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Tokina 17mm RMC II & Zeiss Distagon T* 18mm C/Y im Vergleich zu modernen Linsen
Einige meiden ja diese Ultra Weitwinkel aus vergangenen Tagen wie der Teufel das Weihwasser: mangelnde Schärfe an den Rändern, starke Verzeichnung, etc. ...
Aber ist dieses Altglas denn wirklich soviel schlechter als Objekive aus heutiger Zeit? Oder anders gefragt: was hat sich in den vergangenen Jahrzehnten im Objektivbau getan?
Habe mal Zwei dieser Gattung Altglas aus meinem Bestand gefischt: das Tokina 17mm f/3.5 RMC II und das Contax Carl Zeiss Distagon T* 18mm f/4.
Als das Modernste, das meine Schränke im UWW-Bereich zur Zeit hergeben, mußte das Sigma 14-24 mm f/2.8 DG DN Art herhalten.
Hier die Probanten, inkl. ihrer Adapter auf Sony E und Sonnenblenden für den Größenvergleich:
Anhang 110700
Kurz-Vorstellung der drei Kontrahenten:
Das Distagon stammt aus der Mitte der 70er Jahre und ist somit ca 45 Jahre älter als das Sigma.
Für die Aberrationskorrektur im Nahbereich besitzt es "Floatmg Elements".
Das Tokina wurde bereits mehrfach hier im DCC gewürdigt (rmc tokina 17 site:digicamclub.de)
Es stammt, wie das Distagon, aus den 70er Jahren und war in verschiedensten Anschlüssen verfügbar: Canon FD, M42, Nikon F, Pentax K, Minolta MD.
Ich habe es als M42- und Minolta MD Version. Für den Vergleich hier kamen Beide zum Einsatz, um Serienstreuung auszuschließen. Konnte aber keine nennenswerten Unterschiede ausmachen, was für die Serientreue der Tokinas spricht.
Alle Test-Bilder sind mit der Sony A7RII auf Stativ entstanden. Alle Probanden waren bei allen Aufnahmen mit einer Streulichtblende ausgestattet. Das Sigma sowieso, weil fest verbaut.
Die Bilder sind in RAW aufgenommen, mit Capture One 20 konvertiert (alle Regler auf Null) und daraus wurden dann die 100%-Crops erstellt.
Legen wir mal los:
zunächst mal die Ausgangssituation, entstanden mit dem Sigma 14-24mm DG DN Art bei 17mm und f/4
Anhang 110701
Die Crops aus der Mitte bei Offenblende für das Zeiss und Tokina, das Sigma bei f/4
Anhang 110702
Die Crops aus der Mitte des rechten Randes, ebenfalls bei Offenblende für das Zeiss und Tokina, das Sigma bei f/4
Anhang 110703
Kleines Zwischen-Fazit: GRUSELIG - in der 100%-Ansicht ist das Tokina in der Mitte sehr flau, dem Zeiss fehlt´s an Kontrast. Am Rand schlägt bei den Altgläsern der Lichtabfall zu, in Bezug auf Schärfe an den Rändern beim Tokina eigentlich nur noch Matsch.
Nun blenden wir mal ab auf f/8.
Die Crops aus der Mitte
Anhang 110704
Und aus der Mitte des rechten Randes
Anhang 110705
Geht doch: die Altgläser sind zwar noch in der Mitte etwas kontrastärmer als das Moderne, aber OK. Das Tokina hat dort sogar ´nen Tacken mehr Schärfe als das Zeiss.
Am Rand verliert das Tokina aber deutlich. Hier hat das Zeiss vornehmlich mit dem Lichtabfall zu kämpfen.
Aber wie wirkt sich all Das nun auf das Gesamtbild aus?
Zunächst das Zeiss bei Offenblende
Anhang 110706
Und das Tokina bei f/3.5
Anhang 110707
Bei beiden Altgläsern ist die Vignettierung erkennbar, das Tokina ist bei f/3.5 etwas für David Hamilton :lol:.
Und noch alle drei Linsen, abgeblendet auf f/8
Sigma:
Anhang 110708
Zeiss:
Anhang 110709
Tokina:
Anhang 110710
Das Zeiss Distagon T* 18mm f/4 C/Y kann sich abgeblendet durchaus neben einem modernen Glas sehen lassen. Selbst die Vignetten sind fast verschwunden.
Das Tokina RMC II 17mm f/3.5 hat zwar auch abgeblendet noch mit Vignettierung zu kämpfen und auch bei Schärfe und Kontrast liegt es hinter den anderen Beiden,
aber mit ein wenig Post Processing ist hier noch mehr herauszuholen, denn man darf nicht vergessen: das Zeiss kostet gebraucht ca. 1/3 des Vergleichs-Sigmas und
das Tokina sogar nur 1/11 (Stand Mitte 2020) und die Bilder sind quasi out of Cam: ohne Nachbesserungen konvertiert und auf Forumsgrösse verkleinert.
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Vielen Dank für den ausführlichen Test. Meine Erfahrungen mit dem Tokina RMC II sind sehr gut, mal zwei Beispiele, allerdings das erste an der APS-C a6000. Das Tokina hat manchmal etwas mit lila CAs zu kämpfen, ansonsten liebe ich es...
