Canon T90: Die beiden Hauptfehler nachhaltig beheben
Die T90 löst nicht aus, ein feines Klicken ist zu hören, auf dem Display blinkt ein Pfeil.
Ursache:
Der Verschlussmagnet bewegt sich nicht.
Abhilfe:
Kamera öffnen und mit einem magnetisierten Schraubenzieher das Relais (nichts anderes ist der Verschlussmagnet) aktivieren.
Nachhaltigkeit:
Bei regelmäßiger Benutzung gut, ansonsten schlecht.
Die Kamera zeigt beim Druck auf den Auslöser „EEE“ oder „HELP“ auf dem LED-Display im Sucher. Der Verschluss löst nicht aus.
Ursache:
Einer oder beide Verschlussvorhänge sind mit den Resten eines sich auflösenden Dämpfers verklebt.
Abhilfe:
Die Verschlussvorhänge mit Feuerzeugbenzin reinigen.
Nachhaltigkeit:
Null - bis sich der Dämpfer völlig aufgelöst hat und bis dahin alle Reste entfernt wurden.
***
Das alles ist frustrierend und verdirbt die Freude an einer der besten Kleinbildkameras, die hergestellt wurden.
Und die ansonsten - nicht zuletzt aufgrund ihrer robusten und wertigen Verarbeitung - auch heute noch einwandfrei funktionieren würde.
Als Fan der T90 finde ich mich damit nicht ab und möchte beiden Problemen auf den Grund gehen. Und dort für eine nachhaltige Lösung sorgen :yes:
Dazu werde ich mir eine tatsächlich defekte T90 besorgen („defekt“ ist ja immer relativ) und anhand dieser untersuchen, ob der Verschlussmagnet gereinigt und der klebrige Dämpfer entfernt werden kann.
Beides ist sicher möglich, die Herausforderung ist der Weg dorthin.
Eine der komplexesten elektronischen Kleinbildkameras muss zerlegt werden.
Beim Verschlussmagnet ist der Weg kurz, der liegt unter der vorderen Abdeckung, aber ist verbaut.
Der Dämpfer sitzt unter den Verschlussvorhängen, ich habe ihn im Repair Manual schon geortet.
Das bedeutet, den Verschluss auszubauen, was noch nicht heißt, dass der Dämpfer mir dann zuwinkt ;-)
Bericht folgt, es wird allerdings etwas dauern.
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Sektion einer T90
Heute kam die eigens für eine Sektion bestimmte T90 bei mir an.
Mit kräftigen Benutzungsspuren, ziemlich schmutzig aber mit sauberem Batteriefach.
Wie vom Verkäufer beschrieben zeigte die Kamera keine Funktion.
Ich machte mich an die Demontage, um Folgendes zu untersuchen:
- Kann der Bereich hinter den Batteriekontakten gereinigt werden bzw. wie kann sich Korrosion durch Batteriesäure dort auf das Innere auswirken? Säureschäden sind ja nicht selten und das Batteriefach der T90 ist eng. Es können nur die Batteriekontakte gereinigt werden, die durch das Batteriefach erreichbar sind, nicht aber der Anschluss/die Platine dahinter.
- Was könnte die Ursache sein für den nicht funktionierenden Magneten am Spiegelkasten? Wie gut oder schlecht ist er für eine allfällige Reparatur/Reinigung erreichbar?
- Könnte ich die Pufferbatterie für die Speicherung des eingestellten ASA-Wertes selbst auswechseln wie DrTomHi auf YouTube zeigt? https://youtu.be/XAmskR_ncFg
- Und last not least: Wo sitzt dieser berüchtigte Dämpfer am Verschluss, der sich über die Jahrzehnte zersetzt und die Verschlussvorhänge des Copal Square Shutters verklebt? Kann dieses Problem gelöst werden?
Das Batteriefach ist gut verschraubt, das Repair Manual zeigt, wo der Schraubendreher hin muss:
Anhang 141776
Anhang 141777
Das Batteriefach mit abgelöteten Kabeln.
Am Boden des Fachs sind die beiden Batteriekontakte zu sehen - die gewohnte Ansicht:
Anhang 141778
Der Bereich hinter dem Batteriefach mit Kontaktplatte und Verkabelung.
Wohl der einzige Baubereich der T90, wo es übersichtlich zugeht:
Anhang 141785
Bei Korrosion würde die Kontaktplatte mit der Zeit von der Batteriesäure angegriffen werden und eines Tages ausfallen. Vermutlich würde sich die Korrosion auch weiter auf den Teil der flexiblen Platine darüber ausbreiten, aber es scheint hier einiger Zwischenraum zu sein.
Ergebnis 1:
Bei schwerer Korrosion im Batteriefach hier Nachschau halten und ggf. reinigen/die Kontaktierung erneuern.
Über dem Batteriefach sitzt ein violetter Elko, vielleicht schon seit 1986.
Probleme mit auslaufendem Elektrolyt sind bei der T90 nicht bekannt, der Elko sieht auch fit aus:
Anhang 141779
Die teildemontierte Kamera - vollgepackt mit Elektronik.
Unglaublich, was hier an Ingenieursarbeit und was an Montagearbeit geleistet wurde.
Überall Platinenstränge, Kabel, Zwischendecks - ein Wunderwerk:
Anhang 141780
Abnahme der Gehäuseabdeckung.
Es sind wieder einige Schauben zu lösen.
Der letzte Haltepunkt ist der kleine Hebel neben dem Okular, der den Okularverschluss betätigt.
Nach Entfernen der Abdeckkappe kann die Schraube darunter gelöst werden.
Eindrucksvoll die Sicht auf die in mehreren Lagen verbaute flexible Platine.
