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Angénieux DEM 200 mm f/2,8 ED
Kaum eine Marke lässt die Herzen der Gourmets unter den Fotografen höher schlagen als Angénieux. Und doch hat sich der wohl bekannteste französische Objektivhersteller schon vor geraumer Zeit aus dem Verkauf von Fotoprodukten verabschiedet, um sich dem Vertrieb elitärer Cinema-Objektive und geheimnisumwitterter Rüstungsgüter zu widmen. Das DEM 200 mm f/2,8 war eines der letzten drei Fotoobjektive von Angénieux, mit denen die Firma aus Saint-Héand ihre zweite (und letzte...) Inkursion in den heiss umkämpften Fotomarkt abschloss.
Kürzlich konnte ich eines der beiden Teleobjektive sehr günstig zu einem sehr günstigen Preis erstehen : das DEM 200 mm f/2,8 ED. Während das ichtstärkere DEM 180 mm f/2,3 das Prädikat “APO” erhielt, das auf eine perfekte Korrektur der chromatischen Aberationen hindeutet, muss sich das DEM 200 mm f/2,8 mit dem Beinamen “ED” begnügen. Und das, obwohl beide Objektive laut einem Artikel von Marco Cavina einen fast identischen optischen Aufbau mit einer Linse aus niedrig dispergierendem sowie sechs Linsen aus hoch brechendem Glas nebst einem Frontelement aus handelsüblichem optischen Glas aufweisen. Wahrscheinlich musste sich das lichtstärkere der beiden Objektive schon auf dem Papier von seinem lichtärmeren Cousin unterscheiden, um den Preisunterschied rechtfertigen zu können. Heute sind beide Objektive nur recht selten anzutreffen und wenn überhaupt nur zu stolzen Preisen. Dem 180 mm wurde dabei mehr Erfolg beschieden als dem 200 mm, das sich damals gegen eine ähnlich aufgestellte Konkurrenz (Brennweite und Lichtstärke) durchsetzen musste. Während anderseits eine Lichtstärke von f/2,3 beim 180 mm damals wie heute ein Alleinstellungsmerkmal darstellt.
Steckbrief
Angénieux DEM 200 mm f/2,8 ED
- Optischer Aufbau : 8 Linsen in 6 Gruppen (Floating elements)
- Bildwinkel : 12°
- Vergütung : mehrfach
- Filterdurchmesser : 82 mm
- Kürzeste Entfernungseinstellung : 2,15 m
- Länge und Durchmesser : 149,5 x 90,7 mm
- Gewicht : 945 g
- Streulichtblende : eingebaut, ausziehbar
- Stativschelle : als Zubehör erhältlich
Fortsetzung folgt...
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Konstruktion und Verarbeitungsqualität
Die beiden Angénieux Varioobjektive 35-70 f/2,5-3,3 und 70-210 mm f/3,5 mussten sich bei ihrer Markteinführung viel Kritik gefallen lassen. Nicht ganz zu Unrecht, denn der äussere Tubus und die Einstellringe dieser Objektive wurden aus glasfaserverstärktem Makrolon (Bayblend) gefertigt und liessen berechtigte Zweifel bezüglich ihrer Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit aufkommen. So weisen einige dieser Objektive mittlerweile Haarrisse in den Einstellringen auf. Bei der zweiten Version des Telezooms hatte Angénieux mittels einer Aluminiumfassung nachgebessert.
Die Aussentuben und Einstellringe der DEM 200 mm f/2,8 ED und DEM 180 mm f/2,3 sind ebenfalls aus "Bayblend" gefertigt, während im Innern eine Aluminum-Mangan-Magnesium-Legierung verbaut ist. Insgesamt wirkt das Objektiv sehr robust. Leider sind alle Beschriftungen nur aufgedruckt und dadurch kurzlebiger als die bei anderen High-End-Produkten üblichen Gravuren. Die Kenndaten des Objektivs sind auf der ausziehbaren Streulichtblende aufgebracht, während der Scharfeinstellring Entfernungsangaben in Meter (weiss) und Feet (gelb) zwischen Unendlich und 2,15 m präsentiert. Der Blendenring hat durchgehend halbstufige Rastungen zwischen f/2,8 und f/22, wobei die kleinste Blende für die Blenden-und Zeitautomatik der Contax-Kameras in grüner Farbe angelegt ist.
Die Länge des Objektivs verändert sich bei der Scharfeinstellung nicht. Die Innenfokussierung DEM (Differential Element Movement) sorgt dabei laut dem Hersteller für eine bei allen Abbildungsmaßstäben konstante Schärfe, einen gleichbleibenden Schwerpunkt sowie eine für den Einsatz von Polarisations-und Verlauffiltern prädestinierte feststehende Frontlinse. Die Scharfeinstellung ist dank DEM schnell und butterweich - allerdings ist sie auch so leichtgängig, dass man darauf achten muss, sie nicht unbeabsichtigt zu verstellen.
Fortsetzung folgt...
