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Meopta Stigmar XX 1.1/75mm
Hier kommt mal wieder eine Objektivvorstellung von der Sorte "exotischer Glasklotz", also sozusagen die Kernkompetenz des DCC:
Das Meopta Stigmar XX 1.1/75mm
Was ist das eigentlich für ein Objektiv und wo stammt es her? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht und ich habe auch keine besonders hilfreichen Hinweise im Netz gefunden. Die Bezeichnung "XX" im Namen deutet darauf hin, dass es in irgendeiner Weise Bestandteil von Röntgengeräten war. Nun sind ja die eigentlichen Röntgenstrahlen nicht mit Glaslinsen fokussierbar, so dass ein solches Objektiv nur indirekt an der Darstellung von Röntgenbildern beteiligt gewesen sein kann - möglicherweise zum "Abfotografieren" bzw. filmen von einem Röntgenschirm. Falls jemand mit genauerer Kenntnis solcher Geräte etwas zur Aufkärung beitragen kann, wäre ich daran interessiert.
Ein paar technische Daten:
Kameraseitiger Anschluss: nicht definiert, Durchmesser des rückseitigen Tubus abgestuft 39mm und 43mm
Gewicht: ca. 920g
Gesamtlänge: 119mm
Filtergewinde: 74mm
http://www.digicamclub.de/images/misc/vbglossarlink.gif Blende: f/1.1 nicht abblendbar
Details zum optischen Aufbau unbekannt
So sieht es aus in unbearbeitetem Zustand und mit den Modifikationen, die ich für die Adaptierung vorgenommen habe:
Anhang 76694
Anhang 76695
Adaptiert habe ich es an eine Sony A7s indem ich das modifizierte Objektiv in einen fokussierbaren (Doppelhelicoid-)Adapter OM/NEX eingesetzt habe, in den es zufälligerweise ideal passt, so dass man es einfach verklemmen, oder ggf. verkleben oder verschrauben kann.
Die deutliche Bearbeitung des Tubus und teilweise Entfernung der Rücklinsenfassung war erforderlich, um das Objektiv auch auf größere Entfernungen (bis unendlich) fokussieren zu können. Belässt man es unverändert, ist keine Fokussierung auf Entfernungen > 60cm möglich, da man ansonsten mit den "Innereien" der A7s in Konflikt kommt. Bei anderen Kameras ist das natürlich mit der geboten Vorsicht individuell zu ermitteln. So sieht das ganze dann einsatzbereit aus:
Anhang 76696
Anhang 76697
Die Streulichtblende war sozusagen gleich dabei, wenn auch in etwas ungewöhlicher Ausführung, nämlich als Gewinderohr, das von außen an der Vorderseite aufgeschraubt werden kann - sehr schwer und massiv ausgeführt und vermutlich Teil des Anschlusses innerhalb des ursprünglichen Apparats:
Anhang 76698
Mit dieser Anordnung kann ich im Abstandsbereich zwischen ca. 30cm und unendlich fokussieren. Allerdings, um diese Hoffnung gleich mal zu enttäuschen, nicht unter vollständiger Ausleuchtung des KB-Format-Sensors:
Anhang 76699
Dennoch kann man mit dem Objektiv erstaunliche Bilder machen, wenn man experimentierfreudig ist und etwas Aufwand in die Nachbearbeitung steckt.
--- Fortsetzung folgt ---
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Dass dieses zweckentfremdete Objektiv nicht als "normale" Optik einzusetzen ist und nicht mit den normalen Qualitätskriterien zu bewerten ist, wird bei der Benutzung sehr schnell klar. Insofern werde ich hier keine Testfotos im eigentlichen Sinne zeigen sondern ein paar Bilder, die illustrieren welche Effekte man mit diesem Objektiv erzielen kann. Dabei wurden die Bilder jeweils deutlich in den Kontrasten angehoben und jeweils auf ein Format beschnitten, das mir einerseits für das Motiv passend erschien und andererseits die im obigen Beispiel sichbare Vignettierung auf ein erträgliches Maß reduziert oder ganz entfernt.
Auffällig ist zunächst mal ein extrem unterschiedliches Bokeh je nach Entfernung und je nachdem ob die Highlights vor oder hinter der Schärfeebene liegen. Im Nahbereich eher weich und "klassisch", mit zum Rand hin etwas ungewöhlich aber interessant beschnittenen Highlights:
Anhang 76704
Anhang 76705
Auf Portraitentfernung kann das Stigmar Gesichter sehr schön umschmeicheln, aber man muss höllisch aufpassen, wo der Fokus sitzt - in dem letzten der folgenden Beispiele ist das leider etwas missglückt, ich stelle es wegen der Hintergrundgestaltung trotzdem hier zur Ansicht ein:
Anhang 76709
Anhang 76701
Anhang 76715
Anhang 76708
Bei etwas größeren Entfernungen fängt das Bokeh dann plötzlich an, umzuschlagen und in den Ecken sozusagen nach außen zu fliehen. Das sieht dann teilweise fast so aus als hätte man während einer Langzeitbelichtung mit einem Zoom die Brennweite verändert. Ein extrem unruhiger Effekt, der bei geeigneten Motiven aber vermutlich sehr spannend sein kann:
Anhang 76717
Anhang 76718
Ganz kurios wird es, wenn man Objekte oder gar Highlights im Vordergrund, also vor der Schärfeebene hat. Dann bekommt man einerseits im Nahbereich einen geradezu schwindelerregenden Swirl:
Anhang 76719
Anhang 76720
...und wenn die Entfernung etwas größer ist, absolut bizarr verzerrte Spitzlichter, wie ich sie noch nie bei irgendeiner Optik gesehen habe:
Anhang 76721
Fazit: Ein Objektiv, das einen permanent überrascht und das kaum planbare aber häufig hochinteressante Ergebnisse liefert.