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ALPA
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hinnerker
Hallo Thomas,
herzlich willkommen hier im Altglascontainer.
Die Alpa Sachen wirst Du vorstellen müssen, da haben wir hier noch nix zu geschrieben wenn ich es recht erinnere. :lol:
LG Henry
Also denn man los:
Lange ist's her, dass ich das wunderbare Buch von Lothar Thewes "ALPA - 50 Jahre anders als andere" intensiv studieren durfte. Vor ca. 2 Jahren machte ich mehr spaßhalber einen unverschämten Preisvorschlag (statt 2800€ "nur" 1800.-) auf eine ALPA 11Si in ebay, und der wurde überraschenderweise angenommen.
Seitdem bin ich stolzer Besitzer einer ALA 11Si in schwarz Runzellack mit dem sagenumwobenen KERN Makro Switar 1,9/50mm.
Wie alle modernen ALPAS seit den frühen 50ern sitzt der Schnellschalthebel genau anders herum, man zieht mit dem Zeigfinger von vorn nach hinten auf. Um den Hebel liegt super griffig das Zeitenrad, das man auch mit Fäustlinghandschuhen bedienen könnte. Die Kamera ist in einer Art und Weise verarbeitet, die selbst eine Nikon F erblassen lässt: Man hat richtig was massives in der Hand.
Die 11Si ist das allerletzte von 1978 bis 1990 gebaute Modell, eine der ersten SLRs mit Siliciumdioden zum Messen. Die als ALPA 2000&3000 gelabelten Chinons der 80 Jahre lasse ich mal aussen vor.
Überhaupt war ALPA als Kleinstserienhersteller (insgesamt weniger als 42.000 Kameras in ca. 60(!) Jahren) recht flott mit Innovationen dabei:
1949 hatte die Prisma Reflex als eine der ersten SLRs einen Prismensucher. Neben der Topcon RE Super war die ALPA 9d 1963 die erste SLR mit Innenmessung.
Die Anzeige des Belichtungsmessers erfolgt auf der Oberseite der Kamera und wird allen Ernstes mittels eines Prismas in den Suchereinblick eingeblendet.
ALPA selbst hat nie Objektive gebaut, die kamen von rennomierten "Fremdherstellern" wie Angenieux, Schneider, Kinoptik, Kilfitt, Schacht Ulm und nicht zuletzt die 50er Brennweite von der Schweizer Fa. Kern. Das hier gezeigte Makro Switar hat wie zahlreiche Kern Linsen für Filmkameras die "Visifocus" genannte Schärfentiefanzeige: goldfarbige Pünktchen bewegen sich beim Abblenden, einfach nur schön anzusehen. Seine Abbildungsqualität gilt als apochromatisch, eine der besten 50er Brennweiten aller Zeiten.
Was ALPAs gar nicht bieten: Springblende, irgendwelche Automatik, einen Motoranschluß (Ausnahme beschreibe ich später mal) - die Kameras sind für bedachtes, langsames Arbeiten gebaut.
Was ALPAs bieten: den absoluten endgoilen Genuß beim Anfassen und Nutzen, das geringste Auflagemaß aller je gebauten SLRs, daher passen Adapter für Nikon, M42 und zahlreiche andere an die ALPA, und nicht zuletzt das Gefühl, den Gipfel Schweizer Präzision in der Hand zu halten.
Wenn sich die Gelegnheit und Zeit bietet, schreib ich später mehr.
Wer jetzt denkt "Angeberzeugs", dem will ich nicht widersprechen, ich habe aber kein bomfazionöses Auto und keine goldene Uhr, mein Handy hat 30Euro gekostet und meine Klamotten kommen aus dem Ramschladen - also nur zu.:ugly1:
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ca. 740g bringt das Gehäuse allein, mit Switar 1040 auf die Waage.
Die Zeiten gehen ganz klassisch von B,1 - 1/1000.
Die "Nuppsies" sind Schrauben, die ins Gehäuse hinein gedreht werden, zur Befestigung des Umhängeriemen.