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Auflösungsvermögen und Kontrast nahe Unendlich
Wie üblich zeige ich Euch hier eine Testserie von f/2,8 bis f/16, die mit der Sony A7R II (42 Mpix.) nebst Stativ und 2 Sekunden Selbstauslöservorlauf bei 100 ISO fotografiert wurde. Ich habe mit maximaler Lupenvergrösserung und offener Blende auf die Kirchturmuhr scharfgestellt. Es handelt sich hier um fast ungeschärfte Ausschnitte in 200% - Vergrösserung, die Korrektur der chromatischen Aberrationen wurde in Adobe Camera Raw desaktiviert.
Anhang 157082
Die ganze Szene im Überblick
f/2,8
Anhang 157083Linker oberer Bildrand (links), erweitertes Zentrum (Mitte) und rechte untere Bildecke (rechts)
f/4
Anhang 157084Linker oberer Bildrand (links), erweitertes Zentrum (Mitte) und rechte untere Bildecke (rechts)
f/5,6
Anhang 157085Linker oberer Bildrand (links), erweitertes Zentrum (Mitte) und rechte untere Bildecke (rechts)
f/8
Anhang 157086Linker oberer Bildrand (links), erweitertes Zentrum (Mitte) und rechte untere Bildecke (rechts)
f/11
Anhang 157087Linker oberer Bildrand (links), erweitertes Zentrum (Mitte) und rechte untere Bildecke (rechts)
f/16
Anhang 157088Linker oberer Bildrand (links), erweitertes Zentrum (Mitte) und rechte untere Bildecke (rechts)
Die Fotos wurden mit Standardeinstellung in Camera Raw geschärft. Was Auflösungsvermögen und Kontrast anbetrifft, finde ich die Leistungen nahe Unendlich über das gesamte Bildfeld schon bei Offenblende so gut, dass Abblenden eigentlich nur zwingend ist, um eine grössere Schärfentiefe zu erreichen. Die Vignettierung bleibt auch bei Offenblende quasi unsichtbar, was wohl der grossen Frontlinse geschuldet ist. Der beste Schärfeeindruck ist bei Abblendung um 2 oder 3 Stufen (f/5,6 oder f/8) erreicht, wobei es allerdings zwischen der Offenblende und f/11 keine Unterschiede gibt, die nicht durch ein wenig aggressiveres Schärfen ausgeglichen werden könnten. Blende f/16 ist nur bei einem Mangel an Schärfentiefe interessant, da kleinere Details durch die Beugung verloren gehen, die Blende f/22 sollte tunlichst vermieden werden, denn die Schärfenverluste werden so eklatant, dass sie auch in der Nachbearbeitung nicht mehr ausgeglichen werden können.Es ist anzumerken, dass die sehr guten Ergebnisse nur dann erreicht werden können, wenn das korrekte Auflagemass des Objektivs eingehalten wird. Mein Contax-Sony Adapter war ursprünglich zu kurz, was sich in einer verstärkten chromatischen Aberration (sowohl lateral als auch logitudinal) äusserte.
Der fehlende Infrarotindex und das ED-Glas mit einem Brechnungsindex von 81,6 machten mir Hoffnung auf eine perfekte Korrektur des sekundären Spektrums. Doch dem ist leider nicht so. Bei allen Blenden sieht man deutliche purpurne und grüne Farbränder (laterale chromatische Aberrationen) entlang deutlicheren Kontrastübergängen. Trotz einer Linse aus niedrig dispergierendem ED-Glas ist das Objektiv also nicht perfekt apochromatisch auskorrigiert. Die Farbränder verschwinden dennoch fast vollständig nach einer automatischen Korrektion in Camera Raw oder Lightroom. Verglichen mit anderen Objektiven wie den Pentax SMC 200 mm f/2,5, Canon nFD 200 mm f/2,8 und Soligor P 200 mm f/2,8 bleiben sie diskret, während das Leitz Elmarit - R 180 mm f/2,8 (erste Version) in dieser Hinsicht fast genauso gut und das Nikon Nikkor AI-S 180 mm f/2,8 ED klar besser abschneidet.
In Sachen longitudinaler chromatischer Aberrationen (dem sogenannten "Bokeh Fringing") ist das Angénieux DEM 200 mm f/2,8 ED hingegen erstaunlich gut korrigiert. Hier hat sich der Einsatz von ED - Glas ausgezahlt, denn die vor und hinter der Schärfenebene sichtbaren pupurnen und grünen Farbränder bleiben auch in Extremsituationen so gut wie unsichtbar.
Die Verzeichnung des Objektivs ist völlig unauffällig, denn es ist bei Motiven mit geraden Linien keinerlei Durchbiegung gerader Linien feststellbar. Die Randabschattung ist durch die übergrosse Frontlinse ebenfalls unbedenklich : nur in Ausnahmefällen bei Offenblende sichtbar, verschwindet die Vignettierung ab f/4.
Auf meiner Seite unter https://volkergilbertphoto.com/angen...00-mm-f-28-ed/ könnt Ihr den gesamten Testbericht lesen.
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Einige Beispielbilder mit dem Angénieux DEM 200 mm f/2,8 ED
Bild 1
Bild 2
Bild 3
Bild 4
Bild 5
Bild 6
Bild 7
Bild 8
Bild 9
Bild 10
Bild11
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Bild 13
Bild 14
Bild 15
Bild 16
Bild 17
LG Volker