Etliche Kabel wollen abgelötet werden, damit die Abdeckung ganz vom Gehäuse genommen werden kann:
Anhang 141781
Unter dem Display auf der Gehäuseoberseite ein IC, und darunter, hier nicht zu sehen, ein weiterer:
Anhang 141782
Hier sitzt die Puffer-Batterie, rund und flach, gut verpackt in der Platine und fixiert mit einem Klebestreifen.
Ein Auswechseln sollte machbar sein:
Anhang 141783
Ergebnis 2:
Die Pufferbatterie ist relativ gut erreichbar, zum Auswechseln muss nicht so viel auseinandergenommen werden wie erwartet. Damit ist auch der Rückweg - die Montage - übersichtlich.
Um zum Spiegel-Magneten - und dann weiter zum Verschluss zu kommen, muss der Spiegelkasten herausgenommen werden. Es sind einige Schrauben zu lösen und Kabel abzulöten.
Das Problem: Diese beiden Schrauben, die mit Kleber fixiert sind.
Weder mit Aceton noch mit der heißen Lötkolbenspitze bekomme ich den Schraubenkopf für den Schraubendreher frei. Alles eben, hart und glatt.
Es bleibt mir nichts anderes übrig, als Gewalt anzuwenden - erfreulicher Weise ist nicht viel Hebelkraft notwendig, um den Spiegelkasten nach unten zu kippen. Beide Schrauben brechen im Gewinde, es kracht kurz und die Einheit ist frei.
Ich schäme mich, aber es ist ja eine Sektion und keine Reparatur ;-)
Anhang 141784
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Nach längerer Suche sind alle Schrauben gelöst, um den Verschluss abnehmen zu können.
Der vertikale Schlitzverschluss (von Copal?) - eine Hochleistungsmaschine.
Schnell ist der Sitz des klebrigen Übels ausgemacht, der Pfeil zeigt auf die Stelle:
Anhang 141786
Ansicht nach Abnahme der Abdeckung:
Anhang 141787
Der Dämpfer, der den heutigen Besitzern nur mehr die Freude an der T90 dämpft, aber nicht mehr die beiden Verschlussvorhänge.
Erstaunlich klein und unglaublich klebrig
Schon gibt es schwarze Flecken an den Fingern, die sich nur mit Aceton entfernen lassen:
Anhang 141788
Our friend and enemy:
Anhang 141789
Ganz einfach und ohne jeden Widerstand lässt er sich aus seiner Luke ziehen:
Anhang 141790
Wie einfach wäre die Lösung des Problems und wie unmöglich ist sie.
Um zu dieser Stelle zu kommen, muss die T90 massiv demontiert werden.
Haupthindernis ist die mehrlagige, in sich gewickelte und verschachtelte Platine, die mit Schrauben und Lötstellen fixiert ist.
Ohne Training ist es zumindest für mich nicht möglich gewesen, ohne Zerstörung überhaupt an diese - wohl verborgenste - Stelle zu kommen.
Obwohl ich versuchte, alle Teile ordentlich abzubauen und die Elektronik fachgerecht zu demontieren, kam ich an manchen Stellen mit dem Ablöten und Ablösen der Platine nicht weiter.
Der Seitenschneider machte dann eine Machete und den Weg frei.
So etwas habe ich noch nie gesehen.
Ich kann nicht nachvollziehen, wie diese Kamera einst in Serie montiert wurde.
Ergebnis 3:
Der Weg zum Problem und wieder zurück ist nur mit großem Zeitaufwand und peinlich genauer Dokumentation gangbar. Das Risiko, dabei die Elektronik zu beschädigen, kommt dazu.
Leider
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Und gleich zur letzten Problem-Station - dem aussetzenden Spiegel-Magneten.
Hier sitzt er, nach Ausbau des Spiegelkastens nun direkt zugänglich:
Anhang 141806
Warum er manchmal nicht will, konnte ich nicht herausfinden.
Aber ich schaue mir das noch weiter an.
Ergebnis 4:
Auch der Spiegel-Magnet ist nur nach massiver Demontage der Kamera erreichbar.
Es gilt das unter Punkt 3 Gesagte - no easy way to go.
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Zum Abschluss noch einige Impressionen von und aus dieser faszinierenden Kamera, die zu Recht als die komplexeste je gebaute manuelle SLR gilt:
Elektronik:
Anhang 141807
Anhang 141808
Die drei Kameramotoren:
Anhang 141809
Der Auslöseknopf mit dem berühmten Drehrad für Einstellungen, das zum Standard der nachfolgenden EOS-Generation wurde:
Anhang 141810
Das Innenleben im Auslöser:
Anhang 141811
Das Drehrad bewegt die runde Kontaktescheibe, feine Kontaktfühler gleiten darüber.
Schmutz, der sich hier ansammelt, könnte die Ursache sein, dass nicht immer alle Rastungen des Rades Kontakt haben.
Das sollte einfach zu beheben sein, dafür muss nicht tief ausgebaut werden :yes:
Die Strecke:
Anhang 141812
Anhang 141813
Anhang 141814
Erfreulicherweise sind alle angetroffenen Schrauben mit dem magnetisierten Schraubendreher zu fangen - ein großer Vorteil bei der Arbeit:
Anhang 141815
For parts and study :yes:
Anhang 141816
La canon T90, l'ultima ammiraglia FD
Hier noch umfangreiche Information zur T90 auf einem Blog in italienischer Sprache.
Unter anderem Details zur Elektronik/Elektrotechnik/Mechanik unter der Haube, die ich so noch nicht gesehen habe im Web.
Sensationell, ich werde mich mit Google Translator durcharbeiten :yes:
http://sistemacanonfd.blogspot.com/p...age_3.html?m=1