Flaschenbodenobjektiv

Ich weiß nicht wie oft ich das schon gelesen habe: "Flaschenboden" als übelstes Schimpfwort für ein Objektiv. Oder umgekehrt: "Der macht auch noch mit einem Flaschenboden gute Bilder" als Lob für einen Fotografen. Und jedes Mal habe ich mir gedacht: Das müsste man mal ausprobieren. Und zwar nicht mit Hilfe weiterer Linsen oder Objektive sondern halt wirklich nur mit einem Flaschenbodenobjektiv.

Nun habe ich noch nie eine Flasche gesehen, deren Boden auch nur im weitesten Sinne eine optische Linse enthält und einfach nur mit einer gekrümmten Glasscheibe kann man nach meinem optischen Verständnis keine Bilder erzeugen. Aber Flaschenböden sind teilweise recht ordentlich konkav und dann fiel mir wieder die Geschichte von Jules Verne mit den Schiffbrüchigen auf der einsamen Insel ein: Dort kittet jemand zwei Uhrgläser zusammen, füllt den Zwischenraum mit Wasser und erzeugt so ein Brennglas mit dem er Feuer macht. Könnte klappen...

Zwei Flaschenböden:

Anhang 108230


...mit 2K-Kleber zusammengeklebt und dabei zwei Kanülen mit eingeklebt damit sich der Zwischenraum nachher noch mit Wasser füllen lässt:

Anhang 108231


...nach dem Aushärten mit Wasser befüllt, die Kanülen herausgezogen und die Löcher abgedichtet:

Anhang 108232


...auf die eine Seite einen passenden Adapterring aufgeklebt:

Anhang 108233


...der sich über ein M39-Zwischenstück mit Henrys VNEX-System verbinden lässt:

Anhang 108234

Anhang 108235


...und so sieht das an einer Kamera aus:

Anhang 108236

Anhang 108237

Und nun die große Frage: Kann man damit Fotos machen?

Wenn man den Mindestanspruch an ein Objektiv so definiert, dass man auf den Fotos erkennen kann, worum es sich bei dem abgebildeten Motiv handelt, würde ich sagen: Ja.

Nah:

Anhang 108238


Mittel:

Anhang 108239


Fern:

Anhang 108240


Die optische Qualität ist, nun ja, ich würde sagen: So wie man es von einem Flaschenboden erwartet.
Brennweite ca. 100mm
Blende ca. 2.5

Und als einzige Entschuldigung kann ich vorbringen, dass es hier heute den ganzen Vormittag geregnet hat.

:autsch:

Sehr coole Idee. Jetzt noch etwas abblenden und es wird richtig gut.

Mathieu Stern hat mal etwas ähnliches gemacht: Eine Linse aus Eis von einem Eisberg:
https://www.mathieustern.com/the-iceberg-lens

...auf einem Bild ist es an den Rändern etwas unschärfer. Die Mittenschärfe ist als durchwegs gut zu beurteilen :lol::lol::lol:

Planst du die weltweite Produktion und Patentschutz?

Gruß Claas

... eine leicht tonnenförmige Verzerrung ist an der Dachkante zu erkennen, bekommt man aber locker im Post Processing weg. Aber sonst ... :yes: :respekt: :clapping
Und falls Dir die optische Leistung partout nicht zusagt, kanst Du es immer noch, wie bei Jules Verne, als optischen Grillanzünder verwenden, sofern die Sonne scheint :lol::lol::lol:.

.....flaschenbodenflüssiglinse.....sehr schön gemacht....

Danke, in Darmstadt war/ist schon immer viel Kreativität...

Gruß

Gorvah

Also, am meisten stört mich das harsche Bokeh -
so käme mir das nicht in die Fototasche.

Probiere es doch mal mit etwas Vaseline außen an den Rändern,
vielleicht wird es damit besser!

Und im Zentrum finde ich es für Portraits schon zu scharf - fast wie ein Makro.
Da muss man nachher jedes Fältchen und jeden Pickel wegmachen. Für mich wärs nix....

:lolaway::dancing::lolaway:

Ich bin überrascht wie viel man schon durch den Flaschenboden sieht

Durch die Glaskonstruktion gibt es reichlich Streulicht. Du könntest noch versuchen, ein ‚Gehäuse‘ aus schwarzer Pappe oder SFT Samt zu basteln. Die Sonnenblende ist ja auch schon integriert :-)

Wie geil ist das denn??? (Sorry, aber dieser Ausruf musste jetzt einfach mal sein...)