Anhang 110714
Nochmal mit der A7II aufgenommen:
Anhang 110715
Habe mich nur fast umgebracht, wegen der furchtbaren Beschränkung auf 300kb. Naja.
LG Claas
preisliche Ansiedelung in den 70ern
Ich hab mal versucht, herauszufinden, wo das 18mm C/Y Distagon und das 17mm RMC II Tokina, damals in den 70ern, preislich neu angesiedelt waren.
Der Contax Zeiss Survival Guide schweigt sich zum Zeiss Distagon leider aus, aber bei Contax-Cameras hab ich ´ne Preisliste von 2001 gefunden, wonach es 3032,--DM (UVP) kosten sollte :shocking:.
Zum 17mm RMC II hab ich leider nichts gefunden. Meines mit Minolta MD-Bajonett hatte ich Anfang 2000 gebraucht gekauft für meine X700, das in M42 war irgendwann mal Beifang.
Evtl. kann sich ein Kollege hier noch an den Neupreis erinnern oder hat gar noch ´nen Kassenzettel von damals?
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Finde alles sehr schlüssig und anregend, was Claas, Andreas, Volker und Rolf hier geschrieben haben. Ich habe wie Niko auch bei Vollformat schnell die Finger von Superweitwinkeln gelassen (vermisse das persönlich aber auch nicht). Das Tokina war ja als bezahlbare Linse gedacht für diejenigen, die "auch mal was mit Superweitwinkel" schiessen wollten, vornehmlich im Urlaub. Und ich glaube, viele Hobby- und Amateurfotografen, erst recht Schnappschussknipser transportierten das Objektiv brav mit, um es für wenige Aufnahmen oder gar nicht zu benutzen. Je weitwinkliger die Objektive, umso besser sind meine erhalten, einige sehen aus wie frisch aus dem Laden: vier Mal in der Fototasche und vier Jahrzehnte in der Fotovitrine.
Das Tokina habe ich in beiden Versionen und nutze es (aber auch nur selten) anders als gedacht: als moderates Weitwinkel an meinen Sony Nex-APS-C-Kameras. Erstens habe ich ebenfalls schnell gemerkt, dass es zwar vollformattauglich sein soll, dieses Versprachen aber schon an den Rändern nicht einlösen kann, von den Ecken ganz zu schweigen. Zweitens kommt es mit der 24 MP-Auflösung der A7-Serie noch gut klar, an den hochgezüchteten 24 MP-APS-C-Modellen ist es dagegen überfordert wie der Reifen einer alten Ente an einem Ferrari. Das Auflösungsvermögen war früher kein Problem, Posterdrucke kosteten in den Prä-Digitalära noch ein Vermögen. Die meisten Tokina-Weitwinkelaufnahmen auf ASA 200 ASA-Mehrkornfilm - für teure Dias kannte man sich mit dem Exotenobjektiv doch nicht gut genug aus - landeten doch garantiert maximal als 13 x 18cm großen Fotos an den Wänden oder als 10 x 15-Drogerieabzüge im Fotoalbum. Und genau für diese Ansprüche war das gut genug.
Die Rand- und Eckschärfe ist auch ein großes Problem bei moderaten Winkelwinkel für APS-C-Sensoren. Native Linsen sind entweder genauso mittelprächtig wie die Altgläser am Vollformat, oder sie kosten so viel, dass es sich für Gelegenheitsnutzer wie mich nicht lohnt. Vom mittlerweile gewachsene Angebot ostasiatischer Hersteller habe ich im Bereich von günstigen bis preislich angemessenen Objektiven mit Brennweiten von 22 bis 50mm schon einiges hier, aber in Review-Nebensätzen steht dann, "Eckschärfe ist bei diesem Objektiv nicht so entscheidend" und überhaupt "in real life-Aufnahmen kaum wahrnehmbar".
Ich habe ein paar ältere Tokina-Aufnahmen gefunden, die zeigen aber keine Eckschärfe, also habe ich heute mal schnell die 2. Version an eine Nex-5N gepackt, um das zu zeigen (durch's immer noch dreckige Fenster, also keine Idealbedingungen). Durch den Crop-Faktor hat man hier also etwa ein 25mm-Weitwinkel in Vollformat-/Kleinbild-Äquivalenz. Aufgenommen mit Blende 11. Wenn auch erste, leichte Beugungsunschärfen in der Bildmitte auftreten, finde ich das Ergebnis bis in die Ecken im Vergleich zur Leistung am Vollformat erstaunlich gut. In Lightroom reichte die automatische Korrektur der bei diesem Objektiv heftig auftretenden CAs, außerdem habe ich die Tonwertkurve/Kontraste angepasst und vor dem Export eine Schärfe 100 (ohne Details) gewählt. Im umrahmten Kasten ist der 1:1-Crop der linken Bildecke zu sehen. Da die Schärfe in Lightroom moderat war, ließe sich das noch verbessern, zeige ich im weiss umrandeten Crop: Photoshop/Unschärfe Maske. Gut genug also, um damit gelegentlich ausreichend scharfe Weitwinkel-Lanschaftsaufnahmen am APS-C-Sensor zu machen.
Anhang 111150
Grüße
Nils