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Objektiv mit Fungus kaufen?
In einem Zustand völliger geistiger Umnachtung habe ich ein Objektiv mit Fungus gekauft, ein Objektiv, hinter dem ich schon lange her war und das ich m.M.n. durchaus preiswert erwerben konnte: ein Leitz Telyt 4,8/350 mm. Bin ich noch zu retten? Ist das nicht rausgeschmissenes Geld? Steckt nicht der Glaspilz meine anderen Linsen an? Ist das nicht ein Kauf für die Tonne?
Diese "geistige Umnachtung" ist natürlich gelogen. Ich habe die Linse mit klarem Kopf und nach reichlicher Überlegung gekauft. Im Netz hatte nämlich ein Leica-Händler in meiner Stadt diese Linse zu einem Preis angeboten, der ca. die Hälfte des normalen Gebrauchtpreises (Zustand A/B, Bj. 1981) ausmachte (oder sogar noch etwas weniger). Die Angabe "Fungus" hatte ich in der Aufregung überlesen. Sofort fuhr ich hin und sah dort die Bescherung: eine größere Fungus-Stelle (ca. 8mm Durchmesser), vier mittlere und drei kleine:
Anhang 16875
So eine Linse kommt für mich nicht infrage - aber ich kann ja vor der Tür des Händlers ein paar Probeaufnahmen machen um zu sehen, wie sich die Fungusstellen im Bild auswirken. Das wäre doch interessant! Zuhause sah ich mir die Aufnahmen am eigenen PC an - und erkannte keinerlei Bild-Beeinträchtigung durch den Glaspilz. Doch - ich hatte auch eine Aufnahme mit Blende 22 in den bedeckten Himmel hinein gemacht - und da war allerdings ein Schatten erkennbar. Hier der Schatten bei 100%crop und wilder Kontrastverstärkung:
Anhang 16876
War das nun ein Schatten einer Fungusstelle, aber die Umrisse stimmen doch überhaupt nicht überein. Vielleicht war es auch der Schatten eines neugierigen Engelchens in der Wolkendecke? Auf den anderen Bildern entdeckte ich keinerlei Schatten. Sie waren durchgängig klar und scharf, wo sie scharf sein sollten. Im DCC las ich alles, was ich in der Suchfunktion über Fungus/Glaspilz finden konnte und lernte, daß Fungus nach Auseinandernehmen des Objektivs entfernbar war (was ich mir nicht zutraue) und zumindest abgetötet werden konnte (1 Std. Backofen bei 80°C oder/und Sonnenlicht mit seiner UV-Strahlung). Nach reiflicher Überlegung und im Vertrauen auf die Ratschläge im Forum zur Abtötung des Pilzes entschloß ich mich zum Kauf, zumal ich den Händler noch auf 60% des Verkaufspreises drücken konnte.
Zuhause genoß die Linse dann den Backofen und die Sonne in der Fensterbank, dann folgten Testaufnahmen:
Anhang 16877
f 16 auf ca. 5m
Anhang 16878
dto. in 100%crop
Anhang 16879
f 4,8 auf ca. 15m
Anhang 16880
dto. in 100%crop
Ich finde die Linse ausgesprochen scharf, wie ich das von meinen anderen Leica-R-Objektiven an der 5D2 gewohnt bin, kann aber auch Vignetierung und eine leichte CA-Schwäche nicht verleugnen. Mein Fazit aus dieser Erfahrung ist, daß man von Glaspilz befallene Objektive beruhigt kaufen kann, wenn man sie gründlich getestet hat, der Fungus nicht zu stark ist und man das Vertrauen hat, daß sich der Pilz tatsächlich töten läßt und dann sich nicht weiter ausbreiten kann. Trotzdem werde ich mich noch erkundigen, was eine professionelle Entfernung des Pilzes kostet; er scheint hier nur die zweite Linse befallen zu haben.
Die Linse ist groß und schwer; man könnte jemanden damit erschlagen, aber sie ist ein wertiges und grundsolides Stück deutscher Wertarbeit. Das Gewicht beträgt 1,82 kg, die Länge mißt 286 mm - nichts für Freihandaufnahmen! Ich benutze mindestens ein Monopod. Die Tiefenschärfe ist äußerst gering, bei f 22 von ca. 100 m bis unendlich, bei f 8 ungefähr von 3 m bis 3,10 m ( nach der Scala geschätzt). Die Fokussierung ist etwas einfacher als bei meinen Normal- und WW-Linsen, dennoch nicht einfach genug für mich. Ich habe schon eine Displaylupe im Shop geordert.