Eine Rückwandklappe hat jeder, ALPA muss sich durch eine komplett abnehmbare (nummerngleich gestempelte) Rückwand von den anderen abheben.
Ich habe das mal schnell in Details versucht darzustellen.
Wie gesagt, Springblende ist nicht: Wie bei den Exaktas haben die Objektive einen Fronthebel, der beim Runterdrücken abblendet.
Der kameraseitige Auslöser kann verriegelt werden, oder so eingestellt, dass beim Abblenden der Belichtungsmesser angeht und bei Weiterdrücken ausgelöst wird. Oder auch so, dass durchgedrückt nur gemessen wird und der Auslöser blockiert, um bei Messung nicht versehentlich mit falscher Zeit/Blende zu belichten.
Dazu dient der kleine Schieber frontseitig neben dem ebenfalls an der Front (hier verdeckten) befindlichen Auslöser.
Der mit Pfeil markierte Drehknopp am Objektiv ist der Feststeller für Abblenden, das Makro Switar ist "halbautomatisch".
Nun noch kurz zum "Motor":
Was macht der Lichtbildner nach erfolgter Auslösung? Verschluß spannen und Film transportieren. Genau das, und zwar wortwörtlich genau das macht ein APLA Motor:
Die "Nuppsies" mit evtl. angebrachtem Umhängegurt werden abgeschraubt, in die Gewinde wird OBEN auf die Kamera der Motor befestigt und übernimmt nun mittels eines Hebels die Arbeit des Zeigefingers: Den frontseitgen Schnellspannhebel nach hinten ziehen:
Guckt mal unter http://www.photodeal.de/allgemein/motorkameras.htm dort ist der Vorgang einiger Motoren, ganz unten der APLA Motor beschrieben.
Gruß
Thomas
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So, nu' aber mal weiter:
Man unterscheided die Entwicklung der ALPA in drei Generationen:
Jacques Bolsky (geboren in Kiev als Bogopolsky) begann ~1933 mit der Entwicklung einer KB Kamera bei Pignons in Ballalgues im südlichen Jura. Bei Beginn des 2. Weltkrieges waren die ersten Prototypen fertig.
Bolsky wanderte 1941 in die USA aus und nannte sich fortan "Bolsey" - ja, das ist der, der der Bolex 16mm Kamera zum Leben verhalf, aber das ist eine andere Story.
Pignons, ursprünglich Hersteller von Uhrwerken, baute die ALPA-Reflex Kameras und entwickelte sie immer weiter:
Von 1933 - 1952 waren die Gehäuse aus Stahlblech, wahlweise mit Lichtschacht oder durch einen Prismensucher ergänzbar.
Wenn Ihr in den Suchmaschinen "alpa reflex erste Generation" werden Euch zahlreiche Fotos der Kameras angezeigt.
Unterschieden wird in die Modelle A(Prototyp) und B bis E.
Von 1952 bis 1968 wurde die sog. zweite Generation gebaut, hier mal in Kurzform eine grobe Listung:
Die Gehäuse waren ab jetzt aus Leichtmetalldruckguss statt Stahblech, bis 1957 wurde die Bezeichnung "ALPA ALNEA", später "ALPA REFLEX" benutzt.
Modell 4: Senkrechter Sucherblick á la Lichtschacht, aber nicht wechselbar! Sucherbild seitenverkehrt UND Durchblicksucher für 50mm Brennweite.
Modell 5: 45° Prismensuchereinblick, seitenrichtiges Bild UND Durchblicksucher für 50mm Brennweite.
Modell 6: 45° Prismensuchereinblick, Schnittbildentfernungsmesser auf der Mattscheibe, seitenrichtiges Bild UND Meßsucher für 50mm Brennweite, ab hier mit Vorlaufwerk.
Modell 7 (und 8): 45° Prismensuchereinblick, seitenrichtiges Bild UND Meßsucher für 50mm Brennweite mit Bildfelswähler 50,90,135mm.
Wenn an den Gehäusebezeichnungen ein "b" angefügt war, dann handelt sich um ein Modell mit Schnellschalthebael, statt Filmaufzug per Drehrad.
Modell 6c: Dachkantprismensucher mit Selenbelichtungsmesser, ohne den jetzt obsolten Durchblicksucher für Geradeausblick.
Modell 9d: Die "erste" SLR mit Innenmessung! (es gab eine 9f OHNE BElichtungsmesser)
Von 1968 bis 1990 dann die dritte Generation:
Modell 10d: CDS Innenmessung, ein weiterer Fotowiderstand gleicht evtl. durch den Sucher einfallendes Licht automatisch bei Messung aus.
(10f ohne Belimesser, 10s ohne QAusgleichszelle, 10dMaster ´mit extrem genauem Filmtransport für Diaduplikate)
Modell 11e: Anzeige mit zwei Leuchtdioden statt Nadel, Mikroprismenring zusätzlich
Modell 11Si: Si-Zellen statt CDS und drei Lechtdioden-"Ampel" zur Anzeige
Wem das zu unübersichtlich erscheint, dem sei gesagt, es gab die Modelle "Post, Halbformat, Surgical 81 und und und....)
Kurzum: ALPA hat auf Bestellug für jeden Zweck gebaut.
Seit 1996 besitzen Capaul & Weber, Zurich die Namensrechte an ALPA, dort werden Mittelformatkameras der gehöbensten Preisklasse gebaut:
http://www.alpa.ch/en/products.html
Das hat aber mit den hier behandelten KB-SLRs nichts zu tun.
Hier nun meine zweite ALPA, das Modell 7:
Von vorne sieht man die beiden Ausblickfenster (oben und UNTEN) des Meßsuchers, fast immer findet man nur Abbildungen der Kamera von links, wo dieses Detail nicht zu sehen ist. Auf der Oberseite ein Blick auf die Sucherbegrenzugswahlscheibe 50/90/135, darunter der recht kleine Meßsuchereinblick.
Der 45° Reflexsuchereinblick ist jedesmal aufs neue gewöhnungsbedürftig, wenn man eben eine andere Kamera vorm Auge hatte.
Das Rückspulrad mal hochgezogen.
Spätere Modelle haben eine Kurbelfunktion in dem dicken Rad, damit geht das Filmrückspulen deutlich angenehmer als mit den üblichen kleinen Kurbelchen anderer Hersteller.
Filmtransport mittels Rad, da kein "b", die Kamera muss gespannt sein, um die Zeiten mittels leicht herunter gedrücktem Ring einzustellen.
Zu guter Letzt noch ein Blick auf den Auslöser des Schneider ALPA Curtagon: Das klitzekleine Hebelchen dient der Verriegelung der Arbeitsblende.
Die Kamera wird also von vorne ausgelöst, dabei wird zunächst die Blende am "halbautomatischen" Objektiv geschlossen, bei weiterem Druck löst dann die Kamera aus.
Und wie ist das mit dem Meßsucher?
Tatsächlich: fast alle 50mm Kern- Objektive der ALPA bewegen einen seitlich im Gehäuse gelegenen Hebel (hier auf dem Foto leider etwas verbogen, die Kamera muss noch gerichtet werden) und verstellen damit das Schnittbild! Damit sind die Modelle 7 & 8 die einzigen mir bekannten SLR- UND Meßsucherkameras!
...wenn man nicht wie üblich mit der linken Hand den unteren Sucherausblick abdeckt:noe:!
Wenn Ihr mehr wissen wollt:
Lothar Thewes: ALPA- Always Different from the Rest. HOGYF EDITIO, Budapest 2003.
das m.E. liebvollste und beste Buch zur ALPA!
Alfred Columberg: Ein Schweizer Photoapparat Engadin Press, Samedan 2004
dreisprachig von einem begeisterten ALPA Sammler, leider etwas zusammengestückelt und zahlreiche Übersetzungsfehler, aber sehr gutes Tabellematerial!
Shigeo Toyota: „ ALPA – Complete Collectors Guide“. Bea+Poly Publishers Ltd., Switzerland (1998) 2004.
Kenne ich leider noch nicht:hr: