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Carl Zeiss Jena Kipronar 1,9/105
Nachdem ich inzwischen 4 verschiedene Kipronare mein Eigen nenne, möchte ich mit dem kürzesten aus meiner Sammlung einmal anfangen.
Im ersten Beitrag wird es noch keinen kompletten Testbericht geben. Ich werde dann die nächsten Tage das ein oder andere nachliefern.
Im ersten Beitrag werde ich ein paar technische Daten nennen und kurz etwas zur Adaption sagen.
Also dann mal los....
Das Kipronar ist ein Projektionsobjektiv mit vermutlich 4 Linsen. Eine Linsengruppe sitzt ganz vorne, eine Linsengruppe sitzt ganz hinten. Dazwischen ist einfach sehr viel Luft.
Maße:
- Gewicht: 413g laut Küchenwage
- Durchmesser 62,5 mm
- Länge 132 mm
Es gitbt wohl mehrere Versionen.
Ich habe 2 unterschiedliche von Carl Zeiss Jena:
Anhang 125764
105 (schwarz) und 10,5 cm (metallisch).
Darüber hinaus gibt es wohl auch das gleiche Objektiv unter dem Namen der Rathenower Optische Werke (ROW).
Nun kurz zur Adaption:
Anhang 125765
Die Adaption besteht aus folgenden Teilen:
- RAFCAMERA M65x1F -> E-mount
- M65 Helicoid (25 mm-55 mm), genauer Typ: ixco M65-M65/M (25-55)
- RAFCAMERA 62,5 -> M65x1M
Damit ist die Fokussierung von etwa 75 cm (Sensorebene) bis unendlich problemlos möglich.
Heute Abend folgen dann technische Bilder zur Schärfebeurteilung und Darstellung einiger optisch sehr interessanten Eigenschaften.
Fall ihr Fragen zu dem Objektiv habt, könnt ihr diese gerne in diesem Thread hinterlassen.
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Optische Eingeschaften/Eigenheiten
So, nun zum zweiten Teil.
Meine Exemplare sind alle keine Vitrinenstücke. Teilweise waren sie schon gut von Pilz befallen.
Durch die einfache Konstruktion und einfache Einfassung in purem Metall kann man die Objektive aber gut erhitzen. Daher haben die Objektive bei mir alle im Backofen bei bis zu 180°C eine gewisse Zeit verbracht. Natürlich wurden sie langsam aufgewärmt und wieder abgekühlt. Der ganze Prozess hat etwa 2 Stunden gedauert. Die Kipronare überstehen das ohne Probleme und ich habe danach ein gutes Gefühl, dass die Sporen tot sind.
Bei der Beurteilung der optischen Eigenschaften sollte man aber bedenken, dass ein Vitrinen-Exemplar eventuell hier und dort etwas besser abschneiden könnte.
Die Petzval-Konstruktionen sind für die starke Bildfeldwölbung bekannt und sind heutzutage auch wegen dieser Eigenschaft und den daraus resultierenden "Swirl"-Effekt gesucht.
Nun... mein Teppich liegt relativ eben auf dem Boden. Was das Objektiv daraus macht? Seht selbst:
Fokus in der Mitte:
Anhang 125766
Fokus eher am Rand (nicht ganz in den Ecken):
Anhang 125767
Es ist also eine deutliche Bildfeldwölbung festzustellen.
Nun einmal noch der Verlauf:
Anhang 125768
Die Fokusebene (oder halt eben nicht mehr Ebene) ist zu den Rändern zur Kamera hin gewölbt. Am Rand liegt der Fokusbereich also näher als in der Mitte.
Nun noch einmal zur Schärfe. 100% Crops der Sony Alpha A7 III (24 Megapixel auf Vollformat):
Mitte:
Anhang 125769
Rand lange Seite (äußerer Fokuspunkt der A7III ist Zentrum des Sterns):
Anhang 125770
Ecken des Bilds (äußerer Fokuspunkt der A7III ist Zentrum des Sterns):
Anhang 125771
Man sieht dass hier die Schärfe in Meridionalichtung deutlich höher ist.
Durch Verschieben des Fokus bekommt man aber auch die Sagittalrichtung schärfer:
Anhang 125772
Die sagittale und meridionale Abbildung liegen also nicht bei der gleichen Distanz. Dies führt wohl zu dieser doch erheblichen Unschärfe am Rand.
Fazit: Man sollte keinen wichtigen Objekte weit außerhalb des Zentrums platzieren. Hier ist dann der Unschärfe-Effekt zu groß. Bei Portraits ist also eher eine zentrale Positionierung des Kopfs/Auges sinnvoll. Dies sieht man auch in den meisten Kipronar-Fotos so arangiert. Hier wirkt dann auch der Swirl-Effekt am besten.
Ich denke im nächsten Beitrag kommen dann ein paar Beispielbilder.
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So, da ich die Ordner auf meinem PC nicht mehr ganz genau den Objektiven zuordnen konnte, musste ich heute bei eher wechselhaftem Wetter ein paar neue machen:
Anhang 125947
Anhang 125946
Anhang 125948
Anhang 125949
Anhang 125950
Anhang 125951
Anhang 125952
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In vielen Situationen mit starken Lichtquellen hatte ich das Problem, dass mir der Kontrast dann doch etwas zu gering war. Nun.... ich habe dann einmal ausprobiert große Teile des Objektiv-Tubus von innen mit spezieller Farbe auszumalen. Man muss dazu sagen, dass Zeiss hier schon von vornherein eine sehr gut lichtschluckende Beschichtung gewählt hatte. Mit der speziellen Farbe ging in den meisten Situationen aber noch einges mehr. Seht selbst:
vorher:
Anhang 129259
nachher:
Anhang 129260
Der Kontrast nahm ursprünglich auf der der Lichtquelle gegenüberliegenden Seite sehr stark ab. Das ist jetzt in den Situationen, die ich getestet habe, nicht mehr so.
Sobald mal an einem freien Tag wieder schönes Wetter ist, versuche ich ein paar praxisnähere Bilder nachzureichen.
Edit: So untereinander fällt es gar nicht so sehr auf. Am besten die beiden Bilder in 2 Tabs öffnen und dann abwechselnd hin- und herschalten.
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Danke für die ausführliche Vorstellung, ich kann das alles nur bestätigen: Das ist ein Objektiv mit dem typischen Petzval-Eigenschaften, d.h. extreme Bildfeldwölbung, am Rand komplett unscharf, ausgeprägter Swirl und in der Mitte verblüffend scharf. Ein schönes Spielzeug.
Im Gegenlicht nimmt der Kontrast massiv ab - in dem folgenden Bildbeispiel ausgeglichen in der Nachbearbeitung.
A7s (KB-Sensor)
Anhang 129271
100%-Ausschnitt aus dem obenstehenden Bild
Anhang 129272
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Gegenlicht
Wo wir gerade bei Gegenlicht sind: Hier noch einmal ein komplett unbearbeitetes Beispiel:
Nur mit Gegenlichtblende, die Sonne kommt direkt auf die Frontlinse:
Anhang 129370
Zusätzlich mit der Hand abgeschattet, sodass kein direktes Licht mehr auf die Frontlinse kommt:
Anhang 129371
Beim zweiten Bild sieht man anhand des Bokehs auch, dass die Unschärfekreise nicht mehr rund sondern halbiert sind. Da war die Hand dann tatsächlich deutlich im abbildenden Strahlengang.
Zur Referenz: Bild 1 mal schnell nachbearbeitet (mit vollem Bokeh). Vermutlich hätte ich dort etwas dunkler belichten sollen. Dann hätte man noch mehr raus holen können.
Anhang 129372
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Ich fotografiere übrigens sehr gerne Bäume mit diesem Objektiv. Es bildet diese sehr verträumt ab:
Anhang 129373
Anhang 129374
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Kipronar 105 an einer Fujifilm GFX100S
Anhang 154018
Anhang 154019