Mich würde nun interessieren, wer eine Funguslinse schon längere Zeit in Gebrauch hat und bestätigen kann, daß der Glaspilz sich tatsächlich hat abtöten lassen.
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Mit meinem Kauf bin ich durchaus glücklich, obwohl ich solche Schwergewichte auf der Phototour nicht immer bei mir haben kann. Die Schärfe überzeugt mich durchaus, wenn es mir denn gelingt, richtig zu fokussieren - aber das soll sich mit der bestellten Displaylupe hoffentlich ändern.
Für die Schärfe hier noch ein Beispiel: ein Riesenwurz aus dem Botanischen Garten im "Jungstadium", oder Riesenhuflattig - oder wie das Gewächs auch immer heißen kann:
Anhang 16886
f 22 aus ca. 3 m (die Bildhöhe entspricht der Sensorhöhe)
und in 100%crop:
Anhang 16887
Pils bleibt Pilz, da helfen keine Pillen
Hallo,
da bin ich bei Dir,
auch wenn ich sammele sammele ich vor allem Gebrauchsgegenstände bzw. Photographica, die ich auch noch "erleben" kann. Das wäre was anderes, wenn ich quasi nur für die Vitrine sammelte und es mir dann lediglich um das Erreichen der Sterilität ginge. Als Elektroingenieur fallen mit da ein paar Leuchtmittel ein, mit denen das auch ohne Chemie erreichbar wäre - aber die Sporen bleiben, und damit das Risiko, das die Verwendung und der Kontakt mit der Luftfeuchtigkeit allfällig zu einem Revival der Funghi führen würde - not for me.
Und alles was krank ist mal per se in Görlitz vorbei senden wäre auch für mich ein wenig heftig - von der Reaktion meines Haushaltsausschusses mal abgesehen ...:ugly1:
Insofern bleibe ich bei meiner Einkaufstrategie - wer schnell kauft kauft teuer, meistens zu teuer. Also pflege ich eine alte Eisenbahnertugend - warten, bis der rechte Moment gekommen ist. Das hat sich bewährt. Und nie an einem Objekt haften - wenn man mal danebengreift weg damit und neu ansitzen, sonst sammelt man Schrott und bindet kostbare Mittel damit.
Jörg
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Zitat:
Zitat von
Keinath
Zum fehlenden Leistungsabfall: Ohne 1:1 Vergleich also mit einem Objektiv ohne jeglichen Makel, bei exakt gleichem Licht, gleichem Motiv, gleicher Scharfstellung etc. würde ich so ne Aussage nicht machen - ich bin halt "Optiker".
Es könnte ja sein das pilzlose Objektiv wäre noch etwas kontrastreicher.
Ich gehe davon aus, dass solche Fehlstellen im Glas das Streulicht erhöhen. Ob man das im 1:1 Vergleich mit verschiedenen Motiven, Abständen und Beleuchtungssituationen mit seiner Kamera und Verarbeitung sieht ist aber eine ganz andere Sache. Und ohne die Chance eines 1:1 Vergleiches wird man vieles nicht feststellen - und somit mit geringerem finanziellen Einsatz zu 100% glücklich :-)
Die Chance, einen 1:1 Vergleich durchzuführen, die habe ich momentan nicht - und ich glaube, ich brauche sie auch nicht. Die bis jetzt mit diesem (Fungus-)Objektiv gemachten Aufnahmen zeigen mir eine hervorragende Schärfe, sehr guten Kontrast, kein übermäßigtes Streulicht, so bin ich tatsächlich zu 100% mit der Linse glücklich.
Dies veranlaßt mich aber auch, mich für die hier und die früher im DCC dokumentierten Ratschläge bei allen zu bedanken, ohne die letzteren wäre ich dieses Wagnis wohl nicht eingegangen. Mein "Experiment" hat mir aber auch gezeigt, daß man zu Unrecht bei leicht(!) vom Fungus befallenen Linsen ein Abscheugefühl hat und im Gegenteil das gleiche (vermeindliche) Wagnis ruhig eingehen sollte, wobei man viel Geld spart. Voraussetzung wäre aber - und das gilt nicht nur für diese fungusbefallenen Gläser - Objektive IMMER trocken und hell zu lagern. Fungus steckt dann auch nicht an.
Anhang 17284
Anhang 17285
Beide Aufnahmen mit Offenblende an der Canon 5D2.