als Amateure oder Profis ganz normale "Verbraucher" sind, sondern vielmehr für das Militär. Die Kunde von der herausragenden Qualität der Leitz-/Leica-Gläser war nämlich inzwischen bis nach Nordamerika gedrungen und dort auch dem amerikanischen und kanadischen Militär zu Ohren gekommen. Und das Militär will in der ganzen Welt immer die beste verfügbare Qualität! So gab zunächst, da Leica ja auch in Nordamerika (Canada) seßhaft war, die US NAVY den Auftrag an die Firma in Canada, für Aufklärungszwecke ein besonders scharfes "Fern-"Objektiv zu entwickeln.

Das Ergebnis war nun dieses Objektiv, das sich demnach besonders für Fernaufnahmen eignet, da dort erwartungsgemäß seine Höchstleistung liegt. Das heißt nicht, daß es sich für kürzere Distanzen etwa nicht oder weniger eignet, normalerweise sind die Unterschiede, so behaupte ich, in den Aufnahmen kaum sichtbar. Lediglich der Kontrast erscheint auf kürzere Entfernungen etwas geringer zu sein.

Das Objektiv wurde 1975 erstmals gebaut und 1980 von der zweiten Version abgelöst, die erst 1998 eingestellt wurde. Der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Version ist marginal. Eigentlich besteht er nur in der Art der integrierten Störlichtblende und in dem Filtergewinde. Zunächst wurde ein "Serie 7,5" Gewinde eingebaut (bis #29477024), später dann ein "E60". Normale, also gebräuchliche Filter sind nicht nutzbar, können aber mit dem HELIOPAN Reduzierring #700319 verwendet werden. Die Linsen und deren Aufbau sind in beiden Versionen genau die gleichen.

In den späten 90er Jahren galt das Leica APO Telyt-R 3,4/180 im scharfen Wettbewerb der 180er Gläser wie dem Canon EF 3,5/180 L Macro USM, dem Contax Sonnar T* 2,8/180 und dem Leica-eigenen Elmarit-R 2,8/180 als der Geheimtipp (Lars Kjellberg auf Photoda).




Technische Daten

• 7 Linsen in 4 Gruppen
• Blenden 3,4 bis 22
• Naheinstellgrenze 2,50m
• Bildwinkel 13,7°
• Vergrößerung 11,5
• Länge über alles 135mm
• Gewicht 750gr
• Integrierte Störlichtblende

Das Objektiv ist relativ schwer und macht einen solide-wertigen Eindruck.

Durch die Linsenkonstruktion ist es etwas kopflastig.

Das Fokussieren erfolgt gleichmäßig und geschmeidig. Der Fokussierweg beträgt geschätzt ca. 200°, ausreichend für ein genaues Fokussieren von Hand.

Die Blendenschritte geschehen in halben Stufen; zwischen f/3,4 und f/5,6 sogar in drei Stufen. Die beiden Zwischenstufen liegen etwa bei f/4 und f/4,5 und sind nicht markiert, genausowenig wie die übrigen halben Stufen.



Beurteilung

Das Glas hat eine hervorragende Mittenauflösung, am FF an den Rändern etwas abfallend, was jedoch vernachlässigt werden kann. Abgeblendet auf f/4 besteht kein Unterschied mehr. Bei APS-C bei Offenblende schon keinerlei Unterschied.

CAs sind kaum sichtbar.

Sehr ausgewogene und kräftige Farben, wie das eigentlich bei allen Leica-Gläsern festzustellen ist. Dabei sind die Farben aller Leica-Optiken aufeinander abgestimmt. Durch die apochromatische Konstruktion wird zudem erreicht, daß alle Farbanteile, also die Farben ROT, GRÜN und BLAU, auf dem exakt gleichen Punkt des Sensors resp. des Films auftreffen und somit ein Höchstmaß an Schärfe, Kontrast und Farbwiedergabe erreicht wird.

Feines, samtiges, sich aufbauendes Bokeh.

Flares erscheinen nur, wenn die Sonne in die Optik hineinscheint oder fast hineinscheint.

Vignetierung ist so gut wie nicht vorhanden (ca. 0,8 EV) und erscheint nur bei Offenblende (FF), verschwindet dann aber spätestens bei f/5,6.

Beugung habe ich nur ganz geringe feststellen können, sie soll weniger als 0,4 % betragen - es ist ja auch ein Tele, ein mittleres.

Die Vergütung wurde von Leica schrittweise über den Produktionszeitraum verbessert; die späteren Versionen sollen noch eine bessere Farbtreue zeigen.

Die Optik kann ohne Probleme an Canon EOS FF-Kameras adaptiert werden, der Spiegel schlägt nicht an, bei entsprechenden CROP-Kameras sowieso nicht.

Das Leica APO Telyt-R 1:3,4/180 ist mit Leica's APO-Extender 2X kompatibel, nicht jedoch mit dem APO-Extender 1,4X.

Eine ausgezeichnete Linse, die die Bezeichnung APO zu Recht trägt!

Das Objektiv wird z.Zt. auf dem Markt etwa zwischen EUR 700 und EUR 1300 angeboten. Aufgrund seiner hohen Qualität halte ich das noch eben für angemessen, obwohl man moderne AF-Gläser schon billiger bekommt. Aber Leitz/Leica war schon immer "etwas" teurer (und etwas Besonderes).



Kritik

Manche empfinden das Bokeh als zu harsch, mir gefällt es.

Andere meinen, daß das Objektiv für Flares anfälliger sei als vergleichbare Optiken, was ich mangels Vergleichsmöglichkeiten nicht beurteilen kann.

Die Naheinstellgrenze könnte kürzer sein.



Bildbeispiele






Etwas gecroppt (obiges Bild).


LG, Hans-Joachim.

Nachtrag:
Die Beispielaufnahmen wurden mit der Sony A7r gemacht, die Kameraaufnahmen auf stativ mit der Canon G11.