Das ist mit Abstand das wildeste, verrückteste aber gleichzeitig auch großartigste Projekt, dass ich in letzter Zeit so mitbekommen habe!

:yes::yes::yes:

Ich bin von der Idee und der Umsetzung total begeistert.

Zitat:

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Zitat von ropmann

Ich bin überrascht wie viel man schon durch den Flaschenboden sieht

Durch die Glaskonstruktion gibt es reichlich Streulicht. Du könntest noch versuchen, ein ‚Gehäuse‘ aus schwarzer Pappe oder SFT Samt zu basteln. Die Sonnenblende ist ja auch schon integriert :-)

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Oder außen schwarz lackieren. Henry hat doch diesen Samtlack.

Ein paar Versuche mit Blendenkonstruktionen hinter der Linse habe ich schon gemacht, aber das hat zu keiner nennenswerten Verbesserung der optischen Qualität geführt. Das Grundproblem ist, dass die Flaschenböden in Krümmung und Dicke ziemlich unregelmäßig sind. Ich hatte mir halt die einzigen beiden halbwegs brauchbaren Klarglasflaschen gegriffen, die ich gerade im Keller hatte. Wenn man da etwas sorgfältiger auswählen würde, könnte man sicher noch einiges rausholen. Aber es ging mir ja nur um das Prinzip, ob man überhaupt ein erkennbares Bild zustande bringt.

Aber das mit der Abschattung gegen Streulicht probiere ich noch aus, dann sollte das komplett unscharfe Bild zumindest kontrastreicher unscharf werden :lol:

Sehr geil!
Und perfekt für Leute, die fast jedes Objektiv schon hatten und sich nun durch die Getränkehersteller der Welt durchkaufen können. Ich sehe schon, wie bei Ebay Unsummen für guterhaltene russische Flaschen aus den 60ern geboten werden ("Bokehmonster", "Wodkareste auf der Linse, die aber keinerlei Auswirkungen auf die Bildqualität haben" usw usf).
Zumal der Begriff "Altglas" jetzt nicht mehr so despektierlich klingt.

Zitat:

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Zitat von xali

Und perfekt für Leute, die [...] sich nun durch die Getränkehersteller der Welt durchkaufen können. [...]

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Das ist ein hochinteressanter Aspekt. Man muss all die Flaschen ja erst mal leertrinken bevor man sie zu Objektiven verarbeiten kann...
:prost:

Hallo Helge,

Dein Flaschenbodenobjektiv ist völlig an mir vorbeigerauscht.

Deine Lösung ist genau nach meinem Geschmack, total schräg und abgefahren und ginal umgesetzt.
:respekt::respekt::tier:


Ich werde das sicherlich auch mal ausprobieren.

Wie ist das Ergebnis, wenn man anstatt Wasser eine andere Flüssigkeit nimmt, z.B. Alkohol, Öl oder so ... ?

Zitat:

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Zitat von GoldMark

Wie ist das Ergebnis, wenn man anstatt Wasser eine andere Flüssigkeit nimmt, z.B. Alkohol, Öl oder so ... ?

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Grundsätzlich sollte gelten: Je höher der Brechungsindex, desto kürzer sollte die Brennweite bei gleicher Wölbung der Gläser werden. An der optischen Qualität dürfte sich aber nichts gravierendes ändern weil die Unregelmäßigkeiten der Wölbung durch die beiden Flaschenböden in jedem Fall den dominierenden Einfluss ausmachen.

Hallo Helge,

hast Du schon mal probiert eine provisorische Blende vor das Objektiv zu bringen? Schwarzes Tonpapier mit einem Loch in der Mitte reicht dazu völlig aus.

LG Bernhard

Ja.

Zitat:

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Zitat von Helge

Ein paar Versuche mit Blendenkonstruktionen hinter der Linse habe ich schon gemacht, aber das hat zu keiner nennenswerten Verbesserung der optischen Qualität geführt. Das Grundproblem ist, dass die Flaschenböden in Krümmung und Dicke ziemlich unregelmäßig sind. Ich hatte mir halt die einzigen beiden halbwegs brauchbaren Klarglasflaschen gegriffen, die ich gerade im Keller hatte. Wenn man da etwas sorgfältiger auswählen würde, könnte man sicher noch einiges rausholen. Aber es ging mir ja nur um das Prinzip, ob man überhaupt ein erkennbares Bild zustande bringt